In der Debatte um Deutschenfeindlichkeit an Berliner Schulen hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) vor Diskriminierung der deutschen Bevölkerung im eigenen Land gewarnt. Auch Deutschenfeindlichkeit sei Fremdenfeindlichkeit, „ja Rassismus“, sagte die Ministerin der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) . „Denn hier wird jemand diskriminiert, weil er einer bestimmten Ethnie angehört.“ Auch sie selbst sei schon Opfer von Deutschenfeindlichkeit geworden, sagte Schröder. Als sie sich vor ihrer Zeit als Ministerin zum Thema Islam geäußert habe, sei sie mehrmals als „deutsche Schlampe“ beschimpft worden.
Mit Blick auf die Debatte über die Rede von Bundespräsident Christian Wulff ("Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“) sagte Schröder Morgenpost Online, sie wolle nun „die ganz pragmatische Frage nach dem Zusammenleben in Deutschland“ stellen. „Hier gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia. Ein orthodoxes Verständnis des Islam, nach dem dieser die Einheit von Religion und Politik ist, hat in Deutschland nichts zu suchen.“ Diese Haltung würde von vielen aufgeklärten Muslimen geteilt. Die CDU-Politikerin fügt hinzu: „Ob Frauen geschlagen werden dürfen, beantwortet bei uns das Grundgesetz und nicht der Koran. Die bei uns geltenden Menschenrechte stehen über religiösem Recht. Darüber müssen wir nicht debattieren, das müssen wir voraussetzen.“
Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, forderte Schritte gegen Deutschenfeindlichkeit an Berliner Schulen. Diese sei genauso wenig akzeptabel wie jede andere Form von Diskriminierung, sagte Özdemir dem Blatt. Die Schulen müssten auch gegen Familien oder Milieus gegensteuern, wenn dort mit dem Grundgesetz unvereinbare Einstellungen vermittelt würden. Pädagogen und Behörden sollten die Eltern mehr in die Pflicht nehmen.
Anstoß für die Debatte über die Diskriminierung deutschstämmiger Kinder durch Kinder mit Migrationshintergrund war ein Artikel in der Berliner Lehrerzeitung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). In dem Text - der vom November 2009 ist - berichten zwei Lehrer der Hector-Peterson-Oberschule in Berlin-Kreuzberg, dass immer mehr deutsche Kinder von Schülern aus türkisch- und arabischstämmigen Familien gemobbt würden. Auf einer Tagung der GEW zum Thema „Mobbing“ wurde über und auf Basis des Artikels diskutiert - Lehrer berichteten von Fällen , wie sie auch schon in dem ein Jahr alten Stück aus der GEW-Zeitung beschrieben werden
Rose-Marie Seggelke, Vorsitzende der GEW, sieht vorerst keine schnelle Lösung. „Wir arbeiten daran“, sagte sie. Mit Sicherheit müsse es aber an den Schulen mehr Sozialarbeiter, Psychologen und Schulstationen geben, die solche Vorfälle sofort registrieren und eingreifen können. Wichtig seien auch mehr Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, die die Sprache der Schüler sprechen und gegebenenfalls etwa Schimpfworte auch verstehen. Bereits in der Ausbildung sollten angehende Lehrer auf das Problem hingewiesen und dafür sensibilisiert werden.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hatte am Freitag gefordert, dass in Berlin mehr gegen diese Vorfälle getan werden müsse . Und es müsse Deutsch gesprochen werden. Auch andere, vor allem konservative Politiker, sehen in einem konsequent deutschsprachigen Unterricht das richtige Mittel, um das Mobbing deutscher Kinder zu verhindern. Verschiedene Bildungsexperten und Politiker der Berliner Regierungskoalition warnen hingegen davor, Mobbingvorfälle an Berliner Schulen auf einen Konflikt zwischen Deutschen und Zugewanderten zu reduzieren. Sie halten Aggressionen zwischen Schülern für ein soziales Problem.
2009 wurden 78 Fälle von Mobbing in der Schule bei der Berliner Senatsbildungsverwaltung angezeigt - in elf Fällen davon wurden deutsche Schüler von Kinder mit Migrationshintergrund gemobbt, sob Beate Stoffers, Sprecherin der Bildungsverwaltung. Die Berichte über deutschenfeindliche Äußerungen an Berliner Schulen müssten ernst genommen werden, mahnte dagegen Maria Böhmer. Es sei nicht hinnehmbar, wenn Schüler und Lehrer sich deutschfeindliche Äußerungen anhören müssten oder sogar eingeschüchtert würden: „Klar ist: Deutsch ist Schulsprache“. Wenn eine gemeinsame Sprache gesprochen werde, verhindere dies Konflikte, die durch Ausgrenzung oder Missverständnisse entstehen könnten. Schulen mit einem hohen Migrantenanteil dürften aber auch nicht allein gelassen werden, verlangte die Integrationsbeauftragte. „Sie brauchen mehr Geld, mehr Lehrer sowie mehr Zeit, damit sie Ganztagsunterricht anbieten können.“