Formel 1

Sebastian Vettel – der Reifenflüsterer

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Elmar Brümmer
Sebastian Vettel (r.) feiert seinen Sieg in Bahrain, der geschlagene Valtteri Bottas ist wenig erfreut

Sebastian Vettel (r.) feiert seinen Sieg in Bahrain, der geschlagene Valtteri Bottas ist wenig erfreut

Foto: Charles Coates / Getty Images

Warum WM-Spitzenreiter Vettel nach dem zweiten Sieg im zweiten Formel-1-Rennen auf den Spuren von Rekordweltmeister Schumacher wandelt.

Sakhir.  Vier Worte des Serienvermarkters Liberty Media reichten, um das zu beschreiben, was die Formel 1 aus dem Zwielicht bringt: Was. Für. Ein. Rennen. Betrachtet man den zweiten Grand Prix des Jahres, der von der ersten bis zur letzten Runde spannend war, dann relativiert sich das ganze politische Geplänkel in der Königsklasse. Was auf dem Asphalt passiert, zählt.

Dass Sebastian Vettel in seinem 200. Grand Prix auch das zweite Saisonrennen für sich entscheiden konnte, ist purer Schumi-Style – vor 14 Jahren war die „Scuderia“ dank Michael Schumacher sogar in den ersten fünf Rennen erfolgreich, am Ende stand nach 13 Siegen in 18 Rennen der siebte und letzte WM-Titel des Kerpeners.

Der Große Preis von Bahrain sah eine grandiose Leistung Vettels, dessen einzige Chance gegen Valtteri Bottas und Lewis Hamilton darin lag, sich den letzten Reifenwechsel zu schenken – und 39 Runden mit gebrauchten Gummis durchzuhalten. Samt kleiner Flunkereien über den öffentlichen Funk.

Mercedes-Strategie greift erneut nicht

„Ich habe zehn Runden vor Schluss gesagt, dass ich alles im Griff habe. Aber das war gelogen, ich konnte das Auto kaum noch auf der Strecke halten. Wir haben etwas gemacht, was laut Simulationen gar nicht möglich war“, erklärte Vettel. Eine Runde noch und Angreifer Bottas hätte den Renn- und WM-Spitzenreiter gehabt. So aber hat die Welt den Auftritt eines hessischen Reifenflüsterers erlebt.

Oder wie die italienische „Gazzetta dello Sport“ schrieb: „Ohne Vettels Talent, der trotz seiner kochenden Reifen dem wütenden Widerstand des Rivalen Bottas Stand hielt, wäre der Sieg unmöglich gewesen.“ Vettel selbst versucht die Favoritenrolle (schon wieder) nicht anzunehmen: „Ein bisschen fehlt noch, es liegt Arbeit vor uns.“

Mercedes-Teamchef Christian „Toto“ Wolff schmerzt es, dass seine Truppe zum zweiten Mal das Nachsehen hatte in einem Rennen, das der Titelverteidiger hätte gewinnen können. Erneut waren es die Strategen um James Vowles, dessen Prognosen in den letzten Jahren als unfehlbar galten, die noch nicht in Champion-Form sind.

Verletzter Mechaniker erfolgredich operiert

Zu konservativ war man im Fernduell mit den Ferrari-Taktikern gewesen, Bottas wie Weltmeister Hamilton hätten schneller gekonnt. Das gibt Anlass für interne Diskussionen. „Es geht eng zu, wir müssen bessere Arbeit abliefern. Wir können nicht behaupten, das bessere Auto zu haben. Ferrari ist eine Macht“, weiß der Titelverteidiger.

Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene, der sich mit jedem Erfolg weiter von seinen internen Kritikern emanzipiert, frohlockt: „Dieses Rennen war die beste Antwort an jene, die die Formel 1 für langweilig halten.“ Dazu zählt das Ausscheiden der Red-Bull-Hoffnungen Max Verstappen und Daniel Ricciardo. „Dieser Sport ist so brutal, er kann einem auch das Herz aus dem Leib reißen“, sagt der Australier. Max Verstappen immerhin hatte sich sein Ausscheiden selbst zuzuschreiben, weil selten drei Autos in vollem Tempo durch einen Kurve passen. Unfallgegner Hamilton machte es bei seinem Comeback besser, in dem er gleich drei Autos auf einen Schlag überholte.

Der während des Rennes in der Boxengasse verletzte Ferrari-Mechaniker Francesco Cigarini hat derweil die Operation gut überstanden. „Die Operation ist gut verlaufen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die nach mir gefragt und sich Sorgen gemacht haben“, schrieb er auf Instagram unter ein Bild von sich im Krankenbett, den Daumen erhoben. Cigarini war vom Auto von Kimi Räikkönen angefahren worden und hatte sich Schien- und Wadenbein gebrochen.