Einsparungen

Finanzsenator Nußbaum droht bereits mit Haushaltssperre

| Lesedauer: 4 Minuten
Joachim Fahrun

Foto: Hannibal Hanschke / dpa

Der Berliner Senat arbeitet an einem neuen Sparplan. Die Einnahmeverluste aus den Ergebnissen der Volkszählung sollen ohne zusätzliche Schulden ausgeglichen werden. Das bringt alle Ressorts unter Druck.

Die Berliner Koalition aus SPD und CDU will nicht in zusätzliche Schulden flüchten. Die Einnahmeausfälle, die sich aus der gesunkenen Einwohnerzahl nach dem Zensus 2011 ergeben, sollen durch Einsparungen und auch mehr Einnahmen ausgeglichen werden. Das Ziel, 2015 einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen, bleibt bestehen. Auf diesen Rahmen haben sich am Dienstag die Senatoren von SPD und CDU verständigt.

So stellte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) die Übereinkunft nach der Senatssitzung vor der Presse dar: „Wir haben die klare Absicht, die Nettobelastung nicht durch zusätzliche Kreditaufnahme zu finanzieren“, sagte Nußbaum. Ob alle Senatsmitglieder das Ergebnis der Sitzung ebenso interpretieren, wird sich erst dann zeigen, wenn es zum Schwur kommt und alle ihren Sparbeitrag bringen müssen.

Nußbaum ist schon lange der Meinung, dass noch nicht alle Pölsterchen in den Fachressorts abgespeckt und längst nicht alle Wünsche der Kollegen für den gerade beratenen Doppelhaushalt 2014/2015 berechtigt sind.

Dass Berlin nun laut Zensus 180.000 Einwohner weniger hat, deswegen pro Jahr 470 Millionen Euro weniger aus dem Länderfinanzausgleich erhält und auch noch Geld für 2011 und 2012 zurückzahlen muss, bringt mächtigen Druck in die Haushaltsberatungen. „Wir werden dem nicht tatenlos zusehen“, sagte Nußbaum, „auch im laufenden Haushalt nicht.“

„Kreatives Brainstorming“ jetzt nötig

Sparvorgaben hat die Regierung noch nicht verkündet. Nußbaum sprach von einem „kreativen Brainstorming“, das jetzt nötig sei. Immerhin hat der Senat sich auf einen Handlungsrahmen verständigt, den Nußbaum vorstellte. Demnach beträgt das Defizit im Haushalt 2013 gegenüber den Annahmen 446 Millionen Euro.

Hier haben Nußbaums Beamte die geschrumpften Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich, mitsamt der Rückzahlung 940 Millionen – mit den üppiger als geplant sprudelnden Steuereinnahmen (494 Millionen) verrechnet. 2013 ergibt die Kalkulation eine Lücke von 374 Millionen und 2015 von 345 Millionen Euro.

Mit dem Statusbericht zum Stand des Haushalts zum 30. Juni will der Senat dann entscheiden, wo für dieses Jahr Sparpotenziale liegen oder Einnahmen zu erhöhen sind. Nußbaum sagte, allein aus den Zinsausgaben, die niedriger als erwartet ausfallen, ließen sich 100 Millionen oder mehr beisteuern, um das Loch zu stopfen. Auch die von Investoren vorzeitig zurückgezahlten Wohnungsbaudarlehen könnten 40 bis 60 Millionen bringen. „Das wird bei den Kollegen ähnlich laufen“, sagte der Senator. Sollte das Loch aber nicht aus den Beiträgen der Ressorts geschlossen werden können, werde es in der zweiten Jahreshälfte „haushaltswirtschaftliche Steuerungsmaßnahmen“, also eine Haushaltssperre, geben. Dann dürfen die Behörden nur noch gesetzlich oder vertraglich festgelegte Ausgaben tätigen.

Nußbaum erläuterte, warum es nicht sofort eine Haushaltssperre gebe. Das wäre reine Willkür und würde auch für die Stadt wichtige oder für den Haushalt günstige Vorhaben treffen. Mir dem nun gewählten Verfahren sei es möglich, differenziert zu diskutieren und politische Prioritäten zu setzen.

Neuer Haushalt wird überprüft

Auch der auf Senatsseite schon fast festgezurrte Haushaltsplanentwurf 2014/2015 wird wieder aufgeschnürt. Es werde eine „zweite Revision“ auf der Ausgabenseite geben, sagte Nußbaum. Man werde auch die einzelnen Projekte durchgehen und eine politische Verständigung suchen, ob man sie macht oder nicht. Damit bezog sich der Finanzsenator auf koalitionsintern umstrittene Vorhaben wie Landesbibliothek, Internationale Gartenausstellung, höhere Beamtenbesoldung, ICC-Sanierung sowie die Vorhaben zur Rekommunalisierung von Wasser oder Stromnetz. Ob der Senat wie geplant am 18. Juni seinen Entwurf beschließen kann, blieb offen.

Der Finanzsenator machte aber auch deutlich, dass er in jedem Fall die Einnahmen des Landes erhöhen will. Im Falle der City Tax, der Abgabe für Touristen, die schwer umstritten ist, gebe es keinen Grund mehr, zu zögern. Nußbaum nannte explizit auch die Grunderwerbsteuer, die bereits 2012 erhöht worden war. Im Gegenzug, so deutete er an, ließen sich vielleicht die im Lande Berlin besonders hohen Maklergebühren senken, sodass Käufer gar nicht stärker belastet würden.

Die Opposition hat nach den Worten der Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop nun die Sorge, dass der Senat mit einer „Blut, Schweiß und Tränen“-Rhetorik Panik schüre, um alle Forderungen nach Geld abzuschmettern. Pop forderte umgehend eine neue Finanzplanung: „Die Folgen des Zensus für den Berliner Haushalt gehören nicht in die Hinterzimmer der Koalition, sondern in die parlamentarische Haushaltsberatung.“