Betriebsausgaben

Sex-Partys gehen auf Kosten der Steuerzahler

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J. Eigendorf, P. Hedemann, S. Jost, L. Wiegelmann

Foto: picture-alliance / picture-alliance/chromorange

Die Hamburg-Mannheimer setzte ihre Orgie mit Prostituierten von der Steuer ab – in anderen Firmen läuft das ähnlich.

Die Steuerzahler in Deutschland zahlen regelmäßig für sexuelle Abenteuer von Geschäftsleuten. Auch die Sexorgie der Versicherungsvertreter der Hamburg-Mannheimer in der Therme des Budapester Hotels „Gellert“ ging zulasten des Fiskus.

Der Mutterkonzern Ergo bestätigte der „Morgenpost Online“, dass die Hamburg-Mannheimer die Kosten in Höhe von 83.000 Euro vollständig steuerlich geltend gemacht und dadurch Gewinn und Steuerlast vermindert hat.

Rechnung als Betriebsausgabe behandelt

„Die Rechnung ist in voller Höhe als Betriebsausgabe behandelt worden“, sagte ein Ergo-Sprecher. „Nach unseren bisherigen Prüfungen war das steuerrechtlich in Ordnung. Wir prüfen jedoch weiter, ob man eine andere Beurteilung vornehmen kann und wie wir die Angelegenheit bereinigen können.“ Bei der Veranstaltung für etwa 70 Versicherungsvertreter waren mindestens 20 Prostituierte anwesend, die den Gästen für sexuelle Kontakte zur Verfügung standen.

Auch wenn Exzesse wie in Budapest die Ausnahme sind, so ist es in deutschen Unternehmen durchaus üblich, Bordellbesuche über Firmenspesen abzurechnen. Das bestätigen sowohl zwei Konzernmanager als auch ein Mitarbeiter einer Eventagentur.

Es gibt demnach viele Möglichkeiten, sich mit Prostituierten auf Firmenkosten zu vergnügen, ohne dass es auf der Rechnung auftaucht. Prostituierte werden als vielsprachige Hostessen verrechnet, oder Hotels, gerade im Ausland, bieten die sexuellen Dienstleistungen inklusive an.

„Schauen Sie sich die offiziellen Preise in Hotels an und das, was Sie normalerweise wirklich bezahlen“, sagt der Steuerfahnder einer Oberfinanzdirektion, der ebenfalls nicht genannt werden will. „Da ist sehr viel Spielraum, die Zusatzleistungen in einem erhöhten Zimmerpreis zu verrechnen – wir haben keine Chance, das aufzudecken.“

Auch in den Belegen zu der Veranstaltung der Hamburg-Mannheimer in der Therme findet sich kein Bezug auf die tatsächlichen Dienstleistungen: „Auf den uns vorliegenden Rechnungen gab es keinen Posten Prostitution oder gar eine Detailrechnung für 20 Prostituierte“, sagte der Konzernsprecher.

Geldwertem Vorteil versteuert

Im Budapester Fall wurden die Lasten für den Steuerzahler zumindest dadurch gemindert, dass die rund 100 Teilnehmer 3000 Euro an geldwertem Vorteil versteuern mussten, wobei die Abendveranstaltung in der Gellert-Therme nur einen Teil der Gesamtreisekosten ausmachte. Bei den meisten dienstlichen Reisen ist die Versteuerung geldwerter Vorteile hingegen unüblich, sodass die Steuerzahler – sofern das Unternehmen die Kosten trotzdem absetzt – die Eskapaden mitfinanzieren.

Die steuerliche Behandlung von Prostitution ist in Deutschland nicht klar geregelt. Manche Steuerexperten gehen aber davon aus, dass Bordellleistungen in jedem Fall als unangemessen gelten müssten. Wer also etwa eine Eventagentur um eine Rechnung ohne verräterische Einzelposten bittet, betrügt den Fiskus.

Auch die Spaßbad-Orgie in Budapest wurde von einer Eventagentur organisiert . Es handelt sich dabei um das Unternehmen EMEC aus Türkheim. Einer der beiden Geschäftsführer, Robert Ackermann, bestätigte sein Engagement, will aber für die Verpflichtung der Prostituierten nicht verantwortlich sein: „Mit den Prostituierten, die im Gellert-Bad anwesend waren, hatten wir nichts zu tun.“