Als Tim Berners-Lee am 6. August 1991 den Computer-Code für das World Wide Web (WWW) im Internet öffentlich zugänglich machte, war er noch allein im Web. Mittlerweile sind mehr als zwei Milliarden Nutzer hinzugekommen. Das kann man getrost eine Erfolgsgeschichte nennen. Wissenschaftler nutzten schon vorher das Internet, das im Prinzip nicht mehr ist als eine weit verzweigte Kabelverbindung, um Informationen auszutauschen. Sie konnten jedoch fast nur Texte verschicken und abrufen.
Mit Web und Browser kamen aufwendige Grafiken, Fotos und Videos hinzu. Und es öffnete die Welt der Daten auch Nutzern abseits von IT-Experten. Das Web war die Killer-Applikation für das Internet.
300 Millionen Webseiten
Mit wenigen Vorkenntnissen können Laien sogar selbst eine Webseite ins Netz stellen und sich einer globalen Öffentlichkeit präsentieren. Vor 15 Jahren gab es knapp 24.000 davon. In 1.000 Seiten dicken Büchern waren sie, nach Themen sortiert, aufgelistet.
Heutzutage sind fast 300 Millionen Webseiten verfügbar, ein gedrucktes Sammelwerk dazu wäre etwa 90 Meter dick. Helfen konnten nur noch Suchmaschinen, die das Web nach den eingetragenen Begriffen durchkämmen.
Die nach wie vor meistgenutzte ist Google . Das Unternehmen ist Anführer einer Reihe von Firmen, die es nur gibt, weil es das Web gibt. Amazon und Ebay sind die beiden anderen Großen der Branche. Mit dem Web kamen außerdem Globalisierung und Outsourcing erst so richtig in Schwung. Heute lassen sich schon manche US-Manager ihren Alltag von einem Helfer in Indien planen, der Einkäufe und Behördengänge online für sie erledigt.
Schneller als das reale Leben
Es entstanden außerdem ganz neue Geschäftsfelder, zum Beispiel Onlinewerbung und Webdesign. Selbst kleinste Firmen konnten in kurzer Zeit weltweit bekannt werden und ihre Proukte online verkaufen. In den 90er-Jahren dürften die meisten erstmals den Begriff Start-Up gehört haben. Die meisten der Firmen hatten etwas mit dem Internet zu tun.
Investmentfirmen setzten viel Riskikokapital ein, Kleinanleger wollten ebenfalls von den rasant steigenden Kursen profitieren. Doch 2000 war mit den Höhenflügen erst einmal Schluss. Die dotcom-Blase platzte, und viele Anleger verloren ihr investiertes Geld. Insgesamt sollen zu der Zeit mehr als 200 Milliarden Euro Kapital vernichtet worden sein. Im Internet geht eben alles ein wenig schneller als im realen Leben.
Das bekam auch Rupert Murdoch zu spüren. Der Medienunternehmer kaufte 2005 MySpace für knapp 600 Millionen Dollar, und kurz danach liefen die Teilnehmer in Scharen davon. Kürzlich verkaufte Murdoch die Plattform – für angeblich nur 30 Millionen Dollar. Ein anderes Beispiel ist Second Life, ein virtueller Spielplatz im Web, der das reale Leben nachstellen sollte. Vor fünf Jahren galt das Projekt als zukunftsfähige Plattform zum privaten Zeitvertreib und für gute Geschäfte. Heute ist dort kaum noch jemand zu finden.
Das Web als Denkapparat
Ansonsten aber hat kaum eine technische Innovation Alltags- und Geschäftsleben so verändert wie das Web. Kein Wunder, dass sein Erfinder Sir Berners-Lee hoch dekoriert ist. Queen Elizabeth II. hat ihn 2004 zum Ritter geschlagen, er ist Mitglied im exklusiven britischen Order of Merit und kann sich mit elf Ehrendoktorwürden schmücken. Noch heute arbeitet er daran, das Web weiter zu entwickeln.
Berners-Lee ist Präsident des W3C-Konsortiums, das neue Standards für das WWW setzt. Das Web wird nicht nur bunter und dreidimensional, es wird auch auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen können. Damit beginnt eine neue Ära: Das Web lernt gerade, für uns zu denken.