Der Trend in der Gaming-Branche geht hin zum „Free to play“-Modell. Spieler kriegen Games gratis, müssen aber für Zusatzinhalte bezahlen. Die US-Firma Kabam gründet nun eine Niederlassung in Berlin. Warum man sich für die deutsche Hauptstadt entschieden hat und wie man langfristig den Konsolen den Rang ablaufen möchte, erklärt Kabam-CEO Kevin Chou im Interview.
Ihre Firma Kabam, eigentlich in San Francisco zuhause, gründet einen Standort in Berlin. Wieso hier?
Kevin Chou: Wir haben schnell gemerkt, dass wir in Europa präsenter sein müssen. Deswegen übersetzten wir viele Spiele in die wichtigsten europäischen Sprachen. Dadurch vergrößerten wir unseren Kundenstamm. Mittlerweile sind 45 Prozent all unserer Spieler aus Europa. Allerdings tun wir bislang noch nicht all das für sie, was wir für die Spieler in Nordamerika tun. Es gab in unseren Spielen beispielsweise kein Event am 1. Mai, aber natürlich wird es eines am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, geben. Das wollten wir ändern, indem wir hier einen Standort aufbauen und näher am Kunden agieren können. Wir schauten uns London, Hamburg, Helsinki, Amsterdam und Dublin an, fanden aber, dass Berlin ideal ist. Hier sitzen bereits einige „Free to play“-Talente.
Ist es ein Vorteil, dass hier andere Entwickler wie Wooga sitzen?
Ja, dass es bereits „Free to play“-Firmen in Berlin gibt, war ein ausschlaggebender Grund. Dadurch verstärkt sich der Ruf eines Standorts, man zieht mehr talentierte Leute an. Da ist es hilfreich, wenn sich die Konkurrenz in der gleichen Stadt befindet. Noch suchen wir allerdings nach unserem endgültigen Bürokomplex. Derzeit haben wir nur ein temporäres Büro in Berlin-Mitte.
Ihre Firma vertraut auf das sogenannte „Free to play“-Modell. Die Spiele werden gratis angeboten, aber Inhalte im Spiel müssen bezahlt werden. Unter Spielern ist das nicht nur beliebt, weil dem Modell der Ruf anhaftet, dass Erfolg nichts mehr mit Können, sondern mit Geld zu tun hat.
Wer in einem Spiel nur den Wettbewerb sucht, geht vielleicht falsch an „Free to play“-Titel heran. Allerdings gibt es auch da gute Umsetzungen, beispielsweise „League Of Legends“, bei dem es vor allem auf Fähigkeiten ankommt. Das „Free to play“-Modell ist eine Chance für die Industrie. Dadurch kommen viele Menschen zum Gaming, die nie zuvor auf einer Konsole gespielt haben. Die Zielgruppe ist entweder älter oder jünger als die typische Konsolengeneration. Die neue Generation der Spieler will nicht unbedingt Spiele spielen, die sich nur über Fähigkeiten definieren. Da geht es auch viel um Atmosphäre, Geschichte und Grafik. Und da können die Mobile-Spiele mittlerweile mit den Konsolentiteln mithalten.
Aber während Sie nachziehen, kündigen Sony und Microsoft ihre neue Konsolen an und sind den Mobiltiteln doch wieder einen Schritt voraus oder nicht?
Das glaube ich nicht. Das Wachstum der Smartphones und Tablets ist rasant. Wir haben mittlerweile höchste Auflösungen auf diesen Geräten, die Prozessoren können mithalten. Die Entwicklungszyklen sind viel kürzer. Jedes halbe Jahr kommen neue Geräte heraus, die die Technologie erneut weiterentwickeln. Pro Jahr werden 250 Millionen Smartphones verkauft. Durch diesen Massenmarkt wird die Entwicklung schneller voran getrieben als im Konsolenbereich.
Manche Titel wird man doch gar nicht gleichwertig für Smartphones und Tablets umsetzen können, beispielsweise „Call Of Duty“ oder „FIFA“.
Wir sind mittlerweile auf einer Qualitätsstufe, wo wir Spiele entwickeln können, mit denen wir die Aufmerksamkeit von Hardcore-Spielern wecken können. In den kommenden zwei Jahren werden wir ihnen die gleichen Erfahrungen auf den Mobilgeräten ermöglichen. Es gibt natürlich immer einige Genres, die man nicht mit Touchscreen spielen kann. Das betrifft vor allem Shooter. Aber zumindest grafisch können wir gleichziehen. Und sobald es einen Controller für diese Geräte geben wird, werden wir auch das Gameplay solcher Titel umsetzen können. Daran arbeiten Leute, während wir miteinander sprechen.
Sehen Sie wirklich ein Ende der Konsolenära kommen?
Ganz soweit werde ich mich nicht aus dem Fenster lehnen. Aber der Markt wandelt sich rasant. Ich glaube, die neue Konsolengeneration wird sich wieder schlechter verkaufen als die Generation davor. Es ist das gleiche wie damals mit den Arcade-Spielautomaten. Die gibt es heute immer noch, aber sie sind nicht mehr der Mainstream, so wie sie es in den Achtzigern waren. Damals ging ich auch immer in die Spielhallen und zockte mein Lieblingsspiel, „Street Fighter“. Einen ähnlichen Abstieg wie bei diesen Arcade-Automaten sehe ich auch bei den Konsolen. Auf lange Sicht wird sich das „Free to play“-Modell durchsetzen. Teils auch auf den Konsolen. Microsoft und Sony haben bereits angemerkt, dass sie das zukünftig in Betracht ziehen wollen. Wir werden dann auch gerne für diese Plattformen Spiele entwickeln.
Ihre Firma Kabam hat einige Spiele bekannter Marken im Angebot, beispielsweise „The Hobbit“, „Der Pate“ oder in Kürze „Fast & Furious“. Ist das der Weg zum Erfolg?
Es ist nicht der einzige Weg, aber ein großer Vorteil. Durch solche Lizenzen kann man gleich viele Fans ansprechen, die auf das Spiel aufmerksam werden, schon alleine weil sie Fans der Marke sind und entsprechend viel Enthusiasmus mitbringen.
Spielen Sie selbst noch viel?
Leider nicht. Mir fehlt meist die Zeit. Wenn ich spiele, dann vor allem „Free to play“-Titel. Das letzte „Street Fighter“ habe ich aber auch ausprobiert, fand es aber nicht so gut.