Hamburg. Für Simon Hedlund gab es kein Vorbeikommen. In der 88. Minute hatte der Schwede in Diensten des 1. FC Union im Millerntor-Stadion für Verteidiger Peter Kurzweg Platz machen müssen, wenige Schritte später nahm André Hofschneider den Offensivmann in seine Arme – und wollte ihn kaum wieder loslassen. Immer wieder schlug der Trainer des Berliner Fußball-Zweitligisten dem Blondschopf auf die Schulter, in seinem Gesicht war pure Erleichterung abzulesen. Nicht dass das 1:0 (0:0) beim FC St. Pauli zu diesem Zeitpunkt schon sicher gewesen wäre, dafür präsentierte sich Union zu labil in den vergangenen Wochen. Doch die Erkenntnis, dass sie es können, das Toreschießen, das Gewinnen, sogar in Unterzahl, den Klassenerhalt – sie war in jenem Moment längst vorherrschend.
Als dann auch die dreiminütige Nachspielzeit endlich vorüber war, gab es kaum ein Halten bei den Unionern. Alle im rot-weißen Lager lagen sich irgendwie, irgendwo in den Armen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie angespannt die Lage bei den Köpenickern durch die erfolglosen Wochen tatsächlich geworden war – an diesem Sonnabendnachmittag war er überdeutlich zu sehen.
„Wir lassen das sacken, ohne uns zurückzulehnen“, sagte Hofschneider. „Für alle ist das eine große Erleichterung“, so der ehemalige St.-Pauli-Profi Dennis Daube. Und Teamkollege Marcel Hartel ergänzte: „Wir sind froh, mal wieder drei Punkte geholt zu haben.“ Noch dazu lange Zeit mit einem Mann weniger, denn Verteidiger Marvin Friedrich hatte nach 56 Minuten wegen wiederholten Foulspiels Gelb-Rot gesehen.
Es ist vielleicht dieses Detail, das den erst zweiten Union-Sieg auf St. Pauli so wertvoll macht. Weil er jene Tugenden, die im Abstiegskampf ohnehin gefragt sind, noch einmal verstärkt forderte: Kampf, Leidenschaft, Schritte über die Schmerzgrenze hinaus, erst recht auf dem durch den Regen aufgeweichten Boden. Nein, das Kellerduell konnte kein fußballerischer Leckerbissen werden, obwohl das Duell vor 29.546 Zuschauern – darunter gut 3000 Union-Fans – einige Schmankerl bereithielt.
Nach elf Minuten zimmerte Steven Skrzybski – zweite Spitze neben Hedlund, dafür saß Phlipp Hosiner nur auf der Bank – den Ball aus 20 Metern an den linken Pfosten des Pauli-Tores. Die Hamburger antworteten mit einer Riesenchance durch Christopher Buchtmann, dessen Lupfer über Daniel Mesenhöler an der Strafraumgrenze kurz vor der Torlinie von Toni Leistner entschärft wurde (36.). Mesenhöler stand überraschend im Union-Tor, da sich Jakob Busk im Abschlusstraining am Fuß verletzt hatte. Dann versuchte es Daube, von Hedlund in Szene gesetzt, aus spitzem Winkel, Christopher Avevor rettete für die Gastgeber (36.).
Nach der Pause großer Kampf gegen planlose Hamburger
Auch nach dem Wechsel suchten beide Teams weiter das Risiko. Hedlund traf nach 50 Minuten nur die Latte. Und nachdem Friedrich etwas zu ungestüm gegen Buchtmann vorgegangen war und zu Recht vom Platz musste, begann Unions großer Kampf gegen planlose Hamburger. Bis der Ball über Rechtsverteidiger Christopher Trimmel und Skrzybski zu Hedlund kam und der Schwede im zweiten Versuch den Ball im Netz versenkte (80.). Der Lohn sind sechs Punkte Vorsprung auf Relegationsplatz 16. Und ein Umarmungsmarathon am Millerntor.
Union hofft bei St. Pauli auf den Wendepunkt
Union kann sich bei St. Pauli auf seine Fans verlassen