Wohnungseigentümer in Wittenau fühlen sich „beeinträchtigt“, weil Kinder der Asylbewerber auf dem privaten Spielplatz spielen. Eine Bürgerinitiative hatte das Heim schon früher verhindern wollen.
In Reinickendorf wehren sich Anwohner juristisch gegen ein Asylbewerberheim in ihrer Nachbarschaft. Seit dem Frühjahr betreibt die Arbeiterwohlfahrt (Awo) das Marie-Schlei-Haus am Eichborndamm.
Zuvor hatte eine im Februar gegründete Bürgerinitiative vergebens versucht, die Umnutzung des ehemaligen Seniorenpflegeheims zu verhindern. Jetzt hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft Widerspruch gegen die Nutzungsgenehmigung des Wohnheims eingelegt, informierte das Bezirksamt Reinickendorf die Awo.
Rechtsanwalt Jens-Georg Morgenstern vertritt die klagenden Nachbarn. „Meine Mandantschaft fühlt sich auf ihrem Eigentum beeinträchtigt“, sagte er. Sollten seine Mandanten sich weiter „gestört fühlen“, kündigte der Anwalt an, Klage einzureichen.
„Anwohner fürchten sich vor Unannehmlichkeiten“
In dem Hochhaus in Wittenau wohnen momentan etwa 190 Asylbewerber. Auch viele Kinder sind dabei, die auf einem privaten Spielplatz der Wohneigentümergemeinschaft spielen. „Wir haben die Eltern informiert, dass das nicht genehmigt ist. Aber Kinder sind nun mal Kinder – und wenn eine Rutsche ruft, dann ruft sie“, sagt Snežana Prvulović-Hummel, Geschäftsführerin des Awo-Kreisverbands Berlin-Mitte.
Wirtschaftsstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) findet, unerwünscht spielende Kinder seien keine Grundlage für eine rechtliche Klage. „Es ist doch begrüßenswert, wenn Flüchtlingskinder so früh wie möglich mit Anwohnern in Kontakt kommen.“
Doch laut Morgenstern haben seine Mandanten Angst, der Spielplatz könnte später auch von Jugendlichen und Erwachsenen benutzt werden. „Viele der Bewohner hatten traumatische Erlebnisse. Die Anwohner fürchten sich vor Unannehmlichkeiten.“ Vorher hätten nur 120 Personen in dem Seniorenpflegeheim gewohnt.
Angst vor Ansteckung der Nachbarschaftskinder
Laut Morgenstern könnte die Situation entschärft werden, wenn die Zahl der Bewohner von 190 auf 100 reduziert wird. „So aber haben meine Mandanten Angst vor Seuchengefahr, weil die Menschen dicht an dicht in diesem Haus wohnen.“ Das bestätigt Heiner Böhr vom Verwaltungsbeirat der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Hauptsorge der Anwohner sei, dass von den Kindern der Asylbewerber eine Ansteckungsgefahr für die Kinder in der Nachbarschaft ausgeht, so Böhr. Doch laut Prvulović-Hummel haben Bewohner im Marie-Schlei-Haus mehr als neun Quadratmeter pro Person zur Verfügung.
„Außerdem werden Flüchtlinge immer von einem Arzt untersucht, eben um sicherzustellen, dass sie keine übertragbaren Krankheiten haben.“ Um Krankheiten wie Windpocken künftig zu vermeiden, kooperiere die Awo mit niedergelassenen Ärzten.
Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf drohte Grünen-Politikerin
Unterdessen ermittelt die Polizei im Umfeld der Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf, die sich gegen das in einer alten Schule geplante Asylbewerberheim richtet. „Wir haben ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung eingeleitet und zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft übersandt“, sagte ein Sprecher.
Hintergrund ist eine Strafanzeige der Grünen-Bezirkspolitikerin Rafaela Kiene. Vergangene Woche hatte Kiene über Facebook eine mit dem Namen der Bürgerinitiative unterzeichnete Nachricht erhalten, in der ihr gedroht wurde. „Geben Sie auf, Ihre Initiative ist ohnehin nur eine leere Patronenhülse“, hieß es unter anderem in der Mitteilung.
Mobilisierungsplattform für Asylbewerber
„Mir wurde ein Ultimatum gesetzt, bis zu dem ich mich entschuldigen sollte. Anderenfalls wurde damit gedroht, mich an den Pranger zu stellen und öffentlich zu machen, dass ich angeblich private Daten weitergegeben hätte“, sagte Kiene.
Die Politikerin unterstützt mit zahlreichen Kollegen die Mobilisierungsplattform „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“ auf Facebook. Die Berliner Grünen-Vorsitzende Bettina Jarasch verurteilte die Drohungen und Einschüchterungen.