Berlin. Die Lage in der Corona-Pandemie verschärft sich weiter. Die Infektionszahlen steigen wieder erheblich an und reißen erneut die Marke von 4000 Ansteckungen binnen eines Tages. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten laut Robert Koch-Institut (RKI) 4516 neue Corona-Infektionen bis zum Freitag. Bereits von Mittwoch auf Donnerstag hatten die nachgewiesenen Neuansteckungen von 2828 auf 4058 erheblich zugenommen.
Mediziner warnen: Für Corona-Intensivbehandlungen fehlt das Personal
Der Leiter der Abteilung Krankenversorgung an der Berliner Charité, Ulrich Frei, warnte vor einer Verschlechterung der Lage an den Kliniken. Frei nannte als zentrales Problem bei der stationären Versorgung von Covid-Patienten fehlendes Personal. Es herrsche „absoluter Mangel an Intensivpflegekräfte“, sagte Frei am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin, „wir haben genug Intensivbetten, aber wir haben zu wenig Pflegepersonal.“
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Erschwert werde die Situation durch eine „deutlich steigende Zahl von infizierten Mitarbeitern“, die in Quarantäne müssten. Auf diese Weise fehlten zusätzlich Pflegekräfte. „Dies führt dazu, dass wir planbare Eingriffe verschieben oder aussetzen müssen“.
Drosten: Pandemie-Bekämpfung sollte sich mehr auf Ältere konzentrieren
Der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, appellierte angesichts der steigenden Infektionszahlen, den Fokus bei der Pandemiebekämpfung verstärkt auf ältere Menschen zu legen, die ein höheres Ansteckungsrisiko trügen.
In der Wissenschaft habe sich die Erkenntnis geschärft, dass die Sterblichkeit in Zusammenhang mit Covid-19 eng mit dem Anteil der Älteren in der Bevölkerung verknüpft sei, sagte Drosten. Dies zeige auch der Vergleich mit Ländern in weiten Teilen Afrikas. „Diese Bevölkerungen sind deutlich jünger als unsere“, entsprechend geringer sei dort die Zahl der Menschen, die an Corona sterben.
Drosten schlägt Veröffentlichung von Infektionszahlen für Ältere vor
Mit Blick auf Deutschland betonte Drosten: „Unser Bevölkerung ist älter“, die Infektionssterblichkeit hierzulande liege bei „einem Prozent oder etwas mehr“. Laut Drosten könnten es deutlich weniger sein, “wenn wir die älteren Altersgruppen schützen könnten“. Dies sei in der Praxis nicht ohne weiteres machbar, etwa innerhalb der Familien.
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Der Virologe schlug aber vor, zur besseren Beurteilung der Risikolage die Neuinfektionen bei den über 50-Jährigen gesondert zu veröffentlichen. Diese Daten würden vom RKI ohnehin bereits erfasst. „Dann hätte man mehr Aufmerksamkeit für die Patienten mit einer Gefahr für einen schweren Verlauf“, erläuterte Drosten seinen Vorstoß.

Berlin: Maßnahmen verschärfen und Lockdown verhindern
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) rief angesichts der steigenden Infektionszahlen im Nachgang zu privaten Feiern und Partys vor allem die jüngere Generation zur Verantwortung. „Mein dringender Appell, gerade in die Communitiy der 20 bis 40 Jährigen, ist, wirklich jetzt zu erkenne, dass es nicht die Zeit für Feiern ist“, mahnte Müller. In der aktuellen Situation komme es auf die Altersgruppe der Jüngeren an, zu verhindern, dass sich die Älteren infizierten.
Mit Blick auf die hohen Ansteckungszahlen in Berlin sagte Müller, die Stadt befinde sich „in einer wichtigen und angespannten Situation“. Ein neuer Lockdown müsse unbedingt verhindert werden. Jedoch wollte der Bürgermeister schärfere Maßnahmen nicht ausschließen. „Wenn es weiter nach oben geht mit den Zahlen, dann ist es die Aufgabe von Politik, alle Möglichkeiten zu durchdenken“, sagte Müller. Dazu könnte auch ein schichtweiser Unterricht der Schüler gehören, um Kontaktmöglichkeiten zu verringern.
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Am Donnerstag hatte die gesamte Hauptstadt den Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschritten. Der Wert lag laut Lagebericht des Berliner Senats bei 52,8. Deutschlandweit stieg die Zahl der Corona-Neuinfektionen zuletzt sprunghaft an.
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