Die Berliner Justiz und Politik geben derzeit ein starkes Stück. In bislang nicht geahnter Schärfe hat Generalstaatsanwalt Dieter Neumann die Einflussnahme Berliner Politiker auf die