Berlin. Von einem Gutteil der Tische im champagnerfarben schimmernden Restaurant „Quarré“ haben die Gäste einen der faszinierendsten Blicke auf eine architektonische Ikone der Stadt. Dreihundert Meter von der Fensterfront entfernt erhebt sich die blau-grün oxidierte Kupferskulptur der Quadriga auf dem Brandenburger Tor. Im abendlichen Winterdunkel festlich angestrahlt, bildet das Tor von Langhans mit der Schadowschen Figurengruppe den Hintergrund für einen besonderen Abend im 120-Sitzplätze-Restaurant „Quarré“.
„Es ist nach dem viereckigen Platz vor dem Tor benannt. Der hieß zuerst nur Viereck, später dann Quarré, bevor er zum Pariser Platz wurde“, weiß Küchenchefin Michéle Müller. Seit vergangenem Jahr leitet die gebürtige Pankowerin die Küche des Restaurants. Ihre Philosophie lautet „qualitativ hochwertig Produkte, möglichst regional und saisonal, mit einem Spektrum von fantasievoll bis bodenständig“. Letzteres zeigt sich bei den Klassikern auf der Menükarte: Wiener Schnitzel, Königsberger Klopse oder Berliner Senfei.
Bis Ende der Adventszeit gilt eine spezielle Enten- und Gänsekarte, auf der sich ein trendig arabisch inspiriertes Duett von der Gans mit hausgemachtem Dukkahgewürz aus Koriandersamen, Sonnenblumenkernen, Haselnüssen, Fenchelsamen, Cumin und Pfeffer findet. Neben Papardelle mit wunderbar tomatig-fruchtigem Entenragout und Manchego-Käse oder Kürbis-Pistazien-Quinoa-Tarte finden sich auch die drei Gerichte des Advents-Menüs zum Nachkochen auf der Karte.
Für Michéle Müller bedeutet Advent und Weihnachten „mit die arbeitsreichste Zeit im Jahr“. Nicht nur internationale Gäste besuchen dann das „Quarré“, sondern auch viele Berliner Paare „und Firmen, die hier Weihnachtsfeiern veranstalten“, so die Chefköchin. Anfangs noch ein Geheimtipp, habe sich die festlich geschmückte Location mit dem grandiosen Ausblick mittlerweile bei Firmen herumgesprochen. Einige Termine seien noch frei, verrät Michéle Müller.
Aufgrund der Arbeitssituation haben für sie „Weihnachten, aber auch die Adventssonntage gar kein festes Datum. Ich feiere mit der Familie, wenn die Arbeitszeit es möglich macht“. Und so kommt es vor, dass sie mit Schwester und Nichten am 21. Dezember Bescherung macht. „Die Kleinen finden das gar nicht schlecht“, stellt sie amüsiert fest, denn für die gebe es dann drei Tage später noch einmal Gaben von den Eltern und Großeltern. Die essen an Heiligabend „den Ost-Suppenklassiker Soljanka. Seit ich denken kann, ist das so. Solche Rituale liebe ich“, erklärt die Küchenchefin. Am ersten Feiertag komme traditionell Gans auf die Teller, mit Rot- und Rosenkohl und Kartoffeln.
Viele Jahre hat sie allerdings gar nicht Weihnachten gefeiert. Auf ihre Ausbildung zur Köchin bei dem Berliner Caterer „Optimahl“ folgten Stationen in der Schweiz, Italien und Irland. 2011 kam der nächste Karrieresprung, sie ging als Küchenleiterin in das Restaurant „The Beach House“ im Park Hyatt Abu Dhabi und stand dort einer Brigade mit 26 Köchen vor. „Das war wirklich eine Herausforderung, als einzige Frau. Heute sind wir da schon ein Stück weiter, aber in einem arabischen Land Küchenchefin, das sind unvergessliche Erfahrungen.“ Nach drei weiteren Jahren als Executive Sous Chef im „Hyatt Capital Gate“ kehrte sie 2017 zur in ihre Heimatstadt.
