Insolvenz

Finanzierer wollen Air Berlin helfen

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Dominik Bath
Eine Propellermaschine aus der Flotte der insolventen Luftfahrtgesellschaft Air Berlin

Eine Propellermaschine aus der Flotte der insolventen Luftfahrtgesellschaft Air Berlin

Foto: dpa Picture-Alliance / Ralf Hirschberger / picture alliance / Ralf Hirschbe

Air Berlin benötigt bei einem möglichen Prozess gegen die Golf-Airline Etihad finanzielle Hilfe. Dabei könnte es um Milliarden gehen.

Berlin. Prozesskostenfinanzierer wittern bei einer möglichen Schadenersatzklage von Air Berlin gegen den früheren Anteilseigner Etihad offenbar gute Geschäfte. Zehn Unternehmen haben bislang bei Air-Berlin-Insolvenzverwalter Lucas Flöther Interesse bekundet, im Falle eines Verfahrens, die Prozesskosten übernehmen zu wollen. Unter den Interessenten befinden sich nach Informationen der Berliner Morgenpost auch namhafte Prozessfinanzierer wie Legial (Ergo) und Foris. Der Finanzierer aus Bonn habe bereits entsprechende Unterlagen gesichtet, sagte Foris-Vorstand Hanns-Ferdinand Müller. „Wir prüfen derzeit, ob wir ein Angebot abgeben“, so Müller weiter.

Air Berlin benötigt bei einem möglichen Prozess gegen die Golf-Airline Etihad finanzielle Hilfe, denn die eigenen Kasse ist leer. Sogar den Hilfskredit der Bundesregierung wird die Fluggesellschaft nach derzeitigem Stand nur zur Hälfte zurückzahlen können. Tausende Air-Berlin-Kunden sind auf ihren Flugtickets sitzen geblieben und hoffen noch auf Erstattungen aus der Insolvenzmasse. Bei einem Rechtsstreit zwischen Air Berlin und Etihad geht es möglicherweise um einen milliardenschweren Streitwert. Prozessfinanzierer erhalten im Erfolgsfall üblicherweise 20 bis 30 Prozent des Prozesswerts als Honorar.

Air-Berlin-Verwalter Flöther lässt bereits seit mehreren Monaten Haftungsansprüche gegen Etihad prüfen. Hintergrund ist ein Schreiben des Vorstands der Golf-Airline aus dem April des vergangenen Jahres. In diesem sogenannten Comfort Letter hatte die arabische Fluggesellschaft zugesichert, Air Berlin weiter zu unterstützen. Im August zog die Golf-Airline dennoch plötzlich den Stecker. Air Berlin rutschte in die Insolvenz. Pikant: Ohne das Etihad-Schreiben hätten Wirtschaftsprüfer von KPMG Air Berlin den Jahresabschluss verweigert. Möglicherweise hätte dann schon früher die Insolvenz gedroht.

Air Berlin unter dem Hammer
Air Berlin unter dem Hammer

Gutachten sehen Ansprüche gegen Etihad

Flöther hält den „Comfort Letter“ von Etihad für eine handfeste Patronatserklärung. Die Golf-Airline habe also rechtsverbindlich zugesagt, für Air Berlin finanziell geradezustehen. Auch Gutachten der renommierten Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins sowie des Hamburger Insolvenzrechtlers Reinhard Bork gehen mittlerweile davon aus, dass Etihad für die Zahlungszusage haftbar gemacht werden kann.

Kommt es zum Prozess, muss ein Gericht außerdem klären, für welche Air-Berlin-Gesellschaft das Finanzierungsversprechen der Fluggesellschaft aus den Emiraten galt. Die britsche Mutter-Holding Air Berlin PLC, bei der Etihad Aktionär war, plagen mehr als zwei Milliarden Euro Schulden, den gesamten Air-Berlin-Konzern sogar mehr als vier Milliarden Euro. Insolvenzexperten schätzen, dass Etihad eventuell auch für alle Schulden haftbar gemacht werden könnte.

Air-Berlin-Verwalter Lucas Flöther wartet jetzt auf grünes Licht des Gläubigerausschusses. Er sagte dieser Zeitung: „Momentan stimmen wir mit dem Gläubigerausschuss die Durchsetzung der Ansprüche und die Finanzierung einer etwaigen Klage ab.“ Ursprünglich sollte das Gremium Anfang März eine Entscheidung treffen. Doch daraus wird wohl nichts. Denn im Gläubigerausschuss gibt es Streit.

Die Keos GbR, ein Zusammenschluss von Air-Berlin-Anleihegläubigern, hat beim Amtsgericht Charlottenburg Beschwerde gegen die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses eingelegt. Keos sieht bei dem Anwalt Andreas Ziegenhagen einen Interessenkonflikt, weil die Kanzlei des Juristen eine niederländische Air-Berlin-Tochter vertritt, die ebenfalls von Etihad finanziert worden war. Die Beschwerde liegt nun beim Amtsgericht Charlottenburg. Zweifeln die Richter die Besetzung des Ausschusses nicht an, wandert das Verfahren weiter zum Landgericht. Eine endgültige Entscheidung könnte dann erst in ein paar Wochen fallen.

Etihad versucht unterdessen ihre Hausaufgaben zu erledigen: Bei der Air-Berlin-Gläubigerversammlung Ende Januar im Berliner Hotel „Estrel“ hörten Vertreter der Airline aufmerksam zu. Wie die Berliner Morgenpost erfuhr, schließt Air-Berlin-Verwalter Flöther aber auch ein Vergleichsangebot an die Golf-Fluglinie nicht aus. Etihad könnte sich so möglicherweise mit einer hohen dreistelligen Millionensumme freikaufen – und einen jahrelangen Rechtsstreit umgehen.

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