Die geplante rot-schwarze Koalition in Berlin will sich für ein Verbot der rechtsextremen NPD einsetzen. Zugleich sollten Programme gegen den Rechtsextremismus weitergeführt werden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU.
Die Sozialdemokraten hatten bereits zuvor mehrfach ein NPD-Verbot gefordert. Wowereit hält es für inakzeptabel, „dass eine Partei mit menschenverachtender Ideologie an Wahlen teilnimmt und mit der Wahlkampfkostenerstattung noch finanziell belohnt wird“. Ein erster Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 gescheitert. Nach Darstellung Wowereits lehnt die künftige Berliner Koalition „Extremismus jedweder Art“ ab.
Ansonsten war es ein Versprecher, der das Neue und ursprünglich nicht Gewollte noch einmal offenbarte. „Das Werk ist vollbracht“, hob Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit an. „Der Koalitionsvertrag zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Christlich-Sozialen Union....“. Der Rest ging im Gelächter der gut 30 Journalisten und seines künftigen Koalitionspartners Frank Henkel unter.
Der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende nahm die Verwechslung mit der Schwesterpartei CSU mit Humor. „Wie der Regierende Bürgermeister schon gesagt hat, wir müssen uns noch aneinander gewöhnen.“ „Frank Henkel hat doch betont, wie wichtig ihm alles Soziale ist“, versuchte Wowereit den Versprecher auszubügeln.
Der 58-jährige Regierungschef und sein zehn Jahre jüngerer künftiger Innensenator sahen wenige Stunden nach zehnstündigen Verhandlungen bis in den frühen Morgen erstaunlich frisch aus. Henkel, der am Mittwoch 48 Jahre alt wurde, meinte leicht gequält: „Was gibt es Schöneres, als den Geburtstag in langen Nachtverhandlungen zu verbringen?“
Für Wowereit und die Berliner Sozialdemokraten fühlt es sich in der Tat noch ungewohnt an, künftig mit der konservativen CDU und nicht mehr mit den Linken zu regieren. Erleichtert wird dies jedoch sichtbar durch die Chemie, die zwischen den beiden Frontmännern stimmt. Wowereit und Henkel gehen ebenso respekt- wie humorvoll miteinander um, ohne sich zu düpieren.
Vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September war die CDU für die SPD dagegen nicht mehr als eine theoretische Option. Damit konnte man den Wunschpartner Grüne unter Druck setzen. Doch dann zerplatzte der rot-grüne Regierungstraum hart an einem 3,2 Kilometer langen Autobahnteilstück. Danach zerlegten sich die Grünen in einem verbissenen fraktionsinternen Machtkampf zwischen dem Linken- und dem Realo-Flügel, der an ihrer Regierungsfähigkeit zweifeln lässt.
Daran erinnerte Wowereit zum Schluss der Pressekonferenz. Angesichts der Entwicklung bei den Grünen frage er sich, „mit welchem Konfliktpotenzial und welcher Instabilität“ diese Koalitionsvereinbarung zustande gekommen wäre, wenn überhaupt. „Das ist ein Hinweis, dass es richtig war, diesen Weg zu gehen und nicht den anderen“, bestätigte der SPD-Regierungschef sich selbst.
Denn viele Sozis hatten nach dem Scheitern von Rot-Grün arge Bauchschmerzen. Zu tief sitzt noch die Erfahrung der Koalition mit der CDU, in der die SPD als kleinerer Partner in den 1990er Jahren auf zuletzt gut 22 Prozent zusammengeschmolzen war. Doch nun muss sich die CDU wappnen, als Juniorpartner diese Erfahrung zu machen. Auch die Linke halbierte sich in den zehn Jahren ihrer Regierungsbeteiligung von 22,6 Prozent 2001 auf 11,7 Prozent in diesem Jahr.
Und der Koalitionsvertrag trägt deutlich mehr sozial- als christdemokratische Handschrift. So bescherte die CDU dem Regierenden Bürgermeister seine beiden Lieblingsprojekte: Neubauten für die Landes- und Zentralbibliothek und wahrscheinlich auch für eine Kunsthalle für zeitgenössische Kunst. Die SPD setzte durch, dass der Ethikunterricht in Berlin Pflicht und der Religionsunterricht freiwillige Kür bleibt. Die von Rot-Rot angeschobene Schulreform mit einem zweigliedrigen System Oberschule/Gymnasium bleibt unangetastet, Kitas und Hochschulen sind weiterhin gebührenfrei, neue Lehrer werden nicht verbeamtet.
Zur Verbesserung der Einnahmen des hoch verschuldeten Landes soll die Grunderwerbssteuer um 0,5 Punkte auf 5,0 Prozent 2012 angehoben werden. Eine neue City-Tax für Touristen wird 2013 eingeführt. All das wollte die CDU ursprünglich nicht. Die Christdemokraten verhinderten dagegen wunschgemäß zu viel Landeseinfluss bei der S-Bahn und bei der Gas- und Energieversorgung. Auch im Wohnungsbau sicherte sie Investoren Beteiligungen und den Gymnasien eine Bestandsgarantie. Es kommen mehr Polizisten auf die Straße und sie können ihre Identität hinter rotierenden Nummern besser verstecken.
Bei den Namenschildern für Polizisten konnte die CDU ihre Vorstellungen teilweise umsetzen. In Berlin soll ein rotierendes Verfahren für die Nummern eingeführt werden, die Polizisten alternativ zum Namen tragen können. Das bisherige System der Namen oder festen Nummern, das SPD-Innensenator Ehrhart Körting durchgesetzt hatte, sahen viele Beamte und Polizisten als nicht ausreichend an.