Der Konsum von Drogen kann lebensgefährlich sein, das ist allgemein bekannt. Dass aber auch der Verzicht auf Drogen gefährlich werden kann, diese ungewöhnliche Erfahrung musste ein 33-Jähriger im Herbst 2013 in Berlin-Kreuzberg machen.
Mit seiner Weigerung, Drogen zu kaufen, löste der Mann eine Auseinandersetzung aus, an deren Ende er durch einen Messerstich lebensgefährlich verletzt und erst im letzten Moment durch einen Notarzt gerettet werden konnte. Seit Dienstag beschäftigt der Fall das Landgericht Moabit.
Auf der Anklagebank sitzen vier junge Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren. Den Jüngsten hat die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags angeklagt, die anderen drei wegen gefährlicher Körperverletzung.
Angeklagte wollen einen „unterhaltsamen Abend“
Am 7. September 2013 waren die Vier im Wrangelkiez unterwegs, fest entschlossen, einen unterhaltsamen Abend zu verbringen. Im Görlitzer Park einen Joint rauchen, am Kiosk „ein, zwei Bierchen trinken“, danach in ein Wettbüro und schließlich zum Abschluss in einen Klub, so sah nach Angaben des 18 Jahre alten Hauptangeklagten das geplante Unterhaltungsprogramm aus.
Bis in den Klub schafften es die vier Männer allerdings nicht mehr. Auf dem Weg dorthin begegneten sie gegen 23.30 Uhr einer Gruppe von drei Männern, darunter das spätere Opfer. Das mit den Worten „Braucht ihr was?“ vorgetragene Angebot, Drogen zu kaufen, wurde abgelehnt, die Angeklagten reagierten darauf mit Pöbeleien. Als eine Person aus der dreiköpfigen Gruppe die Angeklagten mit einem Handy fotografierte, entwickelte sich schließlich eine handfeste Schlägerei.
In deren Verlauf stach der Hauptangeklagte plötzlich zu, sein Opfer wurde in die Brust getroffen – mit fatalen Folgen: Die Lunge kollabierte, nur dem schnellen Eingreifen eines Notarztes verdankt der 33-Jährige sein Überleben. Die Angeklagten flüchteten zunächst, konnten aber durch Zeugen identifiziert und kurze Zeit später festgenommen werden.
Warum die Angeklagten den drei Männern überhaupt Drogen anboten, obwohl sie nach eigenen Angaben nichts dabei hatten, ist eine der Fragen, die im weiteren Prozess noch beantwortet werden muss. Warum das Opfer einen Stich in die Brust erhielt, obwohl der Messerstecher vor Gericht beteuerte, er habe ihm ins Bein stechen wollen, ist ein weiteres Geheimnis, das das Gericht noch lüften muss. Der Prozess vor einer Jugendstrafkammer wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.