Lesungen. Kranzniederlegungen. Und die große Feierstunde im Bundestag. Mit zahlreichen Veranstaltungen wurde in Berlin am Montag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, 69 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.
Im Mittelpunkt des Gedenkens in Deutschland stand in diesem Jahr das Leid der sowjetischen Bevölkerung in der NS-Zeit. Bundespräsident Joachim Gauck rief anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung Leningrads von der Einkesselung durch deutsche Truppen dazu auf, die Schrecken von damals nicht zu vergessen. „Der Zweite Weltkrieg hat tiefe Wunden im Verhältnis zwischen unseren Ländern hinterlassen“, schrieb Gauck an den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Hauptredner der Gedenkstunde des Bundestages war der 95 Jahre alte russische Schriftsteller Daniil Granin, der als junger Mann die fast 900 Tage dauernde Belagerung Leningrads überlebt und sie später in seinen Werken verarbeitet hat. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte, die „menschenverachtende Rassenideologie“ der Nationalsozialisten sei verantwortlich für das systematische Morden in Auschwitz und in Leningrad gewesen. Leningrad sollte „als Wiege des sogenannten jüdischen Bolschewismus vernichtet werden“. Am 27. Januar 1944 hatten russische Soldaten die Belagerung der Stadt aufgebrochen.
Mahnwache vor der Gedenktafel am U-Bahnhof Nollendorfplatz
Neben dem zentralen Gedenken im Bundestag gab es in Berlin auch kleinere Veranstaltungen wie die Mahnwache vor der Gedenktafel, die am U-Bahnhof Nollendorfplatz an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnerte. Neben den großen, zentralen Gedenkfeiern wollte Sanem Kleff von der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ so das Gedenken in den Kiez holen. Gemeinsam mit Kooperationspartnern, die ebenfalls in Schöneberg ansässig sind, hatte sie die Mahnwache organisiert. Der Lesben- und Schwulenverband hatte für den Nachmittag gemeinsam mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas zu einer Gedenkfeier am Denkmal für die homosexuellen Opfer eingeladen.
Eine Veranstaltung am Abend richtet den Blick auf die Überlebenden des Holocaust: Die Initiative 27. Januar sammelt bei ihrer Gedenkveranstaltung in Berlin Spenden für bedürftige Überlebende in Israel.
Auch im ehemaligen deutschen Vernichtungslager in Auschwitz wurde an den 27. Januar 1945 erinnert, an dem Soldaten der Roten Armee die Häftlinge im größten nationalsozialistischen Todeslager befreit hatten. Vor der „Todeswand“ im Stammlager Auschwitz, an der Tausende Häftlinge erschossen wurden, legten Überlebende Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Die 88-jährige Jadwiga Bogucka war trotz ihres hohen Alters bei eisigen Temperaturen gekommen. „Ich sehe das als Pflicht“, sagte sie. „Wir sind die lebenden Zeugen, wir müssen die Wahrheit künftigen Generationen weiter geben.“ Zum ersten Mal war mehr als die Hälfte der Abgeordneten der israelischen Knesset nach Auschwitz gereist, um mit den Überlebenden an die Opfer zu erinnern.