Berlin. Als Dirk Zingler die Kabine seiner kickenden Angestellten nach dem Spiel verließ, strahlte seine Miene alles andere als pure Zufriedenheit aus. Kurz zuvor hatten die Profis des 1. FC Union nach dem 2:2 bei Holstein Kiel (nach 0:2-Rückstand) versucht, vor allem auf das Positive zu verweisen.
„Wir haben uns reingehauen, was man von uns auch erwarten kann. Wir haben gesehen, dass wir nach einem Rückstand zurückkommen können, das sollte uns Mut geben“, sagte zum Beispiel Kapitän Felix Kroos. Marcel Hartel befand: „Am Ende war unser Wille stärker.“ Doch der Mittelfeldspieler musste auch feststellen: „Die ersten 20 Minuten haben uns sehr weh getan, weil wir nicht wach genug waren.“
Eben dies dürfte nicht nur Klubchef Zingler zumindest am Spieltag selbst die Laune verdorben haben, trotz der erfolgreichen Aufholjagd. Denn schon in den ersten 90 Minuten des Jahres müssen sich die Köpenicker genau das vorwerfen lassen, was sie sich unter keinen Umständen vorwerfen lassen wollten: nicht alles versucht zu haben, um doch noch einmal im Aufstiegsrennen angreifen zu können. Selbst Trainer André Hofschneider musste eingestehen: „Kiel war einen Tick robuster und williger, den Ball gewinnen zu wollen.“ Sein Team hingegen gab vor allem die sogenannten zweiten Bälle viel zu schnell wieder her.
Union wird zu spät wach
Mindestens bis zum Anschlusstreffer durch Steven Skrzybski nach einer guten halben Stunde tat sich Union mächtig schwer, mit der veränderten Spielweise und mit dem Gegner. Nur: Warum? „Das würde ich auch gern wissen“, sagte Torwart Daniel Mesenhöler, der mit seinen Paraden nach der Pause Union im Spiel hielt: „Daran müssen wir in den nächsten Tagen arbeiten. Es wäre natürlich besser, wenn wir nicht die ersten 20 Minuten brauchen, um wach zu werden.“
Auch Hartel tat sich mit einer Erklärung schwer: „Wir waren zwar irgendwie im Spiel, aber bei den Zweikämpfen...“ – da erfüllte Union lange nicht den Anspruch, eine Spitzenmannschaft in der Liga zu sein.
Erst in der Schlussphase, als die Kieler Drangphase nicht vom verdienten dritten Treffer gekrönt worden war und den Gastgebern die Kräfte schwanden, zeigte Union gute Ansätze. Erst recht nach dem berechtigten Platzverweis für David Kinsombi, dessen Foul an Simon Hedlund erst ein Remis durch das Elfmetertor von Sebastian Polter möglich gemacht hatte. So lobte Hofschneider: „Wir haben schon viele Punkte nach einer Führung liegen gelassen, jetzt sind wir nach einem 0:2 bei einer Zweitliga-Spitzenmannschaft zurückgekommen. Ich denke, dass dies für uns schon etwas Positives ist.“
Die Aufholjagd ist ein Spiel kürzer geworden
Union klammert sich im Kampf um die Bundesligaplätze an den eisernen Strohhalm, beschwört die gute Moral in der Mannschaft, stellt den „Kampfgeist“ als „gutes Zeichen“ (Mesenhöler) heraus. Und hat zudem das Glück, dass erneut auch die Konkurrenz aus Nürnberg (2:2 gegen Regensburg) und Ingolstadt (0:0 gegen Sandhausen) gepatzt hat.
Fakt ist jedoch auch: Die Aufholjagd ist nun um ein Spiel kürzer geworden und Union kann den Rückstand von sieben Punkten auf Kiel nicht mehr aus eigener Kraft wettmachen. Und am Freitag (18.30 Uhr, Alte Försterei) wartet mit den Nürnbergern in der Alten Försterei die nächste hohe Hürde. „Wir wollen uns nicht entmutigen lassen und weiter daran glauben“, hofft nicht nur Kroos auf ein Ende der Serie von inzwischen sechs Spielen ohne Sieg (zwei Unentschieden).
„Für Hoffen ist im Sport wenig Platz, man muss schon etwas dafür tun“, so Hofschneider. In Kiel hätten die Seinen „teilweise nicht das Maximum investiert. Wir haben das Glück, am Freitag gleich wieder spielen zu können. Ich hoffe, dass wir da den Bock umstoßen können.“ Klubchef Zingler hat dagegen nichts einzuwenden.