Als die Tochter von Simon Bolz beim Italienurlaub plötzlich einen roten Hautausschlag bekam, wusste er nur einen Rat. „Ich habe sie fotografiert und das Bild einer befreundeten Dermatologin an der der Charité gemailt.“ Die Entwarnung kam schnell: Sonnenallergie. 90 Prozent aller dermatologischen Diagnosen werden durch bloßen Augenschein eines Facharztes gefällt. Diese Erkenntnis macht sich Goderma zu Nutze, eine neue Internetplattform aus Berlin, die seit wenigen Tagen auch im iOS-App-Store verfügbar ist. Die mobile Webseite funktioniert entsprechend.
Patienten stellen auf der Plattform anonym Fragen zu ihren Hautproblemen, die von Dermatologen – darunter mehrere Professoren – begutachtet werden. Die Ärzte geben den Patienten nach der Ferndiagnose gegen eine Gebühr von zunächst neun Euro (später 29 Euro) Handlungsanweisungen.
So sparen sich Patienten den Weg zum Arzt und vor allem Zeit. „Kassenpatienten warten im Durchschnitt 30 Tage auf einen Arzttermin. Bei uns erhalten sie innerhalb von 48 Stunden eine Antwort“, sagt Mitgründer Simon Lorenz.
Hautpartie mit dem Handy fotografieren
Wer einen dermatologischen Rat sucht, fotografiert die erkrankte Hautpartie mit der Handykamera, und beantwortet zehn Fragen, die der Hautarzt „am anderen Ende“ für seine Diagnose benötigt. Darin beschreibt der Nutzer die Symptome, Begleiterscheinungen, weitere Gesundheitsprobleme, Medikationen und Allergien. Es folgen die Registrierung über die sichere Internetverbindung und der der Weg zur Kasse. Spätestens nach zwei Tagen liegt die Antwort des Hautarztes im Email-Posteingang.
„Telemedizin wird immer wichtiger“, sagt Simon Lorenz. „Durch den demografischen Wandel entsteht im Gesundheitswesen ein immer größeres Versorgungsdefizit.“ Und Hauterkrankungen – 24 Millionen Fälle pro Jahr allein in Deutschland – sind mit Jahresausgaben von 4,2 Milliarden Euro ein gigantischer Markt. Auch ein Markt mit vielen Fragen: Mehr als drei Milliarden Suchen zu dermatologischen Fargen würden bei Google gezählt, sagt Bolz.
Sichere Server für sensible Patientendaten
Goderma legt großen Wert auf Internet-Sicherheit. „Alle Daten liegen auf einem Server in Deutschland“, sagt Simon Bolz. Medizinische und Zahlungsinformationen seien strikt voneinander getrennt. „Nur der Arzt hat Zugang zu den Patienteninformationen“, sagt Bolz.
Simon Bolz, der bei Goderma für das Produkt und das Marketing zuständig ist, hat bereits mehrere Start-ups gegründet, war der erste Mitarbeiter bei Motain, dem Entwickler der Fussball-App iLiga in Berlin, und hat mehrere Jahre als Unternehmensberater für Arztpraxen gearbeitet. Simon Lorenz hat Gesundheitsökonomie studiert und promoviert. Er stammt aus einer Arztfamilie.
Kooperationen mit Kassen und Firmen
Die Gründer wollen ihre bislang deutsch- und englischsprachige Plattform zunächst auf dem hiesigen Markt bekannter machen, Kooperationen mit Krankenversicherungen sind geplant. „Kassen sind an unserer Lösung sehr interessiert“, sagt Lorenz. Auch zu Unternehmen sollen Kontakte aufgebaut werden. „Denn Hautkrankheiten sind mit einem Anteil von 39 Prozent die Berufskrankheiten Nummer eins“, zitiert Lorenz eine Kassen-Studie.
Ferner soll das Internetportal in portugiesischer, spanischer und französischer Sprache erscheinen – und auch als Android-App. Das Ausland ist für die Gründer ein strategisch wichtiger Markt. „In anderen Ländern gibt es eine höhere Bereitschaft, für Gesundheit zu bezahlen“, sagt Simon Bolz.