"Haupttreffer gelandet"

Der Kabelbrand traf Berlins empfindliche Stelle

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Markus Falkner und Hans H. Nibbrig
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Kabelbrand war Anschlag

Militante Atomkraft-Gegner haben mit einen Brandanschlag ein Bahn-Datenkabel zerstört - der Bahnverkehr im Berliner Osten brach zusammen, ebenso Mobillfunknetze, Internetverbindungen und die Website der Deutschen Bahn.

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Atomgegner haben mit einem Brandanschlag am Ostkreuz den Bahnverkehr in Berlin lahmgelegt. "Wer maximalen Schaden anrichten will, hat dort einen Haupttreffer gelandet", so ein Insider. An kaum einem anderen Ort verlaufen so viele wichtige Leitunge für Versorgung und Kommunikation oberirdisch.

Nach einem Brandanschlag einer linksautonomen Gruppe auf eine Kabelleitung am S-Bahnhof Ostkreuz ist am Montag der Bahnverkehr in weiten Teilen Berlins und im Osten Brandenburgs zusammengebrochen. Betroffen waren neben zahlreichen S-Bahnen auch der Regional- und Fernverkehr, Zehntausende Pendler warteten am Vormittag vergeblich auf ihre Züge. Auch Telefonnetze und Internetverbindungen brachen zusammen, weil das Feuer neben den Stromleitungen der Bahn Glasfaserkabel zerstört hatte. Am Nachmittag wurde im Internet ein Bekennerschreiben veröffentlicht, daraufhin schaltete sich der Staatsschutz ein. Beamte eines Brandkommissariats hatten zuvor am Tatort Reste einer brennbaren Flüssigkeit entdeckt – vermutlich ein Brandbeschleuniger.

Gegen drei Uhr früh hatte ein Mitarbeiter der S-Bahn-Aufsicht am Markgrafendamm in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Ostkreuz Feuer an einer über die Straße führenden Kabelbrücke entdeckt und die Feuerwehr alarmiert. Die Lösch- und Aufräumarbeiten dauerten bis gegen acht Uhr. Weiträumige Absperrungen ließen in dieser Zeit auch den Straßenverkehr rund um den Bahnhof Ostkreuz nahezu zum Erliegen kommen.

In dem Bekennerschreiben, das der Berliner Morgenpost vorliegt, erläutern die Verfasser detailliert ihre Vorgehensweise, ein Faktor, der nach Einschätzung von Ermittlern eindeutig für die Echtheit des Schreibens spricht. Die Begründungen für das Vorgehen der Täter enthalten die üblichen, teilweise wirren Floskeln. Sie richten sich in einem heillosen Durcheinander gegen Krieg, Atomkraft, Asylgesetzgebung und „kapitalistische Profitgier“. Die Kernaussage dabei: Die Bahn wurde als Ziel des Anschlags ausgewählt, weil sie Atomtechnik, Atommüll und Waffensysteme transportiert. Derartige Zustände seien nicht zu dulden, die Aktion sei ein Haltesignal, schreiben die Verfasser und stellen lapidar fest: „Wir haben die Schnauze voll.“

Bereits im November vergangenen Jahres verübten militante Atomgegner in Neukölln einen Brandanschlag auf die S-Bahn. Ob zwischen beiden Fällen ein Zusammenhang besteht, ist noch unklar. Das Bekennerschreiben zu dem aktuellen Anschlag am Ostkreuz war unterzeichnet mit „Das Grollen des Eyjafjallajökull“ in Anlehnung an den Ausbruch des isländischen Vulkans, der vor etwa einem Jahr wochenlang den Flugverkehr in Teilen Europas weitgehend lahmlegte. „Dass Tätergruppen sich skurrile Namen zulegen, ist in der linksextremen Szene nicht ungewöhnlich, jetzt muss geklärt werden, wer dahintersteckt“, sagte ein Ermittler. Es könne eine neue, bislang noch nicht aufgefallene Gruppe sein, es könnte sich aber auch um „alte Bekannte“ von Staats- und Verfassungsschützern handeln, so der szenekundige Beamte.

Bahnexperten hielten es für unwahrscheinlich, dass die Kabelbrücke am Ostkreuz zufällig ausgewählt worden sei. „Wer maximalen Schaden anrichten will, der hat dort einen Haupttreffer gelandet“, sagte ein Insider zu Morgenpost Online. An kaum einem anderen Ort verlaufen so viele wichtige Versorgungs- und Kommunikationsleitungen oberirdisch. Das Behelfsbauwerk am Markgrafendamm hatte die Bahn eigens errichten lassen, damit eben jene Leitungen durch die lang anhaltenden Bauarbeiten am Ostkreuz nicht beschädigt werden können.

Die Deutsche Bahn verurteilte den Anschlag am Nachmittag scharf. „Er trifft nicht nur unser Unternehmen, sondern ist vor allem eine Zumutung für Hunderttausende unserer Kunden“, sagte Gerd Becht, für die Konzernsicherheit verantwortlicher Vorstand. Die Folgen der Tat müssen auch in den kommenden Tagen noch die Fahrgäste tragen, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte. Mindestens für heute rechnet die Bahn AG noch mit Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr im Osten Berlins. Bis alle Leitungen am Ostkreuz repariert sind, können mehrere Tage vergehen.