Das Ringen um das Geld für die kommenden beiden Jahre ist schon bisher nicht einfach für Berlins Senatoren und Abgeordnete gewesen. Aber nachdem die Volkszählung der Hauptstadt fast 180.000 im föderalen Finanzausgleichssystem lukrative Einwohner gestrichen hat, schauen die Landespolitiker in tiefe Löcher. Viele Wünsche und Projekte stehen nun wieder infrage. Und die unterschiedlichen Meinungen zwischen SPD und CDU treten stärker hervor.
2013 muss Berlin nach Berechnungen des Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) 940 Millionen Euro aufbringen, um zu viel kassierte Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich für die Jahre 2011 und 2012 zurückzuzahlen und sich auch für 2013 gegenüber den anderen Bundesländern ehrlich zu machen.
Das Finanzloch wächst trotz Steuereinnahmen von geplanten 485 Millionen auf 1,13 Milliarden Euro. Das dürfte nur durch höhere Schuldenaufnahme in einem Nachtragshaushalt zu stemmen sein. 2020 könnte das Haushaltsloch in dem Jahresetat von 22 Milliarden Euro bis auf drei Milliarden Euro aufreißen, wenn die Steuereinnahmen langsamer wachsen als vom Senat geplant. Selbst bei einem Wachstum von 2,3 Prozent pro Jahr bliebe nach derzeitigem Stand ein Minus von fast einer Milliarde Euro 2020 übrig.
„Vor diesem Hintergrund wird es vor allem darum gehen, den Zustand zu halten“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Gemeinsam mit seinem CDU-Kollegen Florian Graf betonte er am Montag, eine „harte Ausgabenlinie“ des Senats unterstützen zu wollen. Das heißt jedoch nicht, dass sich SPD und CDU einig wären.
Personalkosten
Die CDU will Berlins Beamten die Gehälter um 3,45 Prozent anheben. Für die SPD gelten 2,5 Prozent als Schmerzgrenze. Denn die Personalkosten waren eine wichtige Sparbüchse, aus der Berlin im vergangenen Jahrzehnt den Haushalt konsolidieren konnte. Bei aktuell 6,9 Milliarden Euro Personalkosten für Beamte und Angestellte würde ein Lohnplus von zwei Prozent diesen Kostenblock 2020 bis auf 7,9 Milliarden Euro aufblähen. Die CDU-Vorstellungen würden zu einem Anstieg von zwei Milliarden Euro führen, warnt die SPD. Wahrscheinlich ist ein Kompromiss bei der Gehaltserhöhung für die Beamten. Gleichzeitig steigt aber der Druck, die Verwaltung endlich effizienter zu organisieren.
Wohnungsbau
Zur Haushaltssanierung der vergangenen Jahre hat die von Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin gekappte Wohnungsbauförderung den größten Teil beigetragen. Jetzt will die Koalition wieder in die Finanzierung von Wohnungsbau einsteigen, zunächst mit einem bis 2017 auf 320 Millionen Euro anwachsenden Fonds, aus dem Mieten subventioniert werden sollen. Dass hier gekürzt wird, ist eher unwahrscheinlich.
Problemschulen
Berlin hat in den vergangenen Jahren seine Ausgaben für Schulen zwar erhöht, aber weniger stark, als es andere Länder getan haben. Das Sonderprogramm für Problemschulen über 15 Millionen Euro soll nun da wirken, wo die Bildungsnot am größten ist. Tendenz: Das Programm bleibt. Und angesichts voraussichtlich steigender Schülerzahlen sind Einsparungen an den Schulen kaum vorstellbar.
Kitas
Hier setzte Berlin den wichtigsten Schwerpunkt der vergangenen Jahre, die Ausgaben liegen 30 Prozent höher als 2001. Der Ausbau soll weitergehen, auch ein Sanierungsprogramm für Kitas über zehn Millionen Euro ist beschlossen. Die gute Kinderbetreuung gilt als Standortvorteil Berlins. Das ist wohl die „Attraktivität der Stadt“, in die die beiden Fraktionschefs weiter investieren wollen.
Hochschulen
Berlins Universitäten warnen bereits jetzt vor einem Abbau von Tausenden von Studienplätzen für Erstsemester, weil der Senat für die nächsten Jahre bis 2017 nicht die geforderten 147 Millionen Euro zusätzlich bewilligen will. Diese seien notwendig, um die in jedem Fall steigenden Kosten zu decken und das Niveau zu halten. Wie zu hören ist, hat der Finanzsenator nur ein Plus von 100 Millionen Euro zugesagt. Hier wird es nicht mehr Geld geben.
ICC, Landesbibliothek, Tegel
Die riesigen Investitionsprojekte fallen vielen Politikern als Erstes ein, wenn Opfer gebracht werden sollen. Sie sollen 200 beziehungsweise 270 Millionen Euro kosten, der Ausbau Tegels zum High-Tech-Park 600 Millionen. Auch die Landesbibliothek in Tempelhof möchte zumindest die CDU sofort streichen. Laut „BZ“ hält der Senat jedoch am Neubau der Bibliothek fest. Bis Jahresende soll der Wettbewerbssieger gekürt sein und der Spatenstich 2014 erfolgen. Für das ICC ist gerade ein Verfahren angelaufen, um neue Nutzungen auszuloten. Das Problem dabei ist nur, dass der Verzicht nur einen Einmaleffekt bringt. Außerdem gäbe es aktuell keine Einsparungen, weil die Projekte noch nicht oder nur mit kleinen Summen in den aktuell diskutierten Etats auftauchen.
Wasserbetriebe, Stadtwerke, Stromnetz
Die SPD hat zu den Themen Rekommunalisierung des Stromnetzes, Aufbau eines Stadtwerkes und Rückkauf des Restes der Wasserbetriebe von Veolia eine fundamental andere Haltung als die CDU. Aus Sicht der Union sind diese Vorhaben vor allem Kostenfaktoren, die nun neu zu bewerten sind. Die SPD, vor allem in der Fraktion, wirbt nach den Worten des Fraktionschefs Saleh dafür, die „Rekommunalisierung auch als Chance für Mehreinnahmen zu betrachten“. Mittelfristig bleibe Berlin keine Wahl, als seine sonstigen Einnahmen, also neben Steuereinnahmen und dem Länderfinanzausgleich und Bundeszuweisungen, zu erhöhen. Ihr Argument: Die Unternehmen könnten auch den Preis für einen Rückkauf langfristig aus den eigenen Einnahmen aufbringen. Investitionen in Unternehmensbeteiligungen würden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet. Die CDU betont hingegen die Risiken, die solche Engagements mit sich bringen.