Der nach der Veröffentlichung von Pflege-Missständen entlassenen Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch steht eine Entschädigung von 15.000 Euro vom Bund zu. Dieser hat auf Rechtsmittel gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg verzichtet.
"Die Bundesregierung wird die Große Kammer nicht anrufen“, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums am Freitag. Somit werde die Entscheidung rechtskräftig, wonach die Regierung Heinisch die Entschädigung zahlen muss. Am Freitag lief die dreimonatige Frist aus, in der der Bund gegen das Urteil vorgehen konnte.
Heinisch hatte im Jahr 2004 Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber, den Berliner Krankenhausbetreiber Vivantes, erstattet, weil das Unternehmen zu wenig Personal habe und deshalb nicht in der Lage sei, die Bewohner eines Pflegeheims ausreichend zu versorgen. Daraufhin wurde ihr gekündigt. Die deutschen Gerichte bestätigten die Kündigung.
Im Juli 2011 entschied der Europäische Gerichtshof dann, dass die Meinungsfreiheit der Pflegerin verletzt wurde.
Für den Fall, dass die Regierung auf Rechtsmittel verzichtet, hatte Heinischs Anwalt Benedikt Hopmann angekündigt, eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu beantragen. Ziel wäre es gewesen, die Kündigung für unwirksam zu erklären. Vivantes müsste dann Gehalt und Betriebsrentenansprüche von 2005 bis 2011 nachzahlen. Hopmann war am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der Krankenhausbetreiber Vivantes strebt eine außergerichtliche Einigung mit der entlassenen Altenpflegerin Heinisch an und hat ihr unterdessen 70.000 Euro geboten.