Wenn Sonntagmittag 40.000 Fußballfans zum Zweitliga-Spiel von Hertha BSC gegen Arminia Bielefeld in das Berliner Olympiastadion kommen, dann dürfen sie sich dafür auch beim Berliner Senat bedanken. Denn Hertha zahlt in dieser Saison keine Miete für das Stadion. Die Stadt Berlin bewahrt den Fußballklub durch großzügiges Entgegenkommen vor finanziellen Engpässen, die den Verein nach dem Abstieg womöglich die Lizenz für den Profifußball gekostet hätten.
Der Senat hat Hertha BSC die Miete für das Stadion gestundet und ihm so de facto einen Millionenkredit gewährt. Schon seit der zweiten Hälfte der vergangenen Saison zahlt der Klub regulär kein Geld mehr für die Nutzung der Spielstätte. Ohne diesen Schritt des Senats hätte Hertha gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund die Voraussetzungen für die Zweite Liga nicht erfüllt.
„Zur Sicherung der Lizenz“ haben die städtische Olympiastadion Berlin GmbH sowie die Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit Hertha BSC „Zahlungs-/Stundungsvereinbarungen geschlossen“, heißt es in einem vertraulichen Papier aus dem Hause des Senators Ehrhart Körting (SPD), das Morgenpost Online vorliegt. Die Forderungen würden jedoch mit einem „wirtschaftlich angemessenen und gleich hoch bleibenden Prozentsatz verzinst“.
Es geht um 2,55 Millionen Euro für die laufende Zweitliga-Saison und eine fast ebenso große Summe aus der Zeit vor dem Abstieg. Hertha muss pro Zweitliga-Spiel eigentlich 150.000 Euro Miete entrichten. In der Ersten Liga wurden 182.000 Euro verlangt, bei mehr als 50.000 Zuschauern kam ein Aufschlag von 75.000 Euro hinzu. Bei 17 Heimspielen bedeutet somit der Abstieg der Blau-Weißen für die Olympiastadion GmbH regulär den Ausfall von einer Million Euro Mieteinnahmen.
Derzeit ist Hertha dabei, die aus der vergangenen Saison gestundeten Summen plangemäß zurückzuzahlen. Noch seien aber eine Million Euro aus der Spielzeit 2009/2010 zu entrichten, hieß es. Auch die in der aktuellen Saison auflaufenden Schulden von 2,55 Millionen Euro muss der Klub später an die Olympiastadion GmbH überweisen. Wie zu hören war, beträgt der geforderte Zinssatz fünf Prozent.
Auch für Berlin die "wirtschaftlichste Variante"
Herthas Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller bestätigte auf Anfrage die Stundung der Stadionmiete, wollte aber zu vertraglichen Details keine Angaben machen. Er verwies zugleich auf die schwierige finanzielle Situation des Klubs. Der Umsatz habe sich durch den Abstieg halbiert. Hertha habe jedoch nicht die Absicht, die Höhe der Miete für das Stadion neu mit dem Senat zu verhandeln. Die derzeitig gültigen Tarife waren 2006 vereinbart worden. Damals wurden die Mieten für Spiele der Bundesliga und der Champions League leicht gesenkt, für die damals weit weg erscheinende Zweite Liga jedoch sogar angehoben. Angesichts der gesenkten Einrittspreise erscheinen die 150.000 Euro Miete pro Zweitliga-Spiel Kennern der Materie ziemlich hoch.
Eine Sprecherin von Sportsenator Körting sagte, für Berlin sei das Entgegenkommen und die Mietstundung immer noch „die wirtschaftlichste Variante“ Denn für die Stadt wäre ein Lizenzentzug Herthas auch wirtschaftlich ein schwerer Schlag gewesen. Ein Regionalligist Hertha BSC hätte schwerlich im Olympiastadion spielen, geschweige denn eine entsprechende Miete bezahlen können.
Für die Olympiastadion GmbH ist Hertha der wichtigste Mieter, der sportliche und wirtschaftliche Erfolg des Klubs habe „wesentlichen Einfluss auf die Lage der Gesellschaft“, wie es im Lagebericht der GmbH heißt. Trotz der Stundung und damit des Ausfalls der regelmäßigen Einnahmen sei die Liquidität der Gesellschaft jedoch „nicht gefährdet“, schreibt Senator Körting. Die Pacht, die das Olympiastadion je nach Umsatz und erzielten Gewinnen an das Land Berlin abführe, werde sich angesichts der neuen Lage jedoch „voraussichtlich verringern“. Eingeplant als Einnahmen aus diesem Posten waren im Haushaltsplan 2010 1,12 Millionen Euro.