Die deutschen Jesuiten haben den Opfern sexueller Gewalt an ihren Schulen nun auch offiziell eine „Anerkennungszahlung“ angeboten. Die Offerte sei am Dienstag zunächst per E-Mail verschickt worden, Briefe sollen in den nächsten Tagen ankommen, sagte Ordenssprecher Thomas Busch in München.
Der Orden nennt das Angebot allerdings nicht Entschädigung, sondern „Anerkennungszahlung“. Das Leid der Opfer könne man finanziell nicht wiedergutmachen, sagte Busch. Die Betroffenen würden auch um Geduld gebeten. Die Umsetzung des Angebots solle in Abstimmung mit der Bischofskonferenz erfolgen.
Ordenssprecher Busch sagte, zuvor seien noch einige sozialrechtliche Modalitäten zu klären. So müsse sichergestellt werden, dass die freiwilligen Zahlungen ohne Abzüge den Empfängern zugute kämen. Über die auf Antrag gewährte Zuwendung solle „so niedrigschwellig und unbürokratisch wie möglich entschieden werden“.
In dem Brief an die Opfer schreibt Provinzial Pater Stefan Kiechle einem Zeitungsbericht zufolge, er wisse, „dass eine solche Summe niemals das angetane Leid entschädigen kann“. Zugleich bittet er sie nochmals um Entschuldigung. Die Übergriffe erfüllten die Jesuiten „mit Scham und Abscheu und Entsetzen“. Der Orden habe „auch institutionell und in seinen Leitungspersonen versagt“.
Die Jesuiten haben bereits vor einem halben Jahr eine mittlere vierstellige pauschale Summe für jedes Missbrauchsopfer vorgeschlagen. Aus den Reihen der Geschädigten wurden dagegen 80.000 Euro als Sühneleistung gefordert. Die 5000 Euro orientieren sich an der Untergrenze dessen, was die österreichischen Bischöfe als Entschädigungszahlungen beschlossen haben. Das dort verwendete Stufenmodell wird in der katholischen Kirche in Deutschland nicht ins Auge gefasst.
Busch sagte, eine Zahlung von insgesamt einer Million Euro sei mit Blick auf die Leistungsfähigkeit seines Ordens ein „schmerzhafter Einschnitt“. Zugleich stellte er in Einzelfällen weitere Hilfen in Aussicht, etwa für benötigte weitere Therapien.
Der Missbrauch in Schulen des Ordens liegt zumeist mehr als 20 Jahre zurück. Öffentlich wurden die sexuellen Übergriffe auf Jungen an der Berliner Jesuitenschule Canisius-Kolleg Mitte Januar 2010. Das löste eine Lawine aus. Immer mehr verjährte Missbrauchsfälle an weiteren Jesuiten-Schulen, in kirchlichen Einrichtungen und auch an anderen Schulen kamen ans Licht. Die damaligen Jesuiten-Opfer sind heute zwischen 40 und 50 Jahre alt. Sie berichten, wie einige ihrer Lehrer ihnen einst beim Duschen zusahen, die Genitalien der Jugendlichen berührten oder sie zum Onanieren zwangen. Einige Schüler hatten den Mut, diese Übergriffe dem Orden zu melden. Doch der versetzte die Täter allenfalls und dachte nicht an Hilfe für die Opfer. Bei vielen Betroffenen blieb ein Gefühl von Wut und Ohnmacht zurück.