Late Night "Maischberger"

Wie Merkel sich zugunsten Guttenbergs dumm stellte

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Thorsten Pifan

Guttenberg ist weg. Was nun? Bei Maischberger wurde über den Rücktritt Guttenbergs, seine Nachfolge und die Möglichkeit eines Comebacks diskutiert.

Aus dem Senkrechtstarter der deutschen Politik ist über Nacht ein wissenschaftlicher Hallodri geworden: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat den Rücktritt von seinen politischen Ämtern erklärt. Er schmeißt in der Plagiats-Affäre nicht nur seinen Posten als Verteidigungsminister, sondern gibt auch sein Bundestagsmandat zurück.

Und schon wieder ist der Kanzlerin einer ihrer Mannen von der Fahne gegangen. Dabei hat Guttenberg – zugegeben sehr spät – wieder einmal Nägel mit Köpfen gemacht. Er gibt nicht nur seinen Posten ab, er verlässt auch das preußische Berlin und kehrt zurück ins heimische Bayern.

Und gerade das könnte darauf hindeuten, dass er gar kein Comeback plant, von dem schon wenige Stunden nach dem Rücktritt alle sprechen. So jedenfalls ist der Historiker Arnulf Baring zu verstehen, der Guttenbergs Rückzug aus dem Parlament für einen Fehler hält, zumindest, wenn der Ex-Minister zurück in die Politik will.

Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros der „Bild“, wundert sich, warum Guttenberg denn zurück in die Arena sollte, in der er gerade zerfleischt worden ist. Dass der Baron mit 39 Jahren durchaus gute Chancen auf ein Comeback hat, spricht ihm in der Runde des Late-Night-Talks bei Sandra Maischberger jedoch kaum jemand ab.

Auch nicht der Sozialdemokrat Rudolf Scharping. Einst war er selbst Bundesverteidigungsminister, bis ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder 2002 nach der "Bin-Baden-Affäre“ feuerte. Scharping selbst ist danach nicht zurückgekehrt. Heute ist er der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer.

Eine beängstigende Strahlkraft

"Baron zu Guttenberg dankt ab – Volk wütend, Politiker blamiert?“, fragt Sandra Maischberger in der Sendung Menschen bei Maischberger. Spontan änderte die Redaktion das Thema der Sendung. Denn eigentlich sollte es um "Trieb statt Hirn“ gehen. Als prominente Gäste waren Berlins alternder Playboy Rolf Eden geladen und Kommune-1-Legende Rainer Langhans, gerade erst aus dem RTL „Dschungelcamp“ zurückgekehrt.

Michel Friedman – selbst einmal von öffentlichen Ämtern zurückgetreten – bedauert den Rücktritt des Barons. Allerdings fügte er an, dass Guttenberg ein Opfer seiner selbst geworden sei.

Friedman war Mitte 2003 ins Visier der Polizei geraten, weil er Kokain besessen und konsumiert haben soll. Einen Strafbefehl akzeptierte er damals widerspruchslos und startete kurz darauf einen beruflichen Neubeginn. Heute moderiert er wieder Talkshows, wie vor der Affäre.

Mit Guttenberg verlässt zumindest eine der schillerndsten Persönlichkeiten der vergangenen Jahre die politische Bühne. Nicht nur im Volk wurde der Baron als Heilsbringer gefeiert. Noch in der vergangenen Woche galt Guttenberg in den Umfragen als der beliebteste Politiker – auch wenn sein Stern sank.

Warum er so viel Glanz ausstrahlte, darüber sind sich die Gäste bei Sandra Maischberger allerdings keineswegs einig. "Er ist ein Blender“, sagt Tissy Bruns, Chef-Korrespondentin des Berliner „Tagesspiegel“.

"Er ist eine Legende“, widerspricht der Historiker Barning. In der vergangenen Woche, als er schon einmal zu dem Thema auf dem Sofa bei Maischberger gesessen hatte, konnte er sich allerdings noch nicht vorstellen, dass der Minister aufgibt. Blamabel sei die Doktorarbeit mit dem Prädikat „summa cum laude“ eher für die Wissenschaft selbst.

Die Soap-Inszenierung wurde ihm zum Verhängnis

Die "Bild“-Zeitung hatte dem Verteidigungsminister bis zuletzt den Rücken gestärkt. Für Hauptstadt-Büro-Leiter Blome habe Guttenberg die Menschen angesprochen und Gruppen für Politik gewonnen, die sich längst abgewendet hätten.

Ähnlich sieht das auch Friedman: „Durch den Soap-Charakter hat das Glamourpaar zu Guttenberg großes Interesse in weiten Teilen der Bevölkerung hervorgerufen“, sagt er und bezieht auch Guttenbergs Ehefrau Stephanie mit in das Phänomen ein. Gleichzeitig schwingt Kritik mit: Guttenberg habe sich auch immer als Person dargestellt. Eine Taktik, die dem Minister am Ende zum Verhängnis wurde wie er selbst in seiner Rücktrittsrede eingesteht.

Bleibt nun die Frage, wer in die großen Fußstapfen Guttenbergs treten könnte? Ein Kandidat für die Nachfolge zu Guttenbergs ist in der Runde der amtierende Innenminister Thomas de Maiziére (CDU). Vor allem Tissy Bruns sieht ihn als Favoriten und Mann, dem es gelingen kann, die begonnene Bundeswehr-Reform zu beenden. Für sie ist die Affäre mit dem Rücktritt aber längst noch nicht ausgestanden. Denn auch Angela Merkel sei nach dem Rückzug des Barons angezählt, habe sie sich doch vehement vor ihren Kabinetts-Star gestellt.

"Um ihn zu halten, hat Merkel eine Argumentationskette aufgebaut, die ihrer Intelligenz nicht entspricht“, stimmt auch Friedman zu. Er spielt damit auf die Bemerkung an, Merkel habe keinen wissenschaftlichen Assistenten, sondern einen Politiker eingestellt.

Gegen Guttenberg sind die anderen Glühwürmchen

Fest steht, an Strahlkraft kann es kaum einer der bekannten Politiker mit Guttenberg aufnehmen. Das wird ein Problem werden. "In der CSU sind Horst Seehofer und Markus Söder nur Glühwürmchen“, sagt Blome. Das Wahlvolk habe sich nach einer schillernden Figur wie Guttenberg gesehnt.

Auf die Politik werde der Rücktritt sicherlich Auswirkungen haben. Das wird sich für Blome schon bei der nächsten wichtigen Landtagswahl in Baden-Württemberg zeigen. Der Umgang mit Guttenberg werde der CDU etliche Mitleidswähler bescheren. Andere Bürger würden sich erneut oder vorerst von der Politik abwenden.