Berlin braucht neue Wohnungen – und sie entstehen in den interessantesten Ecken dieser Stadt. Vor allem alte Industriestandorte werden nach und nach bebaut, wie zum Beispiel die Halbinsel Stralau, auf der nur noch wenige Fabrikgebäude zu sehen sind. Aber auch auf dem Gelände des Alten Schlachthofs stehen heute Stadthäuser und Mehrfamilienhäuser. Im Schweizer Viertel hingegen wurden die Kasernen durch eine kleine neue Wohnstadt ersetzt.
Wie ist das Lebensgefühl in den neuen Vierteln, wen zieht es dorthin? Auf Spurensuche in drei Kiezen.
Friedrichshain: Wohnen am Wasser auf der Halbinsel Stralau
Unter seinem grünen Sonnenschirm auf einem Campingstuhl sitzend blickt Bernhard Schulz entspannt auf das im Sonnenlicht funkelnde Wasser der Rummelsburger Bucht. Zwar haben an diesem Morgen Plötze, Karpfen und Blei seine ausgelegte Angel beharrlich ignoriert. „Doch das kann sich ja noch ändern, die Wasserqualität in der Rummelsburger Bucht ist jedenfalls gut“, sagt der 68-jährige gelassen.
Das war durchaus nicht immer so. Dass die Insel noch bis zur Wende ein bedeutender Industriestandort war, davon zeugen auf der Halbinsel Stralau inzwischen nur noch eine Handvoll ehemalige Fabrikgebäude. Die meisten davon, wie auch der denkmalgeschützte Palmkernölspeicher gleich an der Uferpromenade neben dem bevorzugten Angelplatz von Bernhard Schulz, werden oder wurden zu Wohngebäuden umgebaut.
Stralau sollte Olympia-Dorf werden
Die Halbinsel Stralau im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sowie der Uferstreifen gegenüber zwischen Hauptstraße und Rummelsburger See, der bereits zum Nachbarbezirk Lichtenberg gehört, waren 1992 zum Entwicklungsgebiet erklärt worden. In der sogenannten Wasserstadt, so der ursprüngliche Plan, sollte ein olympisches Dorf mit rund 6000 Wohneinheiten entstehen. Angesichts der verlorenen Olympiabewerbung und des zunächst sehr schleppenden Interesses an der Wohnlage und dem Wunsch der Anwohner nach mehr Grün einigte man sich schließlich auf 4200.
Mehr als 20 Jahre später ist es nun jedoch so weit: bis auf einige wenige Bauareale mit knapp 200 Wohnungen am „Flaschenhals“ der Insel ist das neue Quartier inzwischen fertig gestellt. Deutlich ablesen lässt sich der Wandel vom Industrie- zum Wohnstandort an der Einwohnerzahl, die sich innerhalb weniger Jahre fast verdoppelt hat: Während 1999 erst rund 1700 Menschen auf der Halbinsel lebten, waren es zum Stichtag 30. Juni 2013 bereits 3165.
„Seit ich hier wohne, lebe ich auf der Baustelle“, sagt denn auch Tobias Trommer. Der 46-Jährige wohnt seit dem Jahr 2000 in einem der wenigen Wohnhäuser aus der Gründerzeit, die damals für die Fabrikarbeiter auf der Insel geschaffen wurden. Inzwischen sind die Jugendstilhäuser in der Krachtstraße aufwendig saniert worden. Und während um ihn herum vor allem schicke Stadthäuser, Eigentumswohnungen und hochwertige Mietwohnungen entstanden sind, kann Trommer sich glücklich schätzen, noch in einer Wohnung mit Mietpreisbindung zu leben.
Vom Inselidyll ist nicht viel geblieben
Das beschert ihm eine Miete von unter sechs Euro pro Quadratmeter – zumindest noch für die kommenden sieben Jahre, dann läuft die Bindung aus. „Meine Freundin und ich, wir werden aber alles daran setzen, auch weiterhin hier zu leben“, sagt der selbstständige Webdesigner und Musiklehrer. Vor allem die Wassernähe und die Ruhe auf der Insel gefallen ihm.
