Der Gastgeber war sehr freundlich. „Glückwunsch, Jos. Ihr habt eine fantastische Saison gespielt. Meinen Respekt“, sagte Robin Dutt, der Trainer von Werder Bremen. Der Gelobte, Jos Luhukay, guckte gequält. Bei Hertha BSC war niemandem nach Komplimenten zu Mute. Wieder einmal hatten die Blau-Weißen einen enttäuschenden Nachmittag verlebt. 0:2 unterlag Hertha im Weserstadion, ist damit seit sechs Auswärtsspielen ohne Sieg, in Bremen setzte es gar die sechste Niederlage in Folge.
Damit nicht genug. Im Vorfeld der Partie hatten rund 80 der mitgereisten Fans Bambule gemacht. Die Folge der Ausschreitungen am Osterdeich, der unmittelbar vor dem Weserstadion liegt: Sieben verletzte Polizisten und 36 Festnahmen von gewaltbereiten Berliner Fans.
60 Randalierer greifen Polizei an
Nach Schilderungen von Augenzeugen gegenüber der Morgenpost griffen rund 60 Berliner Randalierer, alle in schwarz gekleidet, eine Gruppe von Polizisten an, die am Deich stand. Die Polizisten wurden mit Flaschen und Steinen beworfen. Die Polizei wehrte sich und nahm dann eine Reihe von Festnahmen vor.
Noch während der ersten Halbzeit solidarisierten sich zahlreiche Berliner Fans mit den Festgenommen und verhinderten mit einer Sitzblockade deren Abtransport. Erst nach langen Gesprächen entspannte sich die laut Polizeisprecher „außergewöhnliche Situation“. Drei Polizisten waren nach den Attacken nicht mehr dienstfähig.
Insgesamt waren knapp 4000 Hertha-Anhänger nach Bremen gereist, darunter auch die Fan-Betreuer des Klubs. Es habe Anzeigen von der Polizei wegen Landfriedensbruch gegeben.
Doppelschlag von Aaron Hunt
Randale statt Tore – das hatte sich Trainer Luhukay anders vorgestellt. Hertha wollte in Bremen eigentlich Platz zehn sicherstellen. Eine Platzierung, die dem Aufsteiger eine wahrlich gute Saison attestieren würde. Doch nach der 14. Saisonniederlage können die Berliner am letzten Bundesliga-Spieltag noch von Hannover 96 und eben Werder überholt werden.
Während Hertha einmal mehr mit Harmlosigkeit in der Offensive auffiel, reichten Bremen zwei gescheite Einfälle von Aaron Hunt. Der Stürmer, der Werder nach 13 Jahren verlassen wird, erzielte seine Saisontreffer sechs und sieben (48./90. Minute).
„Eigentlich haben wir gut angefangen. Aber in der zweiten Halbzeit waren wir defensiv viel zu naiv“, sagte Luhukay. „Wir wollten Platz zehn sichern. Aber wir haben uns zweimal dumm bei den Gegentoren angestellt“, sagte Stürmer Sandro Wagner. „Wenn du zwei viel zu einfache Gegentore bekommst, verlierst du“, sagte Per Skjelbred. „So ist das Leben.“
Nach der Pause ließ Hertha sich vorführen
Luhukay stellte gegen das Team von Dutt sein System um: Der Niederländer versuchte es mit einer Mittelfeldraute. Für die verletzten Tolga Cigerci und Alexander Baumjohann kamen Ronny und Marcel Ndjeng in die Startelf. Vorn stürmte neben Adrian Ramos als zweite Spitze Sami Allagui. Als Werder noch nach der richtigen Zuordnung suchte, tauchte Ramos im Strafraum auf, ließ den Ball auf Skjelbred abtropfen, doch der scheiterte aus zehn Metern an Bremens Schlussmann Raphael Wolf. Den Nachschuss verzog Ndjeng. (8.).
Aber das war es schon mit der Berliner Angriffslust. Auf der andere Seite hatte Werder die beste Gelegenheit im ersten Durchgang, als Hunt sich bis zur Grundlinie durchsetzte und zurücklegte auf Theordor Gebre Selassie. Doch der Tscheche schaffte es nicht, den Ball ins leere Tor zu schieben (21.).
Nach der Pause ließ sich Hertha vorführen. Hunt spielte einen Doppelpass mit Franco Di Santo, stand frei vor Hertha-Torwart Thomas Kraft – 0:1. Die Gäste übernahmen die Initiative, drängten Werder zurück. Aber deren Torwart Raphael Wolf musste kaum einmal eingreifen. „Wir sind nie richtig zum Abschluss gekommen. Das ist unser Problem. Vorn haben wir viel zu wenig Durchschlagskraft“, beschrieb Luhukay jenes Problem, das Hertha seit Monaten quält.
Ramos und Ronny angeschlagen
Während der Partie reagierte der Trainer: Ramos und Ronny, beide angeschlagen, gingen. Der Ex-Bremer Sandro Wagner und Nachwuchsmann Hany Mukhtar kamen. Für Allagui durfte Änis Ben-Hatira aufs Feld. Wirkung zeigte das aber nicht mehr. Stattdessen legte Hunt noch einen Alleingang hin, um dann den Ball zum 0:2-Endstand unter die Latte zu schaufeln.
Nach den Vorfällen vor der Partie geleitete die Bremer Polizei die Hertha-Fans in einem Kessel bis zum Bahnhof. Dort wurden Böller gezündet. Die Stimmung blieb angespannt – bis der letzte Herthaner Bremen verlassen hatte.