Hertha BSC hat Pierre-Michel Lasogga an den HSV ausgeliehen. Der Abschied aus Berlin fiel dem 21 Jahre alten Angreifer schwer. Im Interview verrät der Publikumsliebling, warum er trotzdem gegangen ist.

Seit Montag ist Pierre-Michel Lasogga Spieler des Hamburger SV. Hertha BSC hat den 21 Jahre alte Angreifer kurz vor Transferschluss im Tausch für den Norweger Per Skjelbred für ein Jahr an den HSV ausgeliehen. Im Morgenpost-Interview spricht Lasogga über seinen Abgang, fehlendes Vertrauen in Berlin und das gute Gefühl, von den Hertha-Fans vermisst zu werden.

Berliner Morgenpost: Wie haben Sie die vergangenen Tage erlebt?

Pierre-Michel Lasogga: Am Montag habe ich meinen Spind in der Hertha-Kabine ausgeräumt. Es war leider trainingsfrei, und so konnte ich mich nicht von der ganzen Mannschaft verabschieden. Irgendwie war es ein komisches Gefühl. Plötzlich packt man all seine Sachen, fährt in eine andere Stadt, um da Fußball zu spielen. Wie über Nacht zieht man um und hat einen neuen Verein. Berlin zu verlassen, fiel mir schwer. Ich habe dort viele gute Freunde gewonnen, und es ist nicht so einfach, das alles zurück zu lassen. Ich werde deshalb auch meine Wohnung behalten und wohl öfter mal zwischen Hamburg und Berlin pendeln.

Wie schwer war es, Hertha zu verlassen?

Das war nicht leicht für mich. Hertha hat mir viel gegeben. In Berlin bin ich Bundesligaspieler geworden. Das vergesse ich nicht. Deshalb wird Hertha immer einen Platz in meinem Herzen haben, auch in 15 oder 20 Jahren noch. Hertha wird immer ein besonderer Verein für mich bleiben. Aber als Fußballer muss man manchmal die sportliche Perspektive sehen...

...und die war bei Hertha zuletzt nicht mehr gut für Sie. Bei Trainer Jos Luhukay waren Sie hinter Adrian Ramos und Sandro Wagner nur Stürmer Nummer drei.

So ist es. Ich habe jetzt die Chance beim HSV bekommen, sportlich wieder voranzukommen. Mir ist der Wechsel schwer gefallen, aber er ist im Moment das Sinnvollste, um sportlich weiterzukommen. Manchmal muss man einfach damit leben und die neue Situation annehmen.

Gab es ein abschließendes Gespräch mit Jos Luhukay?

Ich habe nicht mehr mit Jos Luhukay gesprochen. Mit Michael Preetz gab es noch ein kurzes Gespräch. Das war aber das Einzige.

Sind Sie enttäuscht, dass Hertha Sie eingetauscht hat? Gab es Probleme zwischen Ihnen und Luhukay?

Nein. Ich habe immer gesagt, dass ich jeden Tag mein Bestes gebe, um meinen Weg zurück in die Mannschaft zu finden. Ich finde, das habe ich getan, aber es hat einfach nicht geklappt. Über mein Verhältnis zum Trainer will ich nicht sprechen. Alles, was passiert ist, ist menschlich. Ich bin froh, dass ich solche Erfahrungen schon im Alter von erst 21 Jahren machen darf, weil ich daraus lernen werde. Vorher kannte ich in meiner Zeit bei Hertha doch nur die Situation, dass ich gespielt habe. Zuletzt war es anders, und das wird mich stärker machen. Bei Hertha war es am Ende so, dass ich vielleicht nicht mehr hundertprozentig erwünscht war. Deshalb bin ich froh, dass ich nun beim HSV bin, wo der Trainer zu hundert Prozent hinter mir steht.

Wie fühlt es sich an, wenn man in einer Phase, in der man beim eigenen Klub kaum gefragt ist, von anderen renommierten Vereinen umworben wird? Im Winter fragte Stuttgart an, nun der HSV.

Das ist ein gutes Gefühl. Man spürt die Wertschätzung, und das kann einen Spieler stärker machen. Ich bin wahrscheinlich ein Spieler, der das hundertprozentige Vertrauen spüren muss, um Topleistung zu bringen. Der HSV ist ein Riesenklub, und ich bin froh, dass ich für ihn spielen darf. Jetzt gucken wir mal, was hier geht.

Viele Hertha-Fans haben Ihren Wechsel mit Bedauern kommentiert. Auch das dürfte ein gutes Gefühl sein, nicht wahr?

Die Fans standen immer hinter mir. Obwohl ich nicht aus Berlin komme, haben sie irgendwie gespürt, dass ich einer von ihnen bin. Es gibt viele Spieler, die hätten bei einem Wechsel kritische Worte hinterher geschmissen bekommen. Bisher habe ich aber nur Rückmeldungen bekommen, dass die Fans traurig sind, dass ich den Verein nun erst mal verlassen habe. Das berührt mich. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass ich bei Hertha nicht ganz so viel verkehrt gemacht habe.

Wird es komisch sein, in der Rückrunde erstmals gegen Hertha zu spielen?

Klar wird das komisch sein. Zum ersten Mal gegen die alten Fans und auch gegen die alten Kollegen. Aber, mein Gott, bis dahin sind es noch ein paar Monate. Ich will jetzt erst einmal gut reinkommen beim HSV.

In Hamburg wird ja immer viel vom HSV erwartet. Was erwarten Sie?

Von außen wird der HSV immer unter Druck gesetzt, brutal oben mitspielen zu müssen. Aber für uns ist es jetzt erst einmal wichtig, dass wir uns stabilisieren. Dafür war der erste Heimsieg gegen Braunschweig am vergangenen Wochenende wichtig. Den Rest wird man sehen.

Ist das eigentlich komisch, so in eine neue Kabine mit den neuen Kollegen zu kommen?

Ich war froh, dass ich schon einige Gesichter kannte. Mit Tolgay Aslan und Maxi Beister habe ich bei der Junioren-Nationalmannschaft gespielt. Da kann man dann schon ein bisschen entspannter dem Ganzen entgegengehen. Wenn ich irgendwo neu hinkomme, wo ich keinen kenne, bin ich schon eher der ruhige Vertreter. Da komme ich nicht gleich hundertprozentig aus mir heraus. Aber das dauert ein, zwei Wochen, dann kennt man die anderen auch und findet sich zurecht.

Gibt es einen Spieler beim HSV, auf den Sie sich besonders freuen?

Rafael van der Vaart ist ein Spieler mit enormen Qualitäten. Ich freue mich, mit so einem Klassemann zusammenspielen zu dürfen. Leider Gottes hat er sich jetzt ja einen Muskelfaserrisszugezogen. Wollen wir mal hoffen, dass er bis zum Spiel gegen Borussia Dortmund wieder fit wird.

Welches letzte Gefühl nehmen Sie von Hertha mit zum HSV?

Das ist schwer für mich zu beantworten. Welches Gefühl soll ich mitnehmen? Wenn ich gerade an Hertha denke, ist nur Traurigkeit in mir, dass ich nicht mehr da bin. Und dieses Gefühl will ich gar nicht mitnehmen. Deswegen gucke ich jetzt nicht mehr zurück, sondern nur noch nach vorne. Und vorne ist jetzt der HSV. Das ist jetzt mein Klub. Dort will ich mit Spaß und Elan eine gute Saison spielen.