Formel 1

Vettel greift in Kanada mit neuem Motor an

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Elmar Brümmer
Auf der Überholspur dank neuem Motor: Sebastian Vettel beim Training im kanadischen Montreal

Auf der Überholspur dank neuem Motor: Sebastian Vettel beim Training im kanadischen Montreal

Foto: Zak Mauger / imago/Motorsport Images

Der Ferrari-Pilot will seinen Vorteil gegen Hamilton nutzen. Der Brite sieht sich bereits vor dem Rennen nicht imstande zu kämpfen.

Montreal.  Aschenputtel sein, die Rolle hat was. Besonders, wenn sonst alles so schön glitzert in der Formel-1-Welt, deren Erscheinungsbild auf familienfreundliche Stromlinie getrimmt werden soll. Wie passt da eine Rennstrecke rein, die in etwa auf dem Niveau von 1968 stehen geblieben ist, als sie ihr Debüt feierte? Die Antwort für den Großen Preis von Kanada und den Circuit de Gilles Villeneuve (Sonntag 20.10 Uhr/RTL) ist einfach: Weil dieser WM-Lauf Charakter hat. Einen eigenwilligen, wie der Namensgeber der Strecke. Draufgängerisch. Auch nicht ganz ungefährlich.

Nirgendwo wird härter gebremst, selten der Motor so strapaziert wie auf der temporären Piste auf der Insel mitten im Sankt-Lorenz-Strom. Von Tempo 300 runter auf 80, und dann wieder Vollgas bis zum nächsten Haken. Dazu die Ungewissheit von Wetter, Reifen und Streckenbelag, sogar die Kapriolen des Windes haben hier schon Rennen entschieden. Und kurz vorm Zielstrich dann noch eine unverzeihliche Mauer nahe der Ideallinie, wegen der prominenten Unfallopfer Wall of Champions getauft.

Tuning für Montreal

Zum Ende des ersten Saisondrittels also die große Kraftprobe. Renault rüstet die Motoren für die Angreifer Daniel Ricciardo und Max Verstappen auf. Der niederländische Pistenrowdy hat schon angekündigt: „Hört auf, immer über das Gleiche zu reden. Ich werde meinen Stil nie ändern.“ Das könnte ins Muster des kanadischen Grand Prix passen, denn selten hat es dort keine Safety-Car-Phase gegeben.

Auch Ferrari spielt mit der Freigabe von zusätzlichen Pferdestärken. „Es war sehr eng in den bisherigen Rennen, es hängt an Kleinigkeiten“, erklärt Sebastian Vettel, der 14 Punkte hinter WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton liegt, „alle drei Teams sind mehr oder weniger auf Augenhöhe. Wir werden am Sonnabend alles offenlegen, und dann sehen wir, wo wir stehen.“

Entscheidende Millisekunden

Hamilton muss ohne neuen Turbo starten und sieht ein „schwieriges Wochenende“ auf sich zukommen: „Wenn die anderen neue Motoren haben, werden wir nicht kämpfen können. Das ist ausgesprochen unglücklich. Es ist nun schon das siebte Rennen mit demselben Motor. Mit steigender Laufleistung verliert man immer mehr Power. Auf einem Kurs wie Montreal sind die Auswirkungen dann umso größer.“

Etwa 0,1 bis 0,2 Sekunden Zeitgewinn pro Runde bringen die neuen Aggregate der Konkurrenz, das summiert sich über 70 Runden auf der mit 4,3 Kilometern eher kurzen Runde. „Nach sechs Rennen können wir erkennen, dass wir uns in beiden Weltmeisterschaften in einer stärkeren Position befinden als vor einem Jahr“, sagt Mercedes-Teamchef Christian „Toto“ Wolff zwar, „aber uns ist ebenso bewusst, dass der Kampf viel härter geführt wird. Es gibt keine Zeit, um sich auszuruhen.“