Von der wüsten Vergangenheit ist in dem beschaulichen Inselidyll mit ausgeprägtem Vorortcharakter tatsächlich nicht viel geblieben. Kaum zu glauben, dass hier vor 140 Jahren eines der größten Volksfeste in Berlin verboten wurde: der „Stralauer Fischzug“. Da das Volksfest seit der Mitte des 19. Jahrhunderts regelmäßig in Massenschlägereien und wüsten Saufgelagen endete, wurde es 1873 verboten. Alle Versuche, das Fest in neuerer Zeit wieder zu beleben, scheiterten bislang. „Jetzt gibt es nicht mal mehr eine richtige Kneipe auf der Insel“, sagt Anwohner Trommer.
Vor dem zweiten Weltkrieg waren es noch 22 gewesen – gut besucht von den Arbeitern der Stralauer Glaswerke und der Engelhart-Brauerei, in deren denkmalgeschütztem Flaschenturm nun Luxuswohnungen untergebracht sind. Immerhin gibt es noch eine Pizzeria, sowie zwei Bäcker, einen Frisiersalon und eine Arztpraxis. „Könnte mehr sein“, findet Bernhard Schulz. Dafür gibt es ein gutes Angebot für junge Familien. Mittlerweile verfügt Stralau über zwei Kitas und eine Grundschule. Die Ortslage Stralau gehört zwar zum Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain, hebt sich aber ab.
Überschaubarer Verkehr
Während im Doppelbezirk 40 Prozent der Menschen in Singlehaushalten leben, sind in Stralau nur zehn Prozent allein in ihrer Wohnung. 57 Prozent aller Haushalte sind Familien mit mindestens einem Kind.
Dass die Insellage bei Eltern so beliebt ist, liegt neben der schönen Aussicht auf das Wasser sicher auch am sehr überschaubaren Verkehr. Die 112 Hektar große Landzunge, die vom Rummelsburger See und der Spree begrenzt wird, ist nur über die Kynaststraße oder Alt-Stralau möglich, Durchgangsverkehr gibt es nicht. Die mittlerweile begehrte Insellage hat ihren Preis. Auf einem noch von Unkraut überwucherten Baufeld an der Glasbläserallee sollen die „River Residences“ entstehen. Eine Dachgeschosswohnung mit großer Terrasse soll dort 1,2 Millionen Euro kosten“, ist dem Werbetext im Internet zu entnehmen.
Deutlich günstiger sind dagegen die 125 Wohnungen in 13 individuell gestalteten Häusern, die vom Berliner Bauträger LaGrande derzeit errichtet werden. Die Einheiten sind zwischen 60 und 160 Quadratmeter groß. Bei Preisen zwischen 2950 und 3950 Euro je Quadratmeter ist das Angebot auch für mittlere Einkommensschichten geeignet, so der mit der Vermarktung Beauftragte.
Lichterfelde: Viele kleine Kinder im Schweizer Viertel
Die Sonne knallt auf den Asphalt, der helle frische Anstrich der Häuser blendet in den Augen. Anja Asef hebt in ihrem Vorgarten die Erde für neue Pflanzen aus. Ihr vierjähriger Sohn Linus hilft ihr dabei mit einer kleineren Schippe. Lorena, erst zwei Jahre, betrachtet die Arbeiten vom Bobbycar aus, während sich Baby Ida Marlen im Kinderwagen bemerkbar macht. Ein Auto schleicht im Schritt-Tempo heran, Lorena weicht gemächlich mit ihrem Spielzeugauto aus. Alles geht etwas langsamer zu, wie in einer Vorstadt.
Vor fünf Jahren hat sich Anja Asef das erste Mal im Schweizer Viertel umgesehen. Zu diesem Zeitpunkt war die eine Hälfte zwischen Altdorfer und Lausanner Straße bereits komplett bebaut. „Ich fand die Grundstücke nicht groß genug für uns“, sagt die 37-Jährige. Dennoch sei sie immer wieder vorbeigekommen. Sie wollte wissen, ob es weiter geht und ob auch die andere Hälfte noch bebaut wird. Es ging weiter.
Ein einziger Kran dreht sich noch an der Goerzallee, zwei Bagger schaufeln den Rest Erde beiseite. Mehr als 500 Einfamilienhäuser und 270 Wohnungen sind in den vergangenen 15 Jahren im Schweizer Viertel in Lichterfelde zwischen Finckensteinallee, Luzerner Straße und Goerzallee entstanden. Gerade wird der fünfte und letzte Bauabschnitt mit fast 70 Einfamilienhäusern von dem Bauunternehmen Interhomes fertig gestellt.
