In Berlin werden immer mehr Unterkünfte für Asylbewerber eingerichtet, weil der starke Zustrom von Flüchtlingen anhält. In Pankow wird ein Heim an der Mühlenstraße ausgebaut. Dort sollen ab Dezember 220 Menschen aus Syrien, Afghanistan, aus dem Irak und dem Iran einziehen. In Steglitz-Zehlendorf wird geprüft, ob zwei alte Fabrikgebäude zur Unterkunft umgebaut werden können. Auch in Treptow-Köpenick sind zwei neue Standorte geplant. Man sei im Gespräch mit dem Bezirksamt, sagte Franz Allert, Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Soziales.
Der Evangelische Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree hat 20.000 Euro für die Arbeit mit Asylbewerbern gespendet. Im Gebiet des Kirchenkreises liegt das umstrittene Heim, das in einer Hellersdorfer Schule eingerichtet wurde. Man wolle alle Menschen ermutigen, die sich vor Ort um eine hilfreiche Willkommenskultur für die Asylsuchenden bemühen, erklärte die Kreissynode. In Britz und Kreuzberg gibt es Probleme mit neuen Unterkünften, in Spandau ist die Zukunft des Heims Motardstraße fraglich.
In Britz sind Proteste angekündigt
Genau 13 Flüchtlinge sind derzeit im Bezirk Neukölln untergebracht. Das wird sich ändern. Bis zum Januar entstehen an der Neuen Späthstraße zwei Gebäude in Fertigbauweise, in denen bis zu 400 Asylsuchende Platz haben. Bei Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne) sind bereits zwei Unterschriftenlisten aus Protest gegen die neuen Bewohner eingegangen. Neukölln sei ohnehin ein Brennpunkt, da brauche man nicht noch mehr soziale Probleme – so die Argumente der Anwohner.
„Ich habe den beiden Gruppen Gespräche im Rathaus angeboten“, sagt Szczepanski. Er werde seiner „gesamtstädtischen Verpflichtung“ nachkommen und weitere Flüchtlinge im Bezirk aufnehmen. Sein Wunsch wäre, „dass die Neuköllner merken, dass da Menschen in Not kommen, und dass sie, statt sich abzuschotten, ihre Hilfe anbieten“.
Ziel müsse es sein, eine Willkommenskultur zu schaffen, sagt der Stadtrat. Dafür sitzt er auch am Donnerstag, 19.30 Uhr, auf dem Podium in der Fritz-Karsen-Schule und diskutiert mit den Anwohnern. Die Informationsveranstaltung hat die Bürgerinitiative „Hufeisern gegen rechts“ organisiert. Rechte Gruppen hätten ihr Kommen schon angekündigt, sagt Bernd Szczepanski. Die Polizei rechnet mit Konfrontationen.
Gleich fünf Kundgebungen sind für Donnerstagabend in Britz angemeldet worden. Am U-Bahnhof Parchimer Allee, an der Onkel-Bräsig-Straße und der Blaschkoallee wollen verschiedene Veranstalter ab 18 Uhr gegen rechte Propaganda und für Respekt, Demokratie und Vielfalt demonstrieren. Angemeldet haben die Proteste unter anderem die Grünen, die Linke, verschiedene Gewerkschaften und die SPD-Jugendorganisation Falken Neukölln.
Angekündigt sind insgesamt 500 Teilnehmer, die Polizei rechnet durchaus auch mit größeren Menschengruppen. Bei der letzten Demonstration gegen die rechte Hetze gegen Flüchtlinge waren Ende August in Hellersdorf 700 Protestler gekommen, die Polizei war dort mit 400 Beamten angerückt. Auch diesen Donnerstag werde man vorbereitet sein, so eine Sprecherin der Polizei.
