Berlin. Die Botschaft soll deutlich sein, wenn am Freitag die Fashion Week zu Ende geht: Berlin besinnt sich auf seine Stärken. Jahrelang hatte die deutsche Hauptstadt versucht, großen Modemetropolen wie London, Mailand und Paris den Rang abzulaufen. Jetzt steht der Nachwuchs im Vordergrund, auch wenn es noch immer laute Kritik am Konzept der Modetage gibt. „Der Fashion Week fehlt der rote Faden“, sagte der Mode- und Design-Experte Andreas Murkudis am Mittwoch der Berliner Morgenpost. Bei rund 100 Modewochen weltweit sei es der Berliner Ausgabe nicht gelungen, einen klaren Akzent zu setzen, kritisierte Murkudis.
Noch immer machen deswegen viele Einkäufer der wichtigen, internationalen Modekaufhäuser einen Bogen um Berlin. „Die relevante Öffentlichkeit trifft sich in diesen Tagen in Mailand oder Paris“, sagte Murkudis. Berlin brauche ein tragfähiges Konzept, das junge Designer in die Stadt hole. Nur so könne sich die Fashion Week von den bewährten Modestandorten absetzen, so der Experte, der in Berlin drei Modegeschäfte betreibt.
Soziologin: "Die Fashion Week ist ein Nischen-Event"
„Die Fashion Week ist ein Nischen-Event“, beklagte auch Antonella Giannone, Modesoziologin an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. Die Hürden für junge Designer, einen Platz auf den Modetagen zu ergattern, seien zu hoch, bemängelte die Hochschuldozentin.
Berlin sei mit der angestoßenen Neuausrichtung auf einem guten Weg entgegnete hingegen Mandie Bienek, Vorstandsmitglied im Fashion Council Germany (FCG). Neben der Nachwuchsförderung gehörten zu der Fashion Week aber auch etablierte Designer sowie der brancheninterne Dialog und die Auseinandersetzung mit den Folgen der Digitalisierung und Globalisierung, sagte Bienek, die mit dem FCG einen Teil der Organisation stemmt. „Berlin kann das alles“, so Bienek.
Den Wandel hingegen sollen die Veranstalter nicht ganz freiwillig vollzogen haben: Gern hätte die Fashion Week weiter den Glamour versprüht, der in den vergangenen Jahren aus dem weißen Zelt am Brandenburger Tor drang. Doch nach dem Auslaufen des millionenschweren Vertrages mit der Eventagentur IMG entschied Hauptsponsor Mercedes-Benz, das eigene Konzept für die Fashion Week zu überarbeiten.
Nachwuchsdesigner müssen bis zu 50.000 investieren
Das hatte Folgen: Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll der Werbeetat gekürzt worden sein. Eine Konzernsprecherin bestätigte die Verlagerung des Budgets von der Außenplakatierung hin zu günstigeren Internet-Werbeformen. Mercedes-Benz habe sich aber dem Zeitgeist der Modeindustrie angepasst, so die Sprecherin. Neben industriellem Charme im Ewerk setzt der Sponsor nun auch auf Nachwuchs.
Doch der Weg für die Jungtalente auf die großen Laufstege ist schwer. Bis zu 50.000 Euro müssen Nachwuchsmodemacher für Fashion-Shows mitunter aufbringen. Für klamme Neulinge ist das häufig zu viel. Eine wirksame Anschubfinanzierung für Designer in Berlin gebe es noch immer nicht, sagte Experte Andreas Murkudis. Die Förderung des Landes sei nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft teilte mit, jedes Jahr mit rund einer Million die Modewirtschaft zu fördern. Zehn Millionen Euro seien seit 2007 in den Modebereich und die Fashion Week geflossen.
Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Fashion Week halten Experten die Höhe der Subventionen nicht mehr für zeitgemäß. Eine Zahl der Senatsverwaltung untermauert, warum: Rund 33 Millionen Euro nimmt Berlin zusätzlich ein, wenn Fashion Week ist. Jetzt wäre Zeit, Talenten zu helfen und einen größeren Teil des Geldes zurückzugeben, so Murkudis.
Aus den Stadionkurven auf den Laufsteg
Die Fashion Week startet mit Stars und vollem Programm