In Berlin-Spandau ist das Trinkwasser mit gesundheitsschädlichen coliformen Keimen verseucht. Rund 200.000 Menschen sind betroffen. Sie müssen ihr Wasser abkochen.
Das Trinkwasser im Bezirk Spandau ist mit gesundheitsschädlichen Keimen belastet. Rund 200.000 Bürger müssen auf eine Warnung der Berliner Wasserbetriebe und der Gesundheitsbehörden hin ihr Wasser vorsichtshalber abkochen, ehe sie es trinken oder zur Zubereitung von Speisen verwenden. Die Warnung gilt bis zum Sonnabend für ein Gebiet nördlich der Heerstraße bis zum Spandauer Forst sowie westlich der Havel bis zur Stadtgrenze nach Falkensee.
Festgestellt worden war die Verunreinigung mit coliformen Bakterien bei Routineproben im Wasserwerk Spandau. Dort seien die gesundheitsgefährdenden Keime nach Tests im Labor der Berliner Wasserbetriebe (BWB) im Rohwasser an der Trinkwasseraufbereitung gefunden worden. Erst nach Durchlaufen der Aufbereitungsanlage fließt das Wasser als Reinwasser in das Versorgungsnetz und damit zum Verbraucher.
Der verunreinigte Behälter ist nach Auskunft der Wasserbetriebe sofort vom Netz abgetrennt und mittlerweile mit Chlor sorgfältig desinfiziert worden. Außerdem seien einige der insgesamt 45 Brunnen des Wasserwerkes Spandau, für die es Verdachtsmomente gab, ebenfalls vorsorglich vom Netz genommen worden. „Das Wasser, was jetzt in die Leitungen fließt, ist unbedenklich“, versicherte BWB-Sprecher André Beck. Durch eine Veränderung der Fließbewegungen des Wassers sei das nun von der Warnung betroffene Gebiet definiert worden. André Beck: „Die Grenzen sind weiträumig gezogen. Außerhalb des bezeichneten Gebietes können Verbraucher das Wasser aus dem Wasserhahn unbesorgt verwenden.“
Beschlossen worden war die Warnmeldung mit dem Abkochgebot von den Wasserbetrieben in Abstimmung mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (Lageso) und dem Gesundheitsamt Spandau. Vertreter der Behörden hatten sich, nachdem gegen 10 Uhr am Donnerstagvormittag Gewissheit über die Keimbelastung herrschte, zu Krisengesprächen zusammengeschaltet. Die in Spandau entdeckten coliformen Bakterien sind nach Auskunft der Experten weit weniger gefährlich als E.Coli-Bakterien, die erst vor kurzem im Potsdamer Trinkwasser entdeckt worden waren. Gerade bei Kindern oder älteren Menschen können sie aber dennoch Durchfall auslösen. „Wir haben, sobald wir informiert waren, sensible Einrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeheime und Kitas in Kenntnis gesetzt“, sagte die derzeit zuständige Spandauer Stadträtin Daniela Kleineidam (SPD). Die Behörden raten grundsätzlich, das Wasser vor Gebrauch 20 Minuten lang auf mindestens 100 Grad zu erhitzen. Das gilt auch für die Verwendung in der Kaffeemaschine oder beim Zähneputzen. Lediglich zum Waschen kann das Nass aus der Leitung unbedenklich verwendet werden, auch Geschirrspülen gilt als ungefährlich.
Bis Sonnabend wird es weitere Untersuchungen am Versorgungsnetz geben. Die Auswertung der entnommenen Proben dauert nach Information des BWB-Sprechers 48 Stunden. Sie sollen die Keimfreiheit des Trinkwassers im betroffenen Gebiet sicherstellen. Unklar ist, woher die Verunreinigung kommt. „Da die Belastungen im Rohwasser noch im Wasserwerk Spandau festgestellt wurden, können wir praktisch ausschließen, dass die Quelle außerhalb des Wasserwerkes liegt“, sagte André Beck. Coliforme Keime signalisieren eine Verschmutzung, die oft im Zusammenhang mit Fäkalien steht.
Mitte Juli war bereits in Potsdam und im Landkreis Barnim eine Belastung des Trinkwassers bekannt geworden. Zwei Wochen wurde die Warnung aufrechterhalten, erst seit Dienstag können dort alle Verbraucher wieder auf das Abkochen des Trinkwassers verzichten. Drei Mäuse und ein Maulwurf in einem Hochbehälter hatten die Hygieneprobleme ausgelöst. Der Trinkwasser- und Abwasserzweckverband Oderaue (Oder-Spree) muss seit Monaten das Trinkwasser chloren. Auch dort waren Keime aufgetreten, die Ursache wurde aber nicht gefunden.