Die weltweite Wirtschaftskrise hat beim Technologiekonzern Siemens zu einem deutlichen Auftragsrückgang geführt. Der Konzern senkte daher seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr. Die Kurzarbeit wird ausgeweitet. Doch für den Standort Berlin gibt es einen kleinen Lichtblick.

Siemens spürt immer stärker die Auswirkung der Krise, hat jedoch für den Standort Berlin einen kleinen Lichtblick parat. Ende Mai wird der Elektrokonzern eine neue Fertigungshalle in der Hauptstadt in Betrieb nehmen. 200 neue Jobs werden nach Angaben des Unternehmens entstehen. Sie sollen im Moabiter Werk Schaufeln für Gasturbinen bauen.

Solche guten Nachrichten sind jedoch rar bei Deutschlands größten Industriekonzern, der am Mittwoch in Berlin seine Halbjahreszahlen präsentierte. Bis Juni soll die Zahl der Kurzarbeiter von derzeit 12.000 auf 19.000 anwachsen. Betriebsbedingte Kündigungen mochte Vorstandschef Peter Löscher nur bis Ende des Geschäftjahres ausschließen – das wäre Ende September. Zudem senkt Siemens die Gewinnprognose deutlich nach unten. Löscher rechnet nun statt der bisher verkündeten 8,0 bis 8,5 Mrd. Euro nur noch mit einem Ergebnis von 6,6 Mrd. Euro im aktuellen Geschäftsjahr. Im Vorjahr hatte Siemens 6,5 Mrd. Euro erwirtschaftet. Auftragspolster, Umsatz, Ergebnis – alles wird laut Löscher deutlich sinken.

Trotzdem sagte Löscher: „Die Krise kommt bei Siemens an, aber Siemens ist nicht in der Krise.“ Zwar sank der Auftragseingang im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um elf Prozent auf 20,8 Mrd. Euro. Insgesamt stehen Aufträge im Wert von 87 Mrd. Euro in den Büchern. „Stornierungen in nennenswertem Umfang“ habe es bislang nicht gegeben, sagte Löscher.

Im zweiten Quartal erzielte Siemens einen Umsatz von 18,9 Mrd. Euro – rund 900 Mio. Euro mehr als im zweiten Quartal 2008. Der Gewinn kletterte sogar von 1,28 Mrd. Euro auf 1,84 Mrd. Euro. Beide Zahlen lassen sich jedoch kaum vergleichen, da im Vorjahr Sonderbelastungen von 770 Mio. Euro den Gewinn drückten.

Hinweise auf ein Ende der Wirtschaftskrise kann Löscher bislang nicht erkennen, so dass auch die Aussichten für Siemens schlechter werden. „Das Bild im April zeigt erneut fundamentale Veränderungen zum Schlechteren in unserem gesamtwirtschaftlichen Umfeld“, sagte Löscher. Angesichts der Milliardenverluste anderer deutscher Industriekonzerne steht der Konzern mit seinen 416.000 Beschäftigten weltweit noch vergleichsweise robust da. Löscher kündigte gar an, die Zeit für Zukäufe bei erneuerbaren Energien zu nutzen.

Während Siemens Probleme im Industriegeschäft hat, boomt noch immer der Energiesektor (Kraftwerksbau, Stromnetze). Löscher erwartet für 2010, dass sich die Industriesparte leicht erholt, das Energiegeschäft aber abschwächt.

Der Standort Berlin profitiert davon, dass rund 6000 der 13.000 Mitarbeiter für den Sektor Energie arbeiten. Diese Aufträge – beispielsweise für Turbinen, Schaltanlagen und Übertragungstechnik – werden in einem langen Zeitrhythmus abgearbeitet. Daher zehren die Mitarbeiter noch von den Auftragspolstern der Aufschwungsphase. Anders sieht es im Bereich Industrie aus. Dort arbeiten 4000 Siemensianer in Berlin, rund die Hälfte davon bei Osram. Die Lichttochter leidet unter der Absatzflaute der Autoindustrie, in zahlreichen Wagen stecken Osram-Leuchten. Dort sind seit Januar rund 600 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Im Schaltwerk Niederspannung müssen rund 100 Leute kürzer treten.

Der Konzern senkt derweil rigoros die Kosten. So kommt das Programm, mit dem die Verwaltungs- und Vertriebskosten von 2010 an jährlich um 1,2 Mrd. Euro gedrückt werden sollen, schneller voran als geplant. Zum Halbjahr sei die Marke von einer Mrd. Euro erreicht worden, sagte Löscher.