Zweite Liga

Union-Trainer Keller ist bereit für Revanche gegen Heldt

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Michael Färber
Juli 2014: Sportdirektor Horst Heldt (l.) und Trainer Jens Keller planen die Schalker Zukunft. Nach gut zwei Jahren wurde Keller von Heldt wieder entlassen

Juli 2014: Sportdirektor Horst Heldt (l.) und Trainer Jens Keller planen die Schalker Zukunft. Nach gut zwei Jahren wurde Keller von Heldt wieder entlassen

Foto: firo Sportphoto / picture alliance / augenklick/fi

Jens Keller und Horst Heldt arbeiteten einst bei Schalke zusammen. Nun treffen sie mit Union und Hannover als Konkurrenten aufeinander.

Berlin.  „Jens Keller wird Union seinen Stempel aufdrücken.“ Wenn jemand von der ersten Sekunde an überzeugt gewesen ist, dass die Liaison zwischen Trainer Keller und dem 1. FC Union eine Erfolgsgeschichte werden wird, dann war es Horst Heldt. Der 47-Jährige wusste, wovon er redete, hatte er als Sportdirektor von Schalke 04 Keller doch zum Cheftrainer befördert – und ihn auch wieder entlassen.

Am Sonnabend (13.30 Uhr, Sky) gibt es ein Wiedersehen der einstigen Weggefährten beim Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen dem Tabellenvierten Hannover 96, wo Heldt seit Anfang März Sportchef ist, und dem Spitzenreiter aus Köpenick. Das Wiedersehen, da ist sich der Union-Coach sicher, dürfte dennoch recht herzlich ausfallen.

„Wir pflegen ein freundschaftliches Verhältnis miteinander, gar keine Frage“, verriet der 46-Jährige. Aus gutem Grund: „Er war sicher sehr wichtig, was meinen Werdegang als Trainer angeht.“ Heldt holte Keller im Dezember 2009 als Co-Trainer zum VfB Stuttgart, später als Jugendcoach zu Schalke (2012) und machte ihn im Dezember 2012 auch zum Cheftrainer der Königsblauen – bis zur Beurlaubung im Oktober 2014.

Kellers ruhige Art kam nicht an auf Schalke

Spätestens seit den Schalker Tagen sind beide auf der Suche vor allem nach Kontinuität. Doch während Heldt immer noch den Klub sucht, dessen positive Entwicklung einmal untrennbar mit seinem Namen verbunden sein wird, scheint Keller diesen Verein mit Union bereits gefunden zu haben. Das hat – keine Frage – immer auch etwas mit Glück bei der Wahl des Arbeitgebers zu tun. Und bei Union ist – allein schon was die Dimensionen angeht – das Arbeiten sicher um einiges leichter als auf Schalke. Doch es geht immer auch um Glaubwürdigkeit. In diesem Punkt hat Keller die Nase weit vorn.

„Wichtig ist, sich selbst nicht zu verlieren“, ließ Keller wissen. Er selbst sei sich immer treu geblieben: „Ich habe nicht auf Dinge reagiert, die mir vorgeworfen wurden. Ich habe mich nicht in meiner Persönlichkeit verändert, um anderen gerecht zu werden. Ich bin auch immer meinen Weg gegangen, und wie sich zeigt, ist dieser Weg im Moment nicht so schlecht.“

Dass Union sich mit sieben Siegen und einem Unentschieden in der Rückrunde an die Tabellenspitze katapultierte, liegt an Kellers Mischung aus Ruhe und Selbstvertrauen, das er dem Team vermittelt. Auf Schalke kam Kellers Art nicht an. Es brauchte mehr Glamour, trotz der Erfolge (zweimal Champions-League-Qualifikation).

Heldt schaffte es nicht, Optimismus zu vermitteln

Heldt hielt auf Schalke lange zu Keller. Dem Umfeld, aber vor allem der Klubführung deutlich machen, warum Keller der Richtige ist, konnte er nicht. Stattdessen ist Keller nur ein weiterer Name in der langen Liste von Trainern, die unter dem Sportdirektor kamen und gingen, neben Giovanni Trapattoni, Armin Veh, Markus Babbel (alle Stuttgart), Huub Stevens und Roberto Di Matteo auf Schalke.

Dass Heldts erste Amtshandlung in Hannover die Entlassung von Daniel Stendel gewesen ist, passt ins Bild. Den jetzigen 96-Coach André Breitenreiter hatte Heldt schon bei Schalke als Chefcoach verpflichtet.

Über Schalke hatte Heldt einst geurteilt, der Klub habe „eine unglaubliche Kraft, mit der er Berge versetzen könnte. Doch man ist immer pessimistisch, das Glas ist immer halb leer, nie halb voll.“ Keller hatte dies in seinen ersten Wochen bei Union ähnlich erlebt. Doch ihm gelang es, diesen Defätismus in Optimismus zu verwandeln.

„Bei Union ist es in der Tat so: Wir sind eine Familie“

Heldt schaffte dies bei seinen Klubs nie, weil sein Handeln speziell auf Schalke nicht ausreichte, das Vertrauen in der Öffentlichkeit zu vergrößern. Die Verkäufe der Eigengewächse Julian Draxler (für 43 Millionen Euro nach Wolfsburg) und Leroy Sané (für 50 Millionen zu Manchester City) begründete er damit, den Klub entschulden zu müssen. Heldts Nachfolger, Christian Heidel, wurde nun von Heldt dafür kritisiert, dass sich Talent Phil Neumann (19) im Sommer Ingolstadt anschließen wird. Dadurch würde „die Identität verloren gehen“, so Heldt.

Zudem prangerte Heldt nach seiner Schalker Zeit sicher nachvollziehbar an, dass man dort immer davon rede, eine große Familie zu sein, „aber eine Familie hält auch in schweren Zeiten zusammen, nur wird das hier von vielen vergessen“. Ähnliches lässt sich auch über Hannover 96 sagen, wo sich Klubchef Martin Kind nur allzu sehr als übermächtiger Patriarch geriert. Ruhe und Kontinuität sucht man dort seit längerem vergeblich.

Anders in Köpenick. „Es wird in vielen Vereinen oft gesagt, aber bei Union ist es in der Tat so: Wir sind eine Familie“, so Jens Keller. Und die unterstützt Keller und sein Team, erst recht wenn es darum geht, sich bei Heldt für den Rauswurf auf Schalke zu revanchieren und Hannover den nächsten Rückschlag im Aufstiegsrennen zu verpassen. Union in der Bundesliga? „Dafür ist Keller genau der Richtige“, sagte Heldt. Er muss es wissen.