Union Berlin

Trainer Düwel stinksauer - „Wir waren lauffaul“

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Marcel Stein

Foto: Jörg Carstensen / picture alliance / dpa

Gegen den Tabellenletzten Aalen reichte es in der Alten Försterei nur zu einem 1:1. Den Eisernen fehlte gerade im Angriff der Pfiff. Unzufrieden waren beide Trainer vor allem mit der Schiedsrichterin.

Für besondere Spiele kann man sich ruhig mal etwas Besonderes einfallen lassen. Laufen allein reicht da vielleicht noch nicht, aber mehr als einen Marathon hinzulegen, um ein Spiel des 1. FC Union zu besuchen, ganz sicher. Um 7.30 Uhr machte sich ein Fan der Berliner in Luckenwalde auf den Weg, um in das Stadion an der Alten Försterei zu laufen. Fast 60 Kilometer. Und dann das.

Spielerische Magerkost. Aber immerhin hatte er nach der Strapaze einen Sitzplatz auf der Haupttribüne. Und beim 1:1 (0:0) gegen den VfR Aalen, dem 300. Zweitliga-Spiel der Berliner Fußballprofis, hielt ja auch die Serie. Sieben Mal in Folge blieben die Köpenicker daheim unbesiegt.

Lob vom Gegner

So ganz unzufrieden musste also keiner sein. Gut, Aalen hätte mehr als den einen Punkt benötigt, um von Tabellenende wegzukommen, tröstete sich aber damit, dass „wir dem Sieg einen Tick näher waren als der Gegner“, wie Trainer Stefan Ruthenbeck sagte. Das fand er durchaus erstaunlich, denn die Berliner sind für ihn ein fußballerisch beschlagenes Team. Er hatte viel Lob übrig für den Kontrahenten.

Was Norbert Düwel dann zum Einschreiten verleitete. „Da muss ich meinem Kollegen widersprechen. Technisch versiert und taktisch flexibel waren wir heute sicherlich nicht“, sagte der Trainer der Berliner. Und ja: „Ich bin enttäuscht.“ Viel Spaß hatte ihm dieser Nachmittag nicht gemacht. Serie hin oder her.

Gegen die Aalener hatte Düwel die Formation auf das Feld geschickt, mit der Union in Sandhausen eine starke zweite Halbzeit ablieferte und dort zum 1:1 kam. Dass erhoffte Anknüpfen daran gelang jedoch vor 18.623 Zuschauern nicht.

Stattdessen gerieten die Berliner wieder in Rückstand, wie schon so oft in dieser Saison. Aalens Collin Quaner (71.) traf in einer Drangphase der Gäste. Union brauchte einen Elfmeter zum Ausgleich, den Sebastian Polter verwandelte (83.).

Umstrittener Elfmeter

Diese Szene bot Diskussionsstoff. Im Kabinengang fluchte der eine oder andere Aalener nach dem Abpfiff. Steven Skrzybski war im Strafraum nach leichtem Kontakt mit Oliver Barth gefallen. „Er trifft mich, und dann kann man auch pfeifen“, sagte der Berliner Stürmer. Zwingend sah die Aktion nicht aus – die in der ersten Halbzeit, als Union-Kapitän Damir Kreilach von VfR-Torhüter Daniel Bernhardt gestoppt wurde, dagegen schon (27.).

Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus (Hannover) zeigte aber nicht auf den Punkt. „Ich hätte den ersten mehr als Elfmeter gesehen. Den zweiten eher nicht“, sagte Düwel zur versagten Führungschance. Genau wie Kollege Ruthenbeck beschäftigten ihn diese strittigen Situationen weniger als die mal strengere und mal laschere Regelauslegung in Zweikämpfen durch die Unparteiische.

Noch mehr aber haderte Düwel mit seiner Mannschaft. Aalen hatte sich gut eingestellt auf die Partie und „ist nicht aufgetreten wie ein Tabellenletzter“, so der Union-Coach. Es kam kein richtiger Antrieb in das Spiel der Berliner, es fehlte einfach der Pfiff. Lediglich die letzten 20 Minuten boten gute Unterhaltung, davor plätscherte alles dahin.

Vorne fehlten Anspielstationen

„Wir wollten mal von Anfang bis Ende ein gutes Spiel machen. Das gelingt uns vielleicht über Phasen, aber nicht so, wie wir uns das vornehmen“, sagte Skrzybski. In vielen Belangen unterstützte die Statistik die Sichtweise Ruthenbecks, ein paar Prozent lagen die Berliner bei Ballbesitz, Torschüssen und Passquote hinter Aalen.

Zweifelhafte Daten für ein Heimspiel. Ihren Ursprung hatten die in einem anderen Mangel. „Wir waren lauffaul und haben die Räume nicht geöffnet“, so Düwel. Nur selten konnte Union aus der Abwehr heraus vernünftig aufbauen, denn vorn fehlte es an Anspielstationen. Lediglich zwei, drei gute Offensivaktionen ergaben sich so in der ersten Halbzeit.

In der zweiten Hälfte wollte Düwel mit der Einwechslung von Christopher Quiring für Bajram Nebihi, der immerhin an den geglückten Angriffen beteiligt war, mehr Leben über die linke Außenbahn erzeugen. Doch gefährlicher wurden stattdessen die Gäste, die mehr Platz erhielten und deren Führung sich andeutete. Düwel drückte seine Unzufriedenheit darüber an der Seitenlinie oft deutlich aus.

20. Punkt nach Rückstand

Nach dem Gegentreffer agierte Union dann endlich energischer. Was nicht Neues ist. Ihren 20. Punkt nach einem Rückstand holten die Berliner. „Das ist aller Ehren wert. Das muss man auch mal sagen“, so der Trainer, der sich über die Moral zwar freuen kann, für den es aber ebenso ärgerlich ist, dass seine Mannschaft immer erst einen Weckruf braucht.

Solange sie wach wird, ist am Ende alles in Ordnung. Gerade in der jetzigen Situation, in der Union im Tabellen-Mittelfeld nichts mehr passieren kann, sind verpasste Siege nicht von Bedeutung. Selbst wenn die Ansprüche andere sind. „Wir waren weit weg von dem, was wir eigentlich spielen können“, sagte Düwel. Das sorgte aber auch dafür, dass ebenso Aalens Serie mit nun fünf Spielen ohne Niederlage hielt.