Berlin. Hertha BSC verpasst den dritten Sieg in Folge und muss nach einer passiven Vorstellung ein 1:2 gegen St. Pauli hinnehmen.
Kevin-Prince Boateng kämpfte. Nicht auf dem Rasen. Aber mit den Tränen. Doch der gebürtige Berliner behielt die Fassung – selbst vor der Ostkurve. Es war der vorerst letzte Auftritt des Routiniers von Hertha BSC. Vor dem Duell mit dem FC St. Pauli wurde der 36-Jährige verabschiedet. „Es hat hier angefangen, es hat hier geendet. Besser geht’s nicht“, erklärte Boateng, der im Sommer nach 16 Profijahren sein Karriereende angekündigt hatte. „Ich werde dem Verein immer treu bleiben.“
Also dürfte Boateng einer von vielen gewesen sein, der am späten Sonnabend auf der Tribüne im Olympiastadion saß und auf den dritten Sieg in Folge hoffte. Ein Wunsch, der sich nicht erfüllen sollte. Stattdessen setzte es für den Berliner Fußball-Zweitligisten die fünfte Niederlage dieser Saison – ein 1:2 (0:1) gegen den neuen Spitzenreiter St. Pauli.
„In der ersten Halbzeit war St. Pauli zu viel für uns“, gestand Herthas Trainer Pal Dardai, der auf die gleiche Elf wie vergangene Woche setzte. „Das haben wir verschenkt. Zweite Halbzeit war in Sachen Moral, Teamgeist Note 1, wir haben noch an einem Punkt gekratzt.“
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Pauli trifft mit dem ersten Torschuss der Partie
Am Ende waren es trotzdem Null. Hertha rutschte dadurch auf Rang elf ab, mit der Aussicht, am Sonntag noch ein bis zwei Plätze tiefer einzulaufen. Zuzuschreiben war das einer verdienten Niederlage vor 66.113 Zuschauern. Einer schwachen, teils fehlerhaften Leistung.
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Dabei war das Topspiel dieses Spieltags erst einmal ein Abtasten auf Augenhöhe gewesen. Zwei Mannschaften, die defensiv dicht stehen, ergibt eine Menge Mittelfeldgeplänkel ohne nennenswerte Chancen. Bis der Ball dann plötzlich doch im Tor lag – allerdings in dem von Herthas Tjark Ernst.
Elias Saad marschierte aus dem Mittelfeld in den Berliner Strafraum und flankte auf Johannes Eggestein. Paulis Stürmer nahm den Ball – unbehelligt von Herthas Marc Kempf – geschickt an, zog aus der Drehung ab. Ernst ließ klatschen und lud Eggestein so zur Zweitverwertung ein – 0:1 (25. Minute). Der erste Torschuss der gesamten Partie. Gelebte Effizienz.
Aytekin pfeift Elfmeter gegen Hertha BSC, VAR nimmt zurück
Bei Hertha funktionierte das nicht so reibungslos. Eine Bogenlampe von Michal Karbownik köpfte Smail Prevljak direkt auf Pauli-Keeper Nikola Vasilj (32.). Und auch im zweiten Versuch wollte es bei Prevljak nicht klappen (44.).
Dass es trotzdem nur mit 0:1 in die Pause ging, war dem VAR zu verdanken. Nachdem Andreas Bouchalakis im Strafraum gegen Eric Smith klärte, entschied Schiedsrichter Deniz Aytekin auf Elfmeter. Herthas Grieche beteuerte sofort seine Unschuld – und wurde wenig später auch vom Videoassistenten entlastet. Der Kontakt, den Aytekin geahndet hatte, war nicht ausreichend (35.).
Und während Hertha vieles von dem vermissen ließ, was die beiden letzten Siege gegen Eintracht Braunschweig (3:0) und in Kiel (3:2) beschert hatte, präsentierten sich die Gäste aus Hamburg spielstark und ballsicher.
Ex-Unioner Hartel macht das 2:0 für St. Pauli
Die Berliner gerieten dadurch immer mehr in eine Verteidigungshaltung, die Trainer Dardai überhaupt nicht schmeckte. Hatte der Ungar im Sommer doch eine deutlich offensivere Spielweise etabliert. Eine Idee, die gegen das Spitzenteam von Trainer Fabian Hürzeler kaum bis gar nicht zu sehen war.
Dementsprechend unzufrieden tigerte Herthas Chefcoach Dardai vor seiner Bank entlang. Sein Lösungsversuch: Bilal Hussein. Der Schwede kam für Jeremy Dudziak (59.), übernahm die Sechserposition von Marton Dardai, der sich auf Dudziaks Linksverteidigerposition fallen ließ. Neue Ideen im Spielaufbau waren das Ziel.
Bis dahin hatte schließlich fast nur St. Pauli mit Torchancen auf sich aufmerksam gemacht. Ein Solo von Saad ging knapp vorbei (49.), eine vielversprechende Hereingabe des Hamburgers lief ins Leere (57.), ein Distanzschuss von Ex-Unioner Marcel Hartel verzog deutlich (64.), und ein Versuch von Conor Metcalfe ging auch neben den Kasten.
Scherhant mit dem überraschenden Anschlusstreffer für Hertha BSC
Doch statt einer blau-weißen Reaktion gab es erneut braun-weißen Jubel. Mit Ansage. Eine Flanke von Oladapo Afolayan landete bei Hartel, der aus zentraler Position köpfte – und mit Unterstützung der Latte einnetzte (74.). Da fiel der Anschlusstreffer für Hertha deutlich überraschender. Der eingewechselte Derry Scherhant tauchte plötzlich vor Paulis Vasilj auf, legte sich den Ball zurecht und zog ab – 1:2 (83.).
Ein Treffer, der die Hoffnung nährte. Die Ostkurve skandierte „Jetzt geht’s los“. Doch der Lucky Punch wollte nicht mehr gelingen.