Der Unternehmer Mirko Hannemann sitzt in einem Audi A2, der lautlos Richtung Siegessäule in Berlin surrt. Vorne treibt ein Elektromotor an, hinten unter dem Kofferraum liefern Hannemanns Batterien die Energie.
Auf der Rückbank beugt sich Hannemann, 28 Jahre alt, nach vorn und erzählt eine wundersame Geschichte. Von seinem Unternehmen, mit dem er einen dreistelligen Millionengewinn einfährt. Von Auftraggebern in aller Welt, von Massenfertigung. Es ist eine Geschichte über ein Wunderkind, einem deutschen Bill Gates des noch jungen Zeitalters der Elektromobilität. Wenn sie denn stimmt.
Mirko Hannemann und seine Berliner Firma DBM Energy wurden im Herbst 2010 schlagartig bekannt. Ein umgebauter Audi A2 fuhr damals mit Batterien von DBM die 600 Kilometer von München nach Berlin nonstop ohne Aufladen – Weltrekord für ein Elektroauto. Der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) empfing ihn und sprach von einem Durchbruch. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ließ sich mit Hannemann vor dem Brandenburger Tor ablichten. Ein kleiner Tüftler, keine 30 Jahre alt, hatte es den milliardenschweren Autokonzernen mal so richtig gezeigt.
Später tauchten Zweifel an der Rekordfahrt auf. Dann brannte das Auto ab. Hannemann ließ die vermeintlichen Wunderakkus testen. Auf dem Dekra-Prüfstand kam der Wagen 450 Kilometer weit. Der Scharlatanerie ist Hannemann nicht überführt. Doch alle Zweifel sind längst nicht ausgeräumt.
Nun ist Hannemann wieder am Brandenburger Tor. Wowereit und Wirtschaftsminister lassen sich nicht blicken, dafür zwei Abteilungsleiter aus dem Ressort, das heute von Philipp Rösler (FDP) geführt wird. Hannemanns Akkus sollen jetzt wieder einem Test unterzogen werden. Sie wurden in drei Audi A2 mit Elektroantrieb und Batterien eingebaut. Sie sollen drei Monate lang in der niedersächsischen Provinz bei Oldenburg im Alltag getestet werden. Von einem Durchbruch reden die Leute vom Ministerium nicht mehr. „Wir werden nichts weiter tun, als der Sache auf den Grund gehen“, sagt Werner Ressing, Abteilungsleiter für Industriepolitik im Ministerium.
Mindestens 200 Kilometer sollen die Autos ohne Aufladen schaffen. Allerdings: Im Winter, wenn Kälte den Akkus arg zusetzt, werden sie nicht mehr getestet. 360 000 Euro bekommt DBM Energy für die drei Wagen. Sie sind Teil eines vom Wirtschaftsministerium gesponserten Feldversuchs namens „Grid Surfer“ in Oldenburg, betreut vom dortigen Energieunternehmen EWE. „Wenn wir hier eine hoffnungsvolle Technologie haben, dann sollten wir sie fördern“, sagt Ressing.
Das sind die Worte, die draußen gesprochen werden. Innen, im Elektro-Audi mit Mirko Hannemann klingt das ein wenig anders – und es wird schnell bizarr. Man erfährt, dass sein Unternehmen rund 200 Leute beschäftigt. Wer die Kunden sind, will Hannemann nicht verraten. Es seien namhafte Firmen aus dem Bereich Kraftwerkstechnik, die Akkus von DBM Energy für die Stromspeicherung nutzten.
Bekannt ist nur, dass ein österreichisches Unternehmen Akkus von DBM für Gabelstapler nutzt. Ähnlich auskunftsscheu gibt sich Hannemann bei weiteren Fragen. Wo wird produziert?“ „In Europa.“ Wo genau? „Das sagen wir nicht.“ Woher kommt das Kapital für die aufwendige Entwicklung der Batterien? „Ganz einfach: Wir verlangen von unseren Kunden Vorkasse.“
Sein Unternehmen, sagt Hannemann, verdiene natürlich schon Geld. „In diesem Jahr werden wir einen dreistelligen Millionengewinn machen“, sagt er. Also mindestens 100 Millionen Euro? Hannemann nickt. Im dreistelligen Millionenbereich liege auch der Umsatz.
Wenn das so ist, hat sich seit 2010 ganz schön was getan. Noch im April sagte Thomas Röser, der bei DBM den Posten eines Chief Operating Officer bekleidet, das man 2010 einen Umsatz im „einstelligen Millionenbereich“ erreicht habe – also höchstens 9,9 Millionen Euro. Jetzt soll schon der Gewinn mindestens 100 Millionen Euro betragen. Mirko Hannemann sagt, man akquiriere keine Kunden, vielmehr kämen Firmen, die eine Lösung suchten, zu ihm. Offenbar können sie Wunder erwarten.