Berlin habe sich enorm verändert, stellt sie fest, „die Stadt wird zunehmend internationaler, auch die Gäste im Restaurant.“ Allerdings seien es weniger Touristen, als mittlerweile Menschen aus dem Ausland, die für große internationale Firmen und Konzerne tätig seien und hier lebten. Gastronomisch empfindet sie Berlin nach wie vor „extrem spannend“. Sie wohnt in Prenzlauer Berg und ist begeistert „von der gastronomischen Vielfalt. Allein in meinem Kiez gibt es Dutzende Restaurants, von ganz schlicht bis fancy, von arabisch bis koreanisch“.
Michéle Müller ist von ihrem Beruf nach wie vor begeistert. „Wenn man das nicht ist, wenn man nicht brennt, für das, was man tut, sollte man sich überlegen, ob es das Richtige ist“, urteilt sie. Stolz ist die 37-Jährige auf ihre „sehr weibliche Brigade“. Sechs Frauen stehen an den Posten, gut ein Drittel der Besatzung, die auch noch für die Lobby-Bar und den Room-Service zuständig ist.
Für ihr festliches Menü hat sich Michéle Müller für eine interessante Mischung entschieden. „Ich würde sagen eher etwas für experimentierfreudige Gäste als für Traditionalisten“.
Auch unter dem Aspekt, dass der Großteil der Gerichte gut vorbereitet werden kann, damit der Besuch des Besuchs der Heiligabendmesse nicht zum Stressfaktor wird, war der Küchenchefin wichtig. Deshalb empfiehlt sie als Vorspeise ein Brotaufstrich von Entenkeulenfleisch. „Das kann man gut am Vortag erledigen, und mitsamt der Gewürzbutte in den Kühlschrank stellen.“ Sommelier und Maítre d‘Hôtel Hagen Hoppenstedt empfiehlt dazu einen „im Holzfass ausgebauten Chardonnay. Auch ein Rosé ginge, aber es muss ein Kräftiger sein, um gegen den würzigen Geschmack von Ente und Butter zu bestehen.“
Mit dem zweiten Gang huldigt die Köchin dem kulinarischen Trend des Jahres, dem Burger. Die Hälften des Hefebrötchens bestreicht sie mit Trüffelmayonnaise und Chili-Creme. Dann folgen ein Blatt Radiccio und „Berliner Cole slaw“ aus Rotkohl. Die Fleischeinlage besteht aus Gänsefleisch, confiert in Gänsefett und erwärmt in Bratensauce. Sommelier Hoppenstedt empfiehlt „ein Bier, genügend interessante Craftbeer-Brauereien gibt es mittlerweile in der Stadt, oder einen leicht gekühlten Pinot Noir. Zum Beispiel von Kessler aus dem Rheingau“. Zum Dessert gibt es Muskateller-Gelee mit Stollencrumble und Eierlikör-Creme. Dazu empfiehlt der Sommelier einen Weißen Palomino-Sherry.
Restaurant Quarré im Hotel Adlon Kempinski, Unter den Linden 77 ,Tel. 22 61 15 55, Mo.-Sbd. von 12-15 und Mo-So 18-23 Uhr geöffnet, www.kempinski.com/de/berlin/hotel-adlon/
Die Rezepte für das Menü des „Quarré“:
Die Kochanleitung ist für vier Personen gerechnet.
Entenkeulenfleisch-Aufstrich mit Gewürzbutter, Rote-Bete-Orange-Salat und Walnuss-Brotchips
Zwei Entenkeulen, Enten- oder Gänsefett, Rote Bete, Orange, Apfel (Granny Smith), Walnussbrot (oder jedes andere), Walnussöl, Olivenöl, Fruchtessig, Butter, Zitrone, Orange, Zimt, Nelken, Anis, Pfeffer, Rosa Pfeffer und Salz
Entenkeulenfleisch-Aufstrich :
Die beiden Entenkeulen gut waschen und abtropfen. Über Nacht mit Orangen- und Zitronenabrieb, Salz, Zimt, Nelken und Sternanis marinieren. Am nächsten Tag mit flüssigem Enten- oder Gänsefett bedecken. Das Blech mit einem Deckel oder Aluminiumfolie zudecken und bei 120 Grad 1,5 bis zwei Stunden im Ofen garen. Danach die Entenkeulen aus dem Fett nehmen und auskühlen lassen. Das Fleisch von Fett und Knochen befreien. Anschließend das Entenfleisch mit etwas Entenfett mischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Entenfleisch hat den Geschmack der Zitrusfrüchte und Gewürze gut angenommen.
