Kurz bevor die Frist für das Bauvorhaben des Riesenrades am Zoo Ende Oktober 2011 endet, haben die Geschäftsanteile an dem einstigen Vorzeigeprojekt noch schnell den Eigentümer gewechselt. Für 12,2 Millionen Euro sind die verbliebenen Vermögenswerte aus der Great Wheel Fondsgesellschaft an die Firma Aurasio verkauft worden, wie die Liquidatorin der Fondsgesellschaft, die DBM Fonds II GmbH mitteilte. Die Summe bildet den kümmerlichen Rest aus dem Riesenradfonds, in den rund 10.000 Anleger zirka 208 Millionen Euro für den Bau gigantischer Aussichtsräder in Berlin, Peking und Orlando eingezahlt hatten.
Der einzig verbliebene echte Wert, der zum Fondsvermögen gehört, ist offenbar das 1,3 Hektar große Grundstück neben dem Zoologischen Garten an der Hertzallee. In einem Schreiben an die Anleger teilt die DBM Fonds mit, dass der Kaufpreis für die Anteile an der Beteiligungsgesellschaft in Berlin sich wie folgt zusammensetzten: Die Anteile am Berliner Projekt werden in Höhe von 12,08 Millionen Euro angesetzt, auf das Projekt in Orlando entfallen 120.000 Euro. Das Projekt in Peking ist demnach sogar nur einen Euro wert. Dieser Erlös soll nun unter den verbliebenen Privatanlegern aufgeteilt werden, die sich nicht schon 2010 mit einer finanziellen Abfindung in Höhe von 60 Prozent ihrer Einlagen aus dem Pleitefonds verabschiedet haben. „Damit bekämen sie lediglich 6,7 Prozent ihrer Einlage zurück“, so die Rechtsanwältin Katja Fohrer von der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen, die etwa 300 geschädigte Anleger vertritt.
Weil die Banken das Produkt nicht richtig geprüft, die Beteiligung als sichere Anlage angeboten und den Anlegern ihre eigenen Provisionen von zum Teil bis zu zwölf Prozent verschwiegen hätten, habe sie rund 150 Schadensersatzklagen beim Landgericht Frankfurt am Main gegen die Deutsche Bank AG wegen der Anlageberatung und gegen die Prospektverantwortliche DBM Fonds Invest GmbH, eine Tochtergesellschaft der zur niederländischen ABN Amro Gruppe gehörenden Delbrück Bethmann Maffei Bank, eingereicht. Ab November werden die Verfahren vor dem Gericht verhandelt. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Gericht die Schadensersatzansprüche anerkennen wird“, erklärte Anwältin Fohrer.
Während die verbliebenen Anleger um ihr Geld bangen, fragen sich die Berliner, wie es nun mit dem Filetgrundstück am Bahnhof Zoo weitergehen soll. Das einstige Wirtschaftshof-Gelände des Zoologischen Gartens war 2006 von der Great Berlin Wheel GmbH für 25 Millionen Euro – und damit weit über dem Verkehrswert – erworben worden.
Das Land Berlin hat vom nächsten Monat an die Möglichkeit, das Areal zurückzukaufen: Im Kaufvertrag von 2006 ist festgeschrieben, dass das Projekt bis 30. Oktober 2011 realisiert sein muss, andernfalls gibt es eine Rückkaufoption. Zwar muss das Land zunächst eine weitere Frist bis Juli 2012 gewähren. Doch dass das Rad sich bis dahin dreht, ist angesichts einer Bauzeit von zwei Jahren ausgeschlossen.
Der Geschäftsführer der Berliner Projektgesellschaft Great Berlin Wheel GmbH & Co KG, Michael Waiser, ist überzeugt, dass die Frist kein Problem für das Projekt darstellt – und das nicht nur weil Berlin den vollen Kaufpreis zurückzahlen müsste. „ Es gab einen Konsensbeschluss zum Bau des Rades, alle haben das Projekt als wichtigen Touristenmagneten begrüßt“, so Waiser. „Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass der Senat auf der Rückabwicklung des Vertrages besteht“, so Waiser. Im bestehenden Bebauungsplan ist zudem das Aussichtsrad festgeschrieben, sodass auf dem Areal nichts anderes gebaut werden darf. Waiser bemüht sich derzeit, die Fremdfinanzierung für das Projekt zusammenzubekommen: „Die Verhandlungen laufen“, sagt er. Mit dem neuen Anteilseigner, der sich nicht mit klagenden Anlegern auseinandersetzen muss, sei dies vermutlich einfacher.