In Spandau muss die Unterkunft schließen
Das Land Berlin muss die Flüchtlingsunterkunft an der Spandauer Motardstraße aufgeben. Die Firma Osram ist Eigentümer des Grundstücks. „Sie hat den Pachtvertrag zum 31. Dezember 2013 gekündigt“, sagte Franz Allert, Präsident des Landeamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso). Das Unternehmen strebe den Verkauf des Areals an. „Osram ist aber sehr daran interessiert, dass es eine einvernehmliche Lösung mit dem Lageso und dem Bezirk gibt“, sagte Allert am Montag der Berliner Morgenpost. „Wie diese Lösung aussieht, wissen wir noch nicht.“ Im Zweifel werde der Standort auch über den 31. Dezember 2013 hinaus betrieben. „Wir wollen die Unterkunft aufgeben, weil sie in dieser Form nicht mehr saniert werden kann.“ Den genauen Termin, wann der Standort geschlossen werde, wisse man noch nicht.
Das Heim an der Motardstraße ist eine Erstunterkunft für Asylbewerber. Sie sollen maximal drei Monate dort bleiben. Sozialarbeiter helfen den Flüchtlingen, Anträge bei den Behörden zu stellen, und kümmern sich darum, dass Kinder und Jugendliche in Schulen angemeldet werden. „Wir brauchen eine Alternative“, so Lageso-Präsident Allert. Es sei sinnvoll, wenn sie auch in Spandau liege, weil sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Bezirk befinde. „Es gibt verschiedene bundeseigene Objekte, die in Betracht kommen“, sagte Allert. Dazu verhandele man mit dem Bund.
Die Arbeiterwohlfahrt hat das Gelände an der Motardstraße gepachtet und betreibt die Einrichtung im Auftrag des Senats. Die Unterkunft ist eines der ältesten Flüchtlingsheime in Berlin. Derzeit leben mehr als 500 Menschen in den sanierungsbedürftigen Containern. Abriss und Neubau kommen nicht in Frage. Denn das Grundstück liegt in einem Industriegebiet. Und dort sollen Flüchtlinge nicht dauerhaft untergebracht werden. Deshalb hat der Senat seine Absicht aufgegeben, das Grundstück zu kaufen. In den Einrichtungen des Landesamt für Gesundheit und Soziales leben derzeit etwa 6500 Flüchtlinge.
In Kreuzberg gibt es jetzt eine Brandwache
An der Stallschreiberstraße in Kreuzberg wird ein einstiges Seniorenpflegeheim als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt. Betreiber der Unterkunft ist die Gesellschaft Private Soziale Dienste (Prisod). Die Zahl der Bewohner sei im August von etwa 200 auf 300 gestiegen, sagte der Sozialstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Knut Mildner-Spindler (Linke). Man habe zusätzliche Plätze geschaffen, indem eine weitere Etage des Hauses in Betrieb genommen wurde. Dazu gebe es eine Absprache zwischen dem Betreiber Prisod und dem Landesamt für Gesundheit und Soziales. Denn langfristig ist vorgesehen, dass 400 Menschen im Gebäude an der Stallschreiberstraße untergebracht werden.
Dies sei problematisch, so der Stadtrat, weil der Bestandsschutz nur für eine Einrichtung mit knapp 200 Bewohnern gelte, entsprechend der Betriebserlaubnis für das Pflegeheim. Bis alle baurechtlichen Genehmigungen für die höhere Auslastung des Gebäudes erteilt sind, soll es eine Übergangslösung geben. Auf dem Grundstück wird eine Brandwache eingerichtet, die rund um die Uhr besetzt ist. Das zusätzliche Stockwerk bringt aber auch Vorteile mit sich. Denn dadurch müssen die bisherigen Bewohner nicht enger zusammenrücken, wenn neue Flüchtlinge kommen. Jedem Erwachsenen stehen etwa neun Quadratmeter Fläche zur Verfügung, jedem Kind sechs Quadratmeter. Im Erdgeschoss sollen weitere Aufenthaltsräume für Kinder geschaffen werden.
Im November 2012 hatte das Bezirksamt beschlossen, das Gebäude an der Stallschreiberstraße als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Anwohner und Einrichtungen in der Umgebung seien informiert worden, sagte Stadtrat Mildner-Spindler. Zehn Jahre lang kann das Landesamt für Gesundheit und Soziales das Haus nutzen. Allerdings soll ein kleiner Teil der Einrichtung auch Obdachlosen offenstehen. Das Bezirksamt bleibt Eigentümer der Immobilie. Ursprünglich war geplant, dass der Liegenschaftsfonds das Grundstück vermarkten soll.