Bundesliga

Muss jetzt der Zuschauer zahlen?

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Jörn Lange

Foto: Jörg Sarbach / dpa

Bremens Senat siegt im Rechtsstreit mit der DFL, die sich an Sicherheitskosten beteiligen soll. Das kann auch Folgen für Hertha haben.

Berlin.  Bis zum nächsten Härtefall sind es nur noch zwei Tage. Schon am Sonnabend empfängt Werder Bremen in der Fußball-Bundesliga wieder den Hamburger SV, und als wäre das prestigeträchtige Nordderby nicht brisant genug, befinden sich beide Teams auch noch mitten im Abstiegskampf. Ein hochexplosiver Nährboden für die Fanlager aus den Hansestädten, die sich traditionell in erbitterter Abneigung gegenüberstehen. Werder gegen den HSV wird daher auch diesmal wieder als sogenanntes Risikospiel eingestuft und somit deutlich höhere Polizei­kosten verursachen als gewöhnliche Heimspiele. Die große Frage dabei ­lautet: Wer zahlt?

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen gab am Mittwoch eine vorläufige Antwort – die hatte es in sich. Demnach sind die Gebührenforderungen des Bundeslandes Bremen an die Deutsche Fußball Liga (DFL) prinzipiell rechtens. Der Stadtstaat hatte für die erheblichen Mehrkosten durch die verstärkte Polizeieinsätze bei den Nordderbys seit 2015 regelmäßig Gebührenbescheide an die DFL geschickt, die den Spielbetrieb der 36 Klubs in der ersten und zweiten Liga orchestriert.

Klubs wie Werder oder Hertha müssten Millionen zahlen

Das Urteil, das die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen kassierte, sorgte im Profi-Lager für gehörigen Unmut. „Die rechtliche Wertung des Oberverwaltungsgerichts ist unzutreffend“, sagte DFL-Präsident Reinhard Rauball, der ankündigte, Revision einzulegen. Der Fußball sei „nicht der Verursacher von Gewalt“. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel, äußerte ebenfalls Unverständnis. „Die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, bleibt Aufgabe des Staates“, sagte der DFB-Chef. Auch Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ging in die Offensive. Er hoffe, dass „das nicht nur auf den Fußball bezogen wird, sondern auch Volksfeste und andere Aktivitäten anteilig mit Kosten belastet werden“.

An der Weser sieht man die Dinge anders. Die DFL verdiene schließlich viel Geld (Netto-Gewinn 2016/17: 150 Mio. Euro), also sei es unangemessen, die Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Dass Fußballspiele wirtschaftlich erfolgreich seien, liege auch an der Sicherung durch die Polizei, erklärte das OVG. Eine Begründung, die für Irritation sorgte, schließlich ließe sie sich auf viele andere Events anwenden, etwa auf Rockkonzerte.

Planspiele um Sicherheitsaufschlag bei Tickets

Vor Gericht ging es exemplarisch um Werders Partie gegen den HSV im April 2015, für die das Land Bremen der DFL gut 425.000 Euro in Rechnung gestellt hatte. Laut Bremer Polizei waren damals knapp 1000 Beamte im Einsatz. Bei normalen Bundesligaspielen seien es am Weserstadion etwa 200 bis 250. Zum Vergleich: Bei normalen Partien von Hertha BSC stellt das Land Berlin mindestens 210 Beamte, bei Risikospielen teilweise mehr als doppelt so viele. Hinzu kommen jeweils Bundespolizisten, die unter anderem die An- und ­Abreise der Fans regeln.

Für die Klubs wären die Folgen des neuen OVG-Urteils schmerzhaft. Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald befürchtet Mehrkosten von bis zu 1,2 Millionen Euro pro Saison, da die DFL angekündigt hat, die Kosten an die betroffenen Vereine weiterzugeben. Schon kursieren Pläne, die Tickets um einen Sicherheitszuschlag von einem Euro und mehr zu verteuern.

In Berlin bricht deshalb noch keine Unruhe aus. „Wir haben das Urteil zur Kenntnis genommen und warten jetzt erst einmal ab, was die Revision am Bundesverwaltungsgericht ergibt“, sagte Herthas Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller der Morgenpost. Bis zu einem Ergebnis könnten nach DFL-Schätzungen bis zu zwei Jahre vergehen.

Das Land Berlin gibt sich zurückhaltend

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat angekündigt, seine Amtskollegen auf der nächsten Innenminister-Konferenz zu Forderungen gegenüber der DFL zu ermutigen. Roger Lewentz (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, muss er nicht mehr überzeugen. „Die Wirtschaftskraft der Profivereine gibt es durchaus her, dass Klubs und DFL an den Kosten für Hochrisikospiele beteiligt werden“, sagte Lewentz.

Aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Berlin kommen deutlich zurückhaltendere Töne. Eine Kostenbeteiligungspflicht gemäß des Modells in ­Bremen einzuführen, sei derzeit nicht geplant, sagte eine Sprecherin der ­Berliner Sportverwaltung.

Noch also bleibt alles beim Alten. Die Länder tragen die Polizeikosten, die Klubs zahlen für das Sicherheitspersonal im und am Stadion. Und zu Kreuze kriechen wird die DFL sicher nicht. Selbstbewusst verwies man unlängst auf die 1,17 Milliarden Euro an Steuern, die der Liga-Verband in der vergangenen Saison gezahlt hat. Mit Blick auf das endgültige Urteil ahnt Werders Präsident Hess-Grunewald: „Ich glaube, am Ende des Tages wird die Entscheidung anders ausfallen.“