Rote-Bete-Orangen-Salat:
Rote Beete, Apfel, Orangen in gleichen Anteilen in kleine Würfel schneiden. Mit Walnussöl, einem beliebigen Fruchtessig und Salz und Pfeffer abschmecken.
Walnuss-Brotchips:
Brot in dünne Scheiben schneiden, mit Olivenöl bestreichen und im Ofen bei 180 Grad backen, bis sie leicht goldbraun und knusprig sind.
Gewürzbutter:
Butter, Zitronenzeste, Rosa Pfeffer und Salz zusammen vermengen. Den Aufstrich vom Entenkeulenfleisch damit bedecken.
Gezupfter Gänseburger mit Krautsalat mit Trüffel- und Preiselbeer-Chili-Mayonnaise
Zwei Gänsekeulen, Gänsefett, Burgerbrötchen, 100 g Weißkraut, 100 g Rotkraut, Radicchio, 30 g Sauerjoghurt, 70 g Mayonnaise, 20 g schwarze Trüffelpaste, 10 g Chilipaste, 20 g Preiselbeermarmelade, 10 Blätter Minze, 10 Blätter Petersilie, 2 EL Olivenöl, Zitrone, Orange, Zimt, Nelken, Anis, Pfeffer und Salz
Gänsefleisch:
Die Gänsekeulen gut waschen und abtropfen. Über Nacht mit Orangen- und Zitronenabrieb, Salz, Zimt, Nelken und Sternanis marinieren. Am nächsten Tag auf einem Blech mit flüssigem Gänsefett bedecken. Das Blech mit einem Deckel oder Aluminiumfolie zudecken und bei 120 Grad 1,5 bis zwei Stunden im Ofen garen. Nach dem Garen die Gänsekeule aus dem Fett nehmen und leicht auskühlen lassen. Das Fleisch von Fett und Knochen befreien. Anschließend das gezupfte Gänsefleisch mit Bratensoße vermengen und aufkochen, damit sich Soße und Fleisch gut verbinden.
Krautsalat:
Weiß- und Rotkraut in dünne Streifen schneiden. Minze und Petersilienblätter mit 1 EL Zitronensaft, Olivenöl, Salz und Pfeffer vermengen.
Trüffelmayonnaise:
30 g Sauerjoghurt, 20 g Mayonnaise und 20 g schwarze Trüffelpaste vermengen.
Preiselbeer-Chili-Mayonnaise:
50 g Mayonnaise, 10 g Chilipaste, 20 g Preiselbeermarmelade miteinander vermengen.
Burgerbrötchen toasten, eine Hälfte mit Preiselbeer-Chili-Mayo bestreichen. Dann mit einem Blatt Radicchio belegen, anschließend den angemachten Krautsalat. Das Gänsefleisch mit Bratensoße erhitzen und heiß auf den Krautsalat legen. Die zweite Brötchenhälfte mit Trüffelmayonnaise bestreichen. Den Gänseburger mit Gemüsechips von Roter Bete und Karotten servieren.
Muskateller-Gelee mit Stollen, Himbeeren und Eierlikörcreme
375 ml Muskateller, 125 ml Wasser mit Kohlensäure, 150 ml Eierlikör, 850 ml Sahne, 200 g weiße Kuvertüre, 55 g Puderzucker, 8,5 Blatt Gelatine, Himbeeren, Kresse
Muskateller-Gelee:
Den Muskateller, Sprudelwasser und Puderzucker erwärmen. 3,5 Blatt Gelatine im kaltem Wasser einweichen, gut ausdrücken und in der warmen Flüssigkeit auflösen. Die Weinmischung in Gläser füllen und kalt stellen. Wenn das Gelee fast fest ist, mit Stollenbrösel bedecken.
Eierlikörcreme:
Eierlikör und Sahne erwärmen. Die warme Sahnemischung über die Kuvertüre geben und glatt rühren. 5 Blatt Gelatine im kaltem Wasser einweichen und gut ausdrücken. Anschließend in der warmen Sahnemischung auflösen. Über Nacht kalt stellen. Am nächsten Tag mit einem Mixer aufschlagen. Eierlikörcreme auf Stollenbrösel geben und mit Himbeere und Kresse dekorieren
Weitere Gerichte aus dem Adventskalender:
Kulinarischer Adventskalender: Forelle auf Roter Bete