Berlin. Beim Rechtsrock-Festival in Themar herrscht Alkoholverbot. Die Polizei beschlagnahmte größere Mengen Bier. Proteste sind gestartet.
Sie sollen auf dem Trockenen sitzen, zumindest, was Alkohol angeht: Beim Rechtsrock-Konzert in Themar darf kein Alkohol ausgeschenkt werden. Die Entscheidung örtlicher Behörden hatte das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar bestätigt.
Das hat offenbar einige nicht abgeschreckt: Einsatzkräfte der Polizei haben am Samstag eine größere Menge Bier auf dem Gelände des Festivals in Thüringen beschlagnahmt.
Während am Freitag Leichtbier mit bis zu 2,7 Prozent Alkohol noch erlaubt war, gilt von Samstagnachmittag bis in die Nacht zum Sonntag das strikte Alkoholverbot, auch für eine nahe gelegene Gaststätte, die eine zentrale Anlaufstelle für Anhänger rechtsextremer Musik in Thüringen ist. Laut Verfassungsschutz gibt es dort regelmäßig Konzerte, Liederabende und Spendenveranstaltungen.

16 Fässer und 188 Sixpacks Bier wurden einem Sprecher der Landespolizeidirektion zufolge konfisziert. Zuvor war bekannt geworden, dass die Polizei die örtliche Tankstelle zu einem Stützpunkt machen wollte – und so den Neonazis den Alkoholkauf unmöglich machen.
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Rechtsrock-Festival in Themar – 18 Strafanzeigen
Die Organisatoren erwarten rund 1100 Teilnehmer bei dem Rechtsrock-Festival, das am Freitag begonnen hatte. Am Freitagabend kamen nach Polizeischätzungen rund 380 Besucher. Die Beamten brachen die Auftritte von zwei der drei Bands vorzeitig ab. Sie hätten gegen Auflagen verstoßen, der Text eines Liedes war außerdem strafbar, wie der Sprecher sagte.
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Die Polizei nahm am ersten Abend 18 Strafanzeigen auf. Überwiegend ging es dabei um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, sagte der Polizeisprecher am Samstag. Neun Ordnungswidrigkeiten wurden angezeigt, von 20 Teilnehmern wurde die Identität festgestellt, acht wurden des Platzes verwiesen.
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Die Polizei ist am Wochenende mit einem Großaufgebot in der 2800-Einwohner-Stadt präsent. Das Festivalgelände können Besucher nur durch Schleusen betreten, in denen Polizisten insbesondere kontrollieren, ob Waffen, Vermummungsgegenstände oder Alkohol mitgebracht werden sowie ob die Konzertbesucher verbotene Symbole auf ihrer Kleidung oder der Haut tragen.
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Hunderte Gegner von Rechtsrock-Festival protestieren in Themar

Anders als in den vergangenen Jahren sind die Organisatoren der Proteste gegen das Rechtsrock-Festival in Themar dieses Mal zufrieden mit der Beteiligung. „Im Vergleich zum letzten Jahr ist das ein Quantensprung“, sagte der Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra, Thomas Jakob, am Samstag. Bis zum Nachmittag hatten seinen Einschätzungen zufolge etwa 700 Menschen an den Protesten teilgenommen. Nach Polizeiangaben machten rund 400 Demonstranten mit.
Der Bürgermeister von Themar, der Parteilose Hubert Böse hat laut einem Bericht der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ zu Gegenprotesten aufgerufen. „Das, was hier passiert, das, was hier transportiert wird, das ist purer Hass, das ist menschenverachtend“, sagte Böse demnach auf einer Einwohnerversammlung.
Rechtsrock-Konzerte: Orte wie Themar reagieren mit cleveren Aktionen
Thema Alkoholverbot: Es scheint die Taktik der Stunde im Kampf gegen Rechtsextremismus zu sein: Wo sich größere Mengen Rechtsradikale sammeln, wird ihnen der Zapfhahn abgedreht. Das Kalkül: Durch die ungewollte Abstinenz soll ihnen die Lust am Feiern vergehen.
Erfolgreich erprobt wurde das vor Kurzem im sächsischen Ostritz, als Bürger aus Protest gegen ein Treffen von Rechtsextremisten den gesamten Biervorrat eines Supermarktes kauften – und die Rechten damit austrockneten. Ein Beispiel, das nun offenbar Schule macht.
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Rechtsrock-Festival in Themar ist eins der größten in Deutschland
Die Veranstaltung in Themar zählt zu den größten Rechtsrock-Festivals Deutschlands. 2017 kamen über 5000 Besucher zu dem Neonazi-Konzert nach Südthüringen. Im Jahr darauf versuchte man, das Event zu stoppen. Doch ein Gericht kippte das Verbot, das Neonazi-Festival durfte erneut stattfinden.
Also begann man, sich anders zu wehren: So stellte sich Themar im vergangenen Jahr gegen das Neonazi-Festival. Eine Devise damals: „Kein Bett für Nazis“.
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• Nicht nur rechte Festivals sind beliebt, auch die Aufmärsche von Neonazis in Deutschland werden immer größer.
Verwendete Quellen:
• „Thüringer Allgemeine“
• „Dresdner Neuste Nachrichten“
(dpa/cho/moi)