Berlin. Die Enttäuschung ist bei Union nach dem Aus im Aufstiegsrennen groß. Doch der Zweitligist startet nächste Saison einen neuen Anlauf.

Die Stimmung an der Alten Försterei passte am Dienstag zur Wetterlage. Eben noch wolkenverhangen, grau in grau, dazu deprimierender Regen, im nächsten Moment blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, gute Laune. Das 1:3 von Braunschweig, das den Aufstiegstraum des 1. FC Union wohl beendet hat, ruft angesichts der sechs Punkte Rückstand auf die Eintracht und Hannover nur noch optimistische Mathematiker auf den Plan.

Stephan Fürstner zum Beispiel. „Rechnerisch ist noch alles machbar“, sagte der Mittelfeldspieler trotzig: „Aber wir haben die drei Spitzenspiele verloren, das macht es nicht einfacher, da brauchen wir uns nicht in die Tasche zu lügen.“ Auch Kapitän Felix Kroos wollte sich die Resthoffnung auf die minimale Aufstiegschance nicht nehmen lassen: „Ich bin realistisch, auch wenn man im Fußball schon die verrücktesten Dinge erlebt hat.“

Mainz 05 verspielte 2002 in den letzten drei Spielen noch einen Vier-Punkte-Vorsprung. Ein Jahr später wähnte sich erneut Mainz schon in der Bundesliga, doch am letzten Spieltag reichte ein 4:1 in Braunschweig nicht, weil Eintracht Frankfurt gegen Reutlingen in der Nachspielzeit auf 6:3 stellte und wegen der um einen Treffer besseren Tordifferenz noch an Mainz vorbeizog. Soll heißen: „So lange es noch rechnerisch möglich ist, wollen wir alles versuchen“, sagte Kroos.

„Wir fangen jetzt nicht an zu spinnen“

Und doch klingen jene Worte kaum mehr als nach Durchhalteparolen, weil der Traum einfach noch nicht beendet sein soll. „Die Tabelle sagt alles aus: sechs Punkte und sechs Tore Rückstand, nur noch zwei Spiele – wir fangen jetzt nicht an zu spinnen“, machte Trainer Jens Keller deutlich. Auch ihm war der dann doch frühe K.o. im verrücktesten Aufstiegsrennen der Zweiten Liga anzusehen.

Es stellt sich die Frage, warum eine Mannschaft, die bis zum April derart dominant bis an die Spitze marschiert ist, sich nun doch zwei Runden vor Schluss verabschiedet. Nur die drei Niederlagen in den direkten Duellen gegen die Top-Teams anzuführen, greift zu kurz.

Dann müsste Braunschweig hinter Union liegen, da in sechs Duellen nur fünf Punkte und nur ein Sieg heraussprangen – der gegen die Köpenicker, die zwei Siege und zwei Punkte mehr in dieser Extra-Wertung aufweisen. Es war die englische Woche Anfang April, die Union offenbar zu sehr ins Straucheln gebracht hatte.

Knackpunkt war die englische Woche Anfang April

„Das hat in Hannover angefangen, als wir in der zweiten Halbzeit aufgehört haben, weiter Fußball zu spielen“, machte Philipp Hosiner deutlich: „Der Knackpunkt waren die beiden Spiele danach, hätten wir die gewonnen, wäre das Selbstvertrauen zurückgekommen.“ Damir Kreilach spricht angesichts der Punktverluste gegen Aue (0:1) und in Düsseldorf (2:2 nach 2:0-Führung) von „verlorener Souveränität“.

Union muss konstanter werden, nicht nur mit Blick auf die Spielrunde an sich, sondern auch in den jeweiligen 90 Spielminuten. „Es waren kaum Spiele dabei, die wir richtig überzeugend gewonnen haben“, verdeutlichte Hosiner. Zu oft habe man sich durch Anschlusstreffer noch in Bedrängnis gebracht.

Erfahrung und Cleverness habe gefehlt, meinte der Österreicher, auch weil für viele Spieler diese Situation, so spät in der Saison noch um den Aufstieg mitzuspielen, Neuland war.

Verträge von sieben Spielern enden im Sommer

„Wir werden aber den Teufel tun, und die Saison jetzt schlecht reden. Es war eine Sensationssaison“, beschäftigte Keller sich lieber mit der Sonnenseite der Spielzeit, „auf Grund derer wir nächstes Jahr sicher zu den Favoriten zählen werden.“ Um dies zu untermauern, wird es personelle Veränderungen geben.

Emanuel Pogatetz, Benjamin Köhler, Adrian Nikci, Benjamin Kessel, den es wohl nach Kaiserslautern zieht, dürften gehen. Die Zukunft von Roberto Puncec, Raffael Korte und Maximilian Thiel ist ungewiss. Bei allen enden die Verträge im Sommer. Mit Steven Skrzybski (bis 2020), Dennis Daube und Stephan Fürstner (beide 2018) wurden die Verträge verlängert, Marcel Hartel (1. FC Köln II) ist bereits als Zugang für das rechte Mittelfeld im Gespräch.

Auch auf den Verteidigerpositionen besteht Handlungsbedarf. Der Kern des Teams wird wohl zusammenbleiben, „das kann ein Vorteil für uns sein“, hofft Kreilach. Nach dem Traum ist vor dem Traum vom Aufstieg in die Bundesliga, zumindest beim 1. FC Union.