Kaum ein Thema bewegt die Berliner so sehr wie die Höhe der Mieten und die Preise für Eigentumswohnungen. Angesichts der Preissteigerungen der vergangenen Jahre sind viele Bürger verunsichert. Wenn der Senat Anfang kommenden Jahres wie geplant die Grunderwebsteuer auf sechs Prozent anhebt, trifft das natürlich in erster Linie diejenigen, die eine Immobilie in der Hauptstadt kaufen wollen.
Doch auch Mieter bekommen die Auswirkungen nach Ansicht von Maren Kern, Vorstand beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), zu spüren. Denn wenn Investoren mehr für ihr Haus zahlen müssen, werden sie die zusätzlichen Ausgaben über höhere Mieten wieder hereinholen.
Ihr Verband vereint 360 Wohnungsunternehmen. Diese bewirtschaften gut 1,1 Millionen Wohnungen. Das entspricht rund 40 Prozent aller Mietwohnungen in Berlin und fast der Hälfte aller Mietwohnungen in Brandenburg. Im Interview erklärt Maren Kern ihre Sicht auf die Auswirkungen der geplanten Steuererhöhung.
Berliner Morgenpost: Frau Kern, wie wird sich die geplante Anhebung der Grunderwerbsteuer auswirken?
Maren Kern: Mit erwarteten Mehreinnahmen von rund 100 Millionen Euro pro Jahr zunächst einmal sehr positiv auf den Berliner Landeshaushalt. Damit trägt der Berliner Wohnungsmarkt auch einen erheblichen Anteil der zensusbedingten Sanierungslast der öffentlichen Finanzen des Landes Berlin. Natürlich macht diese zweite Steuererhöhung innerhalb von nur zwei Jahren aber auch Immobilien- und Grundstückskäufe noch mal ein Stück teurer. Das betrifft dann letztlich alle: Die Käufer von Wohnungen für die Selbstnutzung oder zur Alterssicherung genauso wie institutionelle Investoren oder Bauherren. Und letztlich immer auch die Mieterinnen und Mieter.
Inwiefern betrifft die Grunderwerbsteuererhöhung auch die Mieter?
Mieter sind hier gleich mehrfach betroffen. Erstens verteuert die steigende Steuer den Kauf von Wohnungen. Dieser Mehraufwand muss dann wieder reingeholt werden, und das geht bei Mietwohnungen eben nur über steigende Mieten. Zweitens steht das, was beim Kauf einer Wohnung für die Grunderwerbsteuer ausgegeben wird, nicht mehr für Investitionen zur Verfügung, beispielsweise in energetische Modernisierung oder altersgerechten Umbau. Und drittens macht die Steuererhöhung vor allem auch das Bauen noch teurer. Das hat dann Auswirkungen auf die Neubaumieten, vor allem aber auch auf den Neubau selbst. Der wird dadurch sicherlich nicht gefördert.
Den Bürgern fehlt vor allem bezahlbarer Wohnraum. Wird die Steuererhöhung hier indirekt etwas bewegen?
Die Steuererhöhung wird sich vor allem auf günstige Wohnungen auswirken, weil hier schon kleine Beträge für die Käufer oder Mieter sehr ins Gewicht fallen. Und auch hier gilt natürlich: Bauen wird teurer. Entsprechend könnte gerade der Bau von günstigen Mietwohnungen, die in Berlin dringend gebraucht werden, durch die Steuererhöhung ausgebremst werden. Umso wichtiger ist deshalb, dass jetzt die übrigen Rahmenbedingungen für Investitionen in Neubau endlich verbessert werden. Die rasche Umsetzung des geplanten Wohnungsbaufonds, kürzere Bauplanungszeiten, die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, Investitionen in Stadtinfrastruktur. Das Geld dafür sollte da sein.
Die Preise für Eigentumswohnungen steigen seit Jahren an. Ist der Markt überhitzt?
Nein. Berlin ist im Vergleich zu anderen Metropolen in Deutschland oder Europa nach wie vor relativ preiswert, was Wohnungen angeht. Das wird auch von zahlreichen Expertisen immer wieder bestätigt.
Könnte die Steuererhöhung das Interesse der Käufer spürbar dämpfen?
Im Gegenteil: Kurzfristig dürfte der Run auf Berliner Wohnungen sogar noch zunehmen, weil ohnehin schon geplante Käufe jetzt noch auf dieses Jahr vorgezogen werden. Der Berliner Wohnungsmarkt wird aber auch nach dem 1. Januar 2014 für Investoren attraktiv bleiben. Daran ändern steigende Wohnungs- und Baulandpreise nichts, und daran wird auch die höhere Steuer relativ wenig ändern, solange die Zinsen auf diesem historisch niedrigen Niveau bleiben. Wir haben nach wie vor einen deutlichen Trend zu Sachwerten, der anhalten dürfte.
Was macht den Berliner Immobilienmarkt so besonders?
Eine Reihe von Faktoren. Berlin ist eine wachsende Metropole, die sich jetzt auch wirtschaftlich sehr gut entwickelt. Dass der Berliner Haushalt schon 2015 ohne neue Schulden auskommen soll, ist hierfür ja der beste Beweis. Die Stadt steht für Innovation und Dynamik, das kommt bei Investoren immer gut an. Und: Wohnungen hier gelten nach wie vor als günstig, gerade auch im nationalen und internationalen Vergleich.
Bürger befürchten den Ausverkauf der Stadt. Teilen Sie die Sorge?
Von einem Ausverkauf kann keine Rede sein. In Berlin haben wir einen relativ hohen Anteil städtischer und genossenschaftlicher Wohnungen am Gesamtbestand, der ja auch noch steigen soll und wird. Hinzu kommen noch einige große private Wohnungsunternehmen als Bestandshalter, und auch noch viele kleine Privateigentümer. Dieser Mix sorgt für Stabilität am Wohnungsmarkt. Einen wichtigen Beitrag dazu würde auch eine höhere Eigentümerquote in Berlin leisten. Steigende Grunderwerbsteuern schaffen dafür natürlich keine so guten Voraussetzungen.
Warum schafft es Berlin nicht, seine Bewohner zufriedenzustellen?
Murren gehört für die Berliner zum guten Ton. Das heißt nicht, dass sie grundsätzlich unzufrieden sind. Gerade die vielen Diskussionen rund um die Stadtentwicklung zeigen doch, dass den Menschen ihre Stadt mögen und ihnen ihre Entwicklung sehr am Herzen liegt. Sie setzen sich ein, nehmen Anteil und beteiligen sich. Das alles zeigt doch, dass wir sehr stolz auf unsere Stadt sind, und auch sein können.