Brandstiftung vermutet

Berliner Weltrekordauto ist abgebrannt

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Hans Evert

Lekker-Mobil verblüffte die Fachwelt mit einer Rekordfahrt für Elektrowagen. Nachdem es verbrannt ist, ermittelt nun die Polizei wegen Brandstiftung.

Der Mann, der dem Lekker-Mobil den Namen seiner Firma geliehen hat, klang im Herbst 2010 sehr zuversichtlich: „Die Forschung ist abgeschlossen, jetzt geht das Verkaufen los“, sagt Thomas Mecke, Geschäftsführer von Lekker Energie, ehemals Nuon. Gerade war der Audi A2 mit dem Logo des Energieunternehmens und Akkus der Berliner Firma DBM-Energy 600 Kilometer ohne Aufladen von München nach Berlin gefahren. Eine so lange Strecke per Batterie haben bisher weder Daimler und Volkswagen noch Toyota geschafft. Schon da kam Skepsis am Akku-Entwickler und DBM-Gründer Mirko Hannemann (27) auf. Wie jetzt bekannt wurde, ist das Wunderauto bereits im Mitte Dezember 2010 abgebrannt. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung.

Von einem Verkaufsschlager sprechen weder die Partner Lekker Energie noch das Bundeswirtschaftsministerium, das das Projekt von Hannemann mit 275.000 Euro unterstützt hat. Bei Lekker Energie halten sie offiziell noch zu Hannemann, trotz der mysteriösen Umstände. „Wir haben keine Zweifel an der Rekordfahrt und wollen uns nicht distanzieren“, sagt Lekker-Sprecherin Heike Klumpe. Das Wirtschaftsministerium lässt jetzt, drei Monate nach der Rekordfahrt, die Akkus beim Bundesamt für Materialsicherheit und -forschung (BAM) in Berlin überprüfen. Eine BAM-Sprecherin sagt dazu: „Es laufen Sicherheitstests; Ergebnisse liegen noch nicht vor.“

Bislang keine offiziellen Tests

Bislang hat DBM keine Tests zugelassen und sich so in den Augen der Fachwelt verdächtig gemacht. Bekannt ist nur, dass der Akku auf Basis einer Lithium-Metall-Polymer-Technologie funktionieren soll. Diese haben Autokonzerne verworfen. DBM behauptet, sie nun entscheidend weiterentwickelt zu haben. Sollte geschummelt worden sein, steht auch das Bundeswirtschaftsministerium blamiert da. Dann hätten sie einem Blender Fördergeld überwiesen. Vom „Durchbruch für Elektroautos“, den das Ministerium im Herbst so laut verkündete, ist jetzt ohnehin nicht mehr die Rede.

Die Berliner Polizei meldet, wegen laufender Ermittlungen könne keine Auskunft erteilt werden. Nach Informationen der Morgenpost schließt sie jedoch einen technischen Defekt aus. Alles deute auf eine Straftat hin, heißt es. Allerdings gibt es noch keine Hinweise auf die Täter. Mirko Hannemann selbst schweigt zu den bizarren Vorkommnissen. Fragen per E-Mail lässt Hannemann unbeantwortet, am Telefon will er nicht reden. Zwar hat er einen Pressesprecher, doch der hat nicht viel mitzuteilen. Thomas Reckermann heißt der Mann und arbeitet für die Kommunikationsagentur Publikator. Im Herbst, als die Rekordfahrt Schlagzeilen machte, pries er seinen Klienten und verkaufte ihn als Tüftler-Genie. Jetzt sagt Reckermann nur: „Alle Fragen zu dem Fall kann nur Mirko Hannemann beantworten.“

Die Nachrichtenagentur dpa berichtet, im Umfeld von DBM-Chef Hannemann spekuliere man über den Anschlag neidischer Konkurrenten. Das würde natürlich zur Legende vom kleinen Tüftler, der große Technologieriesen mit seiner Erfindung narrt, prima passen. An diesem Mythos wurde seit Oktober vergangenen Jahres gesponnen. Hannemann versprach zudem vollmundig, bald die Massenproduktion aufnehmen zu wollen. Er stellte einige Hundert Arbeitsplätze in Berlin in Aussicht. Doch angesichts der ganzen Vorkommnisse wachsen vor allem die Zweifel an seinem Unternehmen DBM.

Auf der Internetseite der Firma ist nur ein Brief zu lesen – eine Mischung aus Schuldeingeständnis und Andeutung von Verschwörung. „Über Nacht waren wir in eine neue Liga aufgestiegen, und das hat verständlicherweise nicht nur Begeisterungsstürme ausgelöst“, heißt es dort und: „Es begann ein mediales Wechselbad der Gefühle, das uns letztendlich personell überfordert hat.“ Das erste Vierteljahr 2011 wolle man dazu nutzen, sich „professionell neu aufzustellen“. DBM Energy arbeite am „Auf- und Ausbau einer schlagkräftigen Struktur“. Die braucht die Firma – vor allem, um ein paar wichtige Fragen zu beantworten. Sonst ist nicht nur ein Auto, sondern im übertragenen Sinn auch ein Hoffnungsträger verbrannt.