Kulturausschuss

Wie die East Side Gallery gerettet werden könnte

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Stefan Kirschner

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Der Kulturausschuss diskutierte über die Zukunft der East Side Gallery. Ein Vorschlag: Die Stiftung Berliner Mauer könnte sich um das Teilstück kümmern. Dazu wäre aber mehr Geld nötig.

Selten ist der Kulturausschuss so aktuell wie an diesem Montag, als es um die „Verunstaltung an der East Side Gallery“ ging. Die CDU-Fraktion hatte diesen Tagesordnungspunkt beantragt, die Grünen schlossen sich an. Schließlich war ihr Bezirksbürgermeister Franz Schulz in den vergangenen Tagen für seine Rolle beim nach Protesten gestoppten Teilabriss des weltweit bekannten Mauerdenkmals heftig gescholten worden.

Der Landeskonservator war ebenso anwesend wie Vertreter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Gallery und der Polizei. Es ging auch darum, möglichst unbeschadet aus der Anhörung herauszukommen. Denn dass einiges schief gelaufen ist in den vergangenen 20 Jahren – so alt sind die Pläne zur Bebauung des früheren Todesstreifens, die 1992 von Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) initiiert und später von seinem Nachfolger Peter Strieder (SPD) forciert wurden – war stiller Konsens.

Während die Schuldfrage erwartungsgemäß nicht abschließend geklärt werden konnte, soll es bald einen verlässlichen Ansprechpartner für die Open-Air-Galerie geben: Die Stiftung Berliner Mauer könnte sich künftig um die East Side Gallery kümmern. Einen entsprechenden Vorschlag unterbreitete Brigitte Lange (SPD). Stefan Schlede von der CDU bezeichnete das als „sinnvolle Sache“, und auch Kulturstaatssekretär André Schmitz, der dem Mauer-Stiftungsrat vorsitzt, gefiel der Gedanke. Schmitz vertrat in der Sitzung den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der die Rettung der East Side Gallery zur Chefsache erklärt habe, sich dann aber entschuldigen ließ, wie Sabine Bangert (Grüne) bemängelte.

Ohne zusätzliches Geld kann sich die Stiftung nicht kümmern

Zur Stiftung Berliner Mauer, an der neben dem Land auch der Bund beteiligt ist, gehören bislang die Gedenkstätte Bernauer Straße und die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Ohne zusätzliche Mittel, das machte Schmitz gleich deutlich, könne sich die Stiftung allerdings nicht um die East Side Gallery kümmern. Es geht da um ganz profane Dinge wie eine bessere Beleuchtung, eine regelmäßige Reinigung beziehungsweise Graffiti-Beseitigung, eine Verbreiterung des Bürgersteigs und das Problem der Parkplätze. Die Mauerstiftung könnte davon profitieren, dass sie neue Zielgruppen erreicht, eben Menschen, die nicht unbedingt eine Gedenkstätte ansteuern würden, aber nicht abgeneigt sind, mehr über die Berliner Teilung zu erfahren.

Die East Side Gallery im Stadtteil Friedrichshain war nach dem Fall der Mauer als längster Rest der Grenzanlagen zwischen Ost und West erhalten worden. 118 Künstler aus 21 Ländern der Welt bemalten die Betonblöcke mit riesigen Wandbildern. „Die East Side Gallery ist ein wichtiger Erinnerungsort an die Teilung Berlins. Immer noch gibt es kein Konzept für ihren dauerhaften Erhalt“, kritisierte die Grünen-Kulturpolitikerin Sabine Bangert.

Anfang März hatte ein neuer Durchbruch an dem insgesamt 1,3 Kilometer langen Mauerstück für massive Proteste und internationale Kritik gesorgt. Am runden Tisch mit den Beteiligten setzte sich Wowereit für einen Kompromiss ein. Danach könnte statt der neuen Lücke ein bereits bestehender Durchbruch erweitert werden. Die Pläne werden derzeit geprüft. Ursprünglich war eine neue, 22 Meter breite Öffnung vorgesehen, um ein zwischen Mauer und Spree geplantes Hochhaus zu erschließen und einen Fußgänger- und Radlersteg über den Fluss zu bauen. Diese Brücke hatten Bürger bei einem Volksentscheid mit großer Mehrheit beschlossen.

Kompromiss ist für Denkmalschutz „gewaltiger Fortschritt“

Katrin Schmidberger (Grüne) nannte den Kompromiss „Scheinlösung“. Die zwei derzeit noch geplanten Projekte, ein „63 Meter hohes Haus und ein 114 Meter breiter Gebäuderiegel“, bezeichnete sie als „massive Einschränkung des Denkmals“. Bezirksbürgermeister Franz Schulz räumte ein, dass die Senatsverwaltung durch Ausgleichsgrundstücke dazu beigetragen habe, dass zehn in der ursprünglichen Planung vorgesehen Stadthäuser (einschließlich der zur Erschließung notwenigen Mauerdurchbrüche) nicht realisiert werden. Aber der Verwirklichung des vom Bezirk gewünschten Mauerparks ganz ohne Bebauung stehen die beiden Projekte im Weg. Die Investoren dürfte es freuen, dass viel Grün die Häuser umgibt.

Als „gewaltigen Fortschritt“ bezeichnete Berlins oberster Denkmalschützer Jörg Haspel den angestrebten Kompromiss. Weitere Mauerdurchbrüche lehnte er ab. Schon 2006 war beim Bau der Veranstaltungshalle O2 World ein rund 40 Meter breites Stück der Mauer versetzt worden. Einen „Sündenfall“ nannte das Wolfgang Brauer (Die Linke).