Zwischenzeitlich sah es so aus, als bliebe die eine Hälfte des 230.000 Quadratmeter großen Grundstücks, auf dem bis 1994 Kasernen der Alliierten standen, eine Brache. Der Wohnungsmarkt war kurzzeitig gesättigt, die Nachfrage nach Häusern gesunken. Mit den ersten Meldungen über Wohnungsmangel kamen die Bagger ins Schweizer Viertel zurück.
Wenige Spielplätze
Das Haus von Anja Asef gehört zum letzten Bauabschnitt, der bis an die Goerzallee grenzt. Dort sind die Grundstücke teilweise größer. Auf 440 Quadratmeter Land steht die Doppelhaushälfte, in die die Familie genau vor einem Jahr eingezogen ist. Anfangs waren die Bagger und Kräne nur ein Haus weiter. Werktags, manchmal auch am Sonnabend mussten sie den Krach ertragen. Mittlerweile sind die Baufahrzeuge nur noch in Sichtweite. Die Familie hat vorher in Tiergarten gewohnt.
„Dort gab es Spielplätze ohne Ende“, sagt Anja Asef. Allerdings seien sie nicht immer in einem guten Zustand gewesen. In Schweizer Viertel gäbe es nur einige kleine Spielplätze. „Aber dafür hat ja jeder seinen Garten.“ Sorgen mache ihr der Platz an der Grundschule. Ihren Sohn Linus muss sie jetzt anmelden, zwei Jahre später Tochter Lorena. In dem Wohnviertel ist bereits bekannt, dass die zuständige Clemens-Brentano-Grundschule überlaufen ist und eine ehemalige Sonderschule ertüchtigt werden soll.
Am Eingang zum Schweizer Viertel ist ein kleines Geschäftszentrum mit Bäcker, Biomarkt, Supermarkt, Reisebüro, Grill-Restaurant und Textildiscounter – Nahversorger im Baudeutsch genannt. Der Name passt. Alles, was man täglich braucht, sei dort zu finden, erzählen die Bewohner des Viertels. Wer am Nachmittag im Nahversorger einkauft, schiebt einen Kinderwagen vor sich her. Nach dem Einkauf rollen die Wagen in verschiedene Richtungen. Vorbei an Fassaden, die sich nur durch einen blauen, gelben oder roten Farbtupfer minimal unterscheiden, weiter über kleine Trampelpfade, die durch Zäune rechts und links begrenzt werden, vorbei an Gerätehäuschen aus Holz, Plaste-Rutschen, Grillecken und Sonnenblumen.
Besuche in der Nachbarschaft
An solch einem kleinen Pfad steht auch das Reihenhäuschen von Kerstin Schlemm. Die 40-Jährige schraubt vor der Tür an ihrem Fahrrad. Ja, so ein Fahrrad reparieren, das bringe sie noch, sagt die Grundschullehrerin lachend. Ansonsten sei sie leider handwerklich nicht begabt. Deshalb habe sie einen Neubau zum Kauf gesucht und im Schweizer Viertel genau das richtige gefunden. Sie gerät ins Schwärmen, wenn sie von ihrem Leben erzählt. Ihre Kinder könnten sich frei bewegen, alleine Freunde in der Nachbarschaft besuchen und mit Gleichaltrigen aufwachsen. Marlene steckt ihre Kopf durch die Tür und schiebt sich langsam neugierig heraus.
Es stimme, bestätigt sie. Wenn sie wolle, könne sie immer zu ihren Freundinnen Marie und Julie gehen. Sie klettert auf die Reckstange, ein zweiter Blondschopf taucht auf, ihre Zwillingsschwester Leonie. Die beiden Siebenjährigen sind in der zweiten Klasse der Clemens-Brentano-Grundschule, gar nicht weit entfernt. Leonie klettert zur ihrer Schwester auf das Reck, beide wollen ihre Kunststücke zeigen. Nebenan geht die Tür auf und ein junges Mädchen grüßt freundlich. Ja, es sei ein enges Zusammenwohnen, sagt Kerstin Schlemm. Aber sie schätze die Nähe und das Vertrauen und dass sie das alles in Berlin habe.
Für Karlheinz Klöß ist es vor allem die Ruhe, die das Schweizer Viertel ausmacht. Er wollte eigentlich in dem Viertel eine Wohnung mieten und hat am Ende der Besichtigung ein ganzes Hause gekauft. Sechs Jahre ist das nun her. Der 61-Jährige ist Betriebsleiter in einem Gastronomiebetrieb in der City-West und wohnte vorher am Innsbrucker Platz. Eigentlich wollte er nur ein bisschen raus aus der Stadt, erzählt er. Auf dem Weg zu einem Baumarkt an der Goerzallee habe er gesehen, wie das Schweizer Viertel gewachsen sei und die Neugierde habe ihn gepackt. Mittlerweile ist die Tochter aus dem Haus.
Höchstens fünf bis zehn Prozent, so groß schätzt er den Anteil der Älteren, die ohne Kinder im Schweizer Viertel leben. „Wen Kinder stören, der ist hier falsch“, sagt Karlheinz Klöß. Ihn stören sie nicht, außerdem seien sie kaum zu hören und bei den mittlerweile hohen Hecken auch kaum zu sehen. „Wir fühlen uns wohl und kommen gut miteinander aus“, sagt er. Erst am Vorabend hätten sie zusammen gegrillt. Alle vier aus den beiden Doppelhäusern, die so nah gegenüber stehen, dass man von Fenster zu Fenster „Gute Nacht“ sagen kann.
Prenzlauer Berg: Alter Schlachthof wird Heimat für Familien
Birgit Pietsch wohnt in einem der 30 Reihenhäuser im Quartier am Blankensteinpark. Vor fast vier Jahren zog sie mit ihrem Mann dort ein. Im neuen Wohngebiet „Alter Schlachthof“ in Prenzlauer Berg wurden Julian (4) und Carlotta (2) geboren. Beide gehen in die neue Kita, die seit Anfang August in Betrieb ist. Es ist ein Wohnviertel der jungen Familien. „20 Kinder und 20 Mütter und Väter wohnen in unserer Häuserreihe“, erzählt die junge Frau. Die Gärten seien relativ offen. „Nachmittags ist bei uns das Trampolin Anlaufpunkt. Man trifft sich. Es ist wie ein riesiger Spielplatz.“ Auf der Spielstraße zwischen den Häusern herrscht reger Verkehr, weil die Kinder mit Bobbycars, Rollern und kleinen Rädern unterwegs sind.
Man lebe im Viertel wie eine große Familie, erzählt Birgit Pietsch. „Wir kennen uns alle sehr gut.“ Es gab Sommerfeste und Winterfeste. Nachmittags das Tohuwabohu in den Gärten. So sind Freundschaften entstanden, nicht nur zwischen den Kindern, sondern auch zwischen den Erwachsenen. „Wir mögen uns.“ Man habe immer ein gutes Gefühl, wenn man in den Urlaub fährt, sagt sie. „Weil die Nachbarn mit aufpassen.“
Für die jungen Leute ist es ein Wohlfühlkiez. Auch sonst ist alles da. „Kitas, Supermärkte Bioläden, Ärzte – die Infrastruktur ist so, wie eine Familie das braucht.“ Birgit Pietsch, 33 Jahre alt, ist Marketing-Angestellte. Sie stammt aus dem Ruhrgebiet, hat zuvor mit ihrem Mann in Tiergarten, an der Spree, gewohnt. In einer Altbauwohnung. Eigentlich habe er kein Haus gewollt, erzählt Birgit Pietsch. Die Dachterrasse überzeugte ihn. „Man kann nicht besser wohnen. Der Spielplatz ist vor der Tür.“
Irgend jemand guckt immer nach den Kindern
Irgend jemand guckt immer nach den Kindern. Die Eltern müssen deshalb nicht immer draußen präsent sein, sondern können auch mal etwas im Haus erledigen. „Was wir hier gefunden haben, ist unbezahlbar.“ Die Atmosphäre empfindet sie als dörflich, „nicht wie mitten in der Großstadt.“ Man muss es mögen, denn es ist auch ein bisschen eng. „Wenn wir sonntags draußen frühstücken, kommen viele Kinder vorbei, auch mal Erwachsene, und dann hält man ein Schwätzchen. Wir finden das toll.“ Um 9 Uhr beginnt sonntags der Trubel im Kiez. Erst nach 21 Uhr wird es still. An den Werktagen ist bis nachmittags um 16 Uhr Ruhe, dann kommen Kinder aus der Kita und die Eltern von der Arbeit.
Rund 750 Wohnungen sind in den vergangenen Jahren auf dem Gelände des alten Schlachthofs entstanden, darunter etwa 270 Stadthäuser und fast 440 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Mehrere Firmen haben gebaut.
Das Unternehmen CDS Wohnbau Berlin GmbH hat die Siedlung errichtet, in der Birgit Pietsch wohnt. Auch die Kita, die ihre Kinder besuchen, hat die Firma gebaut. Jetzt wird ein weiteres Viertel auf dem Schlachthof-Gelände fertig, die „Eldenaer Höfe“. 82 Häuser gehören dazu. Die ersten Bauten konnten 2011 bezogen werden. Die letzten sollen Ende 2013 oder Anfang 2014 den Bewohnern übergeben werden.
120 bis 180 Quadratmeter Platz bieten die Neubauten, mit zwei Etagen, einem Dachgeschoss und einer Dachterrasse. Ein kleiner Garten gehört dazu. Wieder sind es junge Familien, die die Häuser kaufen, damit dort ihre Kinder aufwachsen können. In den Gärten stehen Buggys, Bobbycars, kleine Trampoline und Laufräder. Keine Zäune trennen die Grundstücke. Zu 70 Prozent seien die Bewohner Zugezogene aus anderen Bundesländern, die aber schon einige Zeit in Berlin gewohnt haben, sagt Katrin Schlosser von der CDS-Geschäftsleitung in Berlin. Etwa 30 Prozent seien Berliner, die aus den Wohngebieten ringsum stammen. Zwischen 300.000 und 450.000 Euro haben sie für die Häuser bezahlt, je nach Größe.
Erinnerung an die alte Hallen
Einiges erinnert noch an die Vergangenheit des Schlachthofgeländes. Etwa die alten Giebel aus rotem Klinker. „Sie stammen von den Rinderställen“, sagt Katrin Schlosser. Die großen Hallen aus dem 19. Jahrhundert waren zu marode und konnten nicht erhalten werden. Nur die Giebel sind geblieben, abgestützt und ausgebessert worden. An sie wurden die Neubauten angefügt. In der Kubatur der alten Gebäude. Sechs Reihen von Häusern sind entstanden, die in ihrer Grundfläche, in der Höhe und der Form an die abgerissenen Ställe erinnern sollen. Zehn Meter breit und zehn Meter hoch – so hätten es die Denkmalschutz-Verantwortlichen gewollt, sagt Schlosser. „Wir haben gemeinsam mit dem Amt diese Architektur entwickelt.“
Der damalige Stadtplaner Hermann Blankenstein hatte im 19. Jahrhundert das Gelände entwickelt – für eine Viehhaltung mitten in der Stadt, unter hygienischen Bedingungen. 80 Prozent der Bauten wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. In der DDR-Zeit arbeiteten das volkseigene Fleischkombinat und andere Betriebe auf dem Gelände. In den 90er-Jahren beschloss der Senat, das Areal zum Entwicklungsgebiet zu machen.
Im neuen Quartier „Eldenaer Höfe“ wechseln sich moderne Fassaden mit traditionellen ab. Auch der Zaun am neuen Kita-Gebäude passt sich mit seinen Pfeilern und Stahlfeldern ins Ensemble ein. Die Zufahrtsstraße zwischen den einstigen Rinderhallen wird wieder aus den alten Granit-Pflastersteinen aufgebaut. Spätestens am Jahresende möchte Ivo Ulrich mit seiner Frau und seinem Sohn ins neue Haus einziehen. Der Rohbau steht. Wegen des langen Winters hatten sich die Arbeiten verzögert.
„Noch ist es nicht wohnlich“, sagt der 46 Jahre alte Slawist. „Wir freuen uns, dass es bald fertig ist.“ 2011 habe sich die Familie zum Umzug entschlossen. Sie wohnt in einem Plattenbau in Lichtenberg, nicht weit entfernt. Ivo Ulrich kennt den Schlachthof noch aus den 70er-Jahren. „Uns hat gefallen, dass jetzt Häuser gebaut werden, die äußerlich an die alten Ställe erinnern.“