Gelächter gab am Montagabend um Punkt 20.04 Uhr auf dem SPD-Parteitag im Leonardo-Hotel in Mitte. Da nämlich kam das Signal, dass die CDU schon fertig sei und den Koalitionsvertrag ohne Aussprache mit 298-Ja-Stimmen gebilligt hatte. Einstimmig. Da hatten die Sozialdemokraten noch 13 Wortmeldungen auf der Liste. „Das ist bezeichnend“, sagte eine Rednerin. Waren doch SPD und CDU in den Tagen zuvor nicht müde geworden, ihre Gemeinsamkeiten zu betonen. Doch im entscheidenden Moment zeigten die Parteien, wie unterschiedlich sie wichtige Entscheidungen mitunter zu treffen pflegen. Denn während die Genossen noch ausgiebig das neue Vertragswerk in zäher Debatte erörterten, schwang sich der künftige Koalitionspartner im Konrad-Adenauer-Haus schon wieder kollektiv in die Mäntel. Immerhin: Am Ende sprachen sich 79 Prozent der SPD-Delegierten für die Koalition aus. Zumindest doch noch eine Gemeinsamkeit an diesem Abend.
Zuvor hatte Klaus Wowereit (SPD) eine eher verhaltene Rede gehalten, der Regierende Bürgermeister wirkte irgendwie lustlos: „Koalitionsbildungen sind nicht nur Wunschangelegenheiten, da geht es nicht um Bequemlichkeit.“ Stimmung unter den Delegierten kam nur auf, als Wowereit den Kampf der SPD gegen Rechts betonte und sich auf die Fahne schrieb, die CDU in den Koalitionsvertrag zu einer Initiative zum NPD-Verbot gebracht zu haben, und zwar schon vor den „erschütternden Nachrichten“ zur rechten Mordserie. SPD-Chef Michael Müller bemühte sich unterdessen, skeptischen Genossen die Einigungen mit der CDU schmackhaft zu machen. Es gebe eine große Kontinuität zur Arbeit der „erfolgreichen rot-roten Koalition“, sagte er. Als Beispiel nannte er die Finanzpolitik, in der der Konsolidierungskurs fortgesetzt werde.
SPD: Nur wenig Kritik
Die Kritik aus den Reihen der 227 Delegierten hielt sich in Grenzen. Einer verwies auf das eher schwache Wahlergebnis und kritisierte eine Inhaltsleere im Wahlkampf. Beim Thema Wohnen und Mieten sei noch „viel nachzusteuern“. Auch die Gleichstellung von rechts- und Linksterrorismus störte einige Delegierte. Die Landeschefin der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF), die Bundestagsabgeordnete Eva Högl, lobte das Kapitel zur Frauen- und Gleichstellungspolitik. Das sei nahezu 100 Prozent SPD. Die Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert sagte, es dürfe nicht sein, dass eine Große Koalition das Signal für die Zukunft sei. Die SPD müsse die Unterschiede zur Union deutlich machen.
Bei der CDU war die Laune so beschwingt, dass die Christdemokraten zu singen anfingen. Ganz spontan und gar nicht mal unmusikalisch, sondern fröhlich und laut erklang ein Ständchen für zwei Delegierte, die Geburtstag feierten. Und mit den Gratulationen ging es weiter. Generalsekretär Hermann Gröhe beglückwünschte die Hauptstadt für ihre neue Landesregierung, Henkel zu seinem Wahlsieg und der Regierungspartei CDU zu den wichtigen ergatterten Senatsposten Wirtschaft und innere Sicherheit. Neben dem allgemeinen Schulterklopfen durfte in keiner Rede der ein oder andere Seitenhieb auf die Grünen fehlen. „Aus der Dagegen-Partei ist eine Jeder-gegen-Jeden-Partei geworden“, sagte Gröhe.
CDU-Chef: „Nichts zu machen“
CDU-Landeschef und Innensenator in spe Frank Henkel, der ganz in sich zu ruhen schien, gab sich immerhin noch Mühe, seinen Parteifreunden die paar Kröten schmackhaft zu machen, die die CDU von der SPD zu schlucken bekommen hatte. Er nannte das Scheitern der Bemühungen um eine Verbeamtung von Lehrern und um einen verpflichtenden Religionsunterricht. „Hier war, meine lieben Freunde, einfach nichts zu machen.“
Die beiden CDU-Jubilare sollten ihren Geburtstagsabend trotzdem noch genießen können. Ohne eine Wortmeldung war die Zustimmung nach nur eineinhalb Stunden unter Dach und Fach. Die Mikrofone in den Gängen zwischen den Stuhlreihen der Delegierten konnten unbenutzt wieder abgebaut werden. Am Ende ging es so schnell, dass die CDU-Delegierten sogar vergaßen, die sonst zum Schluss übliche Nationalhymne anzustimmen.