In keinem deutschen Bundesland sehen die Bürger ihre Regierung so kritisch wie in Berlin. Das geht aus dem aktuellen Berlin-Trend hervor.
Der Berliner Senat aus SPD und CDU hat noch einmal massiv Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Hatten sich im September 2012 noch 32 Prozent mit der Arbeit des Berliner Senats zufrieden gezeigt, sind es Anfang Dezember nur noch 26 Prozent.
In keinem deutschen Bundesland sehen die Bürger ihre Regierung so kritisch, auch die Bundesregierung genießt ein deutlich höheres Ansehen als die Berliner Senatsmannschaft. 70 Prozent sind mit dem Senat weniger oder gar nicht zufrieden, acht Prozentpunkte mehr als im September.
Das ist das Ergebnis des Berlin-Trends der Berliner Morgenpost und der RBB-„Abendschau“. Infratest dimap befragte dafür zwischen dem 30. November und dem 3. Dezember 2012 insgesamt 1000 wahlberechtigte Berliner am Telefon.
Die rot-schwarze Koalitionsregierung unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und dem Innensenator Frank Henkel (CDU) hat seit ihrem Amtsantritt deutlich an Zustimmung verloren. Im April zeigten sich noch 43 Prozent der im Berlin-Trend befragten Bürger zufrieden mit dem Senat. Seither hat dieser Wert um 17 Prozentpunkte nachgegeben.
Erst dreimal so schlechte Umfragewerte in Berlin registriert
Eine vergleichbar hohe Unzufriedenheit mit der Landesregierung hat Infratest dimap in den vergangenen Jahren erst in drei Perioden beobachtet. Ende der 90er-Jahre in der Endphase der damaligen großen Koalition aus CDU und SPD waren ebenfalls mehr als zwei Drittel der Berliner unzufrieden mit ihrer Regierung.
Noch negativer war das Bild im Jahr 2003, als die SPD das erste Mal mit den Linken regierte. Damals war aber die Zeit der großen Einsparungen, die für erhebliche Proteste gegen die Senatspolitik sorgten. Sehr schlecht angesehen war die Regierung auch Anfang 2007, als das zweite rot-rote Kabinett am Anfang seines Wirkens stand und in den Augen vieler Bürger sich selbst blockierte.
Mit nur einem guten Viertel zufriedener Bürger liegt Berlins Landesregierung weit hinten unter den Bundesländern, in denen die Meinungsforscher die Zufriedenheit abgefragt haben. Brandenburgs rot-rote Regierung bewertet zum Beispiel jeder zweite Bürger positiv. Die Spitzenwerte fahren mit Zustimmung von mehr als 60 Prozent die SPD-Regierung in Hamburg und das grün-rote Kabinett in Baden-Württemberg ein.
Ziemlich negativ, aber deutlich positiver als in Berlin, haben die Menschen bei den letzten Infratest-dimap-Umfragen in Thüringen (CDU und SPD, 39 Prozent) und Hessen (CDU und FDP, 33 Prozent) ihre Regierungen bewertet.
Skepsis überwiegt auch im Lager der CDU
Dass die Anhänger der Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten ebenso wie die Nichtwähler die Arbeit des Senats mit großer Mehrheit negativ beurteilen, überrascht wenig. Bemerkenswert jedoch ist, dass die Skepsis auch im Lager der CDU deutlich überwiegt. Fast zwei Drittel (63 Prozent) aller CDU-Anhänger sind nicht zufrieden mit der Arbeit des Senats, nur 36 Prozent geben das Gegenteil an. Unter SPD-Sympathisanten ist immerhin knapp die Hälfte (49 Prozent) zufrieden mit dem Senat, 47 Prozent sind es nicht.
CDU liegt im Berlin-Trend wieder vor der SPD

Die mangelnde Zufriedenheit mit der Senatspolitik insgesamt schlägt sich jedoch nicht in gleicher Schärfe in den Umfragewerten nieder. Die SPD verlor im Vergleich zum September zwei Prozentpunkte und kommt noch auf 25 Prozent. Vor allem im Westen verlor die Partei Klaus Wowereits mit minus vier Punkten an Boden. Dort sind CDU und auch die Grünen an der SPD vorbeigezogen.
Die Union liegt stadtweit unverändert bei 26 Prozent und ist damit im Moment stärkste politische Kraft der Stadt. Zuletzt lag die CDU im März 2010 vor der SPD. Die Grünen erreichen 20 Prozent (plus eins). Die Linke legt zwei Punkte zu und erreicht 14 Prozent. Die Piraten geben einen weiteren Punkt ab und erreichen nur noch sieben Prozent. Damit haben die Piraten seit April, als 14 Prozent die Partei wählen wollten, die Hälfte ihrer Sympathisanten verloren.
Insgesamt hat sich die Stimmung in Berlin eingetrübt. Nur noch gut jeder dritte Hauptstädter findet, die Zustände in Berlin gäben eher Anlass zur Zuversicht. Im September 2011, als diese Frage im Berlin-Trend zuletzt gestellt wurde, waren noch 40 Prozent optimistisch. Anlass zur Beunruhigung empfinden inzwischen 57 Prozent der Berliner, das sind sechs Prozentpunkte mehr als vor knapp eineinhalb Jahren.