Die 21-jährige Ana Carrasco mischt derzeit die Superbike-Weltmeisterschaft auf. Eigentlich eine Männerdomäne. Mit ihrer Kawasaki Ninja in der Klasse Supersport 300 hat sie nach vier von acht Läufen 22 Punkte Vorsprung an der Spitze. „Der zweite Sieg in Serie, das ist unglaublich“, sagte Carrasco am Wochenende nach dem Rennen in Donington.
Sie startete in England von der Poleposition und feierte einen Start-Ziel-Sieg. Mit ihren pinken Rennhandschuhen und der dazu passenden Helmlackierung sticht Carrasco auch optisch heraus. Ein wenig unheimlich ist ihr der derzeitige Erfolg mit dem DS Junior Team schon, auch wenn er keinesfalls aus dem Nichts kommt.
Unerfüllte Hoffnung auf mehr Frauen
Die Ausnahmeerscheinung aus Murcia hat in ihrer Karriere schon mehrfach Geschichte geschrieben. Im Oktober 2013 wurde sie in der Straßen-WM beim Moto3-Rennen von Sepang/Malaysia 15. und fuhr damit als erste Frau seit Katja Poensgen in die Punkte. Die heute 41-Jährige aus Mindelheim war 2001 bei den 250ern in Mugello 14. geworden.
So richtig durchgestartet ist Carrasco aber erst nach ihrem Wechsel in die Supersport-WM. Nach drei Moto3-Jahren (2013 bis 2015) und einem Jahr WM-Pause ging es 2017 in die SSP 300, Kategorie in der Weltmeisterschaft für seriennahe Maschinen. Schon nach wenigen Monaten triumphierte Carrasco in Portimao/Portugal als erste Rennfahrerin bei einem Lauf in einer Straßen-WM.
„Die Frauen werden niemals in der Überzahl sein, so viel ist klar“, sagte Carrasco damals, hatte aber die Hoffnung auf mehr Gegnerinnen. „Die Zahl der Frauen wird ansteigen, aber das Level in der WM ist sehr hoch“, so Carrasco, „das macht es noch schwieriger.“
Bislang ist der große Aufschwung ausgeblieben. Nach dem Abschied von Carrasco war im vergangenen Jahr nur noch ihre frühere Rivalin Maria Herrera in der Moto3 unterwegs, inzwischen fahren keine Frauen mehr in einer der drei bedeutendsten Motorrad-Klassen (MotoGP, Moto2, Moto3).
„Grid Boys“ und Geschlechterkampf auf der Strecke
Auch Herrera, ebenfalls eine 21-jährige Spanierin, ist in die SSP 300 gegangen. Mit 15 Punkten ist die Yamaha-Pilotin aus Toledo im Klassement derzeit 15., die Mehrzahl der männlichen Konkurrenten steht hinter ihr. Für die Highlights der etwas anderen „Grid Girls“ sorgt aber ihre Landsfrau.
„Pink Warrior“ Carrasco, die sich vor Jahren in Assen einen „Grid Boy“ in die Startaufstellung geholt hatte, stammt wie viele ihrer Gegner aus einer Motorrad-Familie. Ihr Vater war Mechaniker und Rennfahrer. „Mit drei Jahren habe ich ein Bike bekommen, da habe ich angefangen“, so Carrasco.
Dass sie eine Frau ist, bekommt Carrasco auf der Strecke zu spüren. „Wenn sie gegen mich fahren, strengen sie sich mehr an“, sagt sie über die Kollegen, „aber das ist mir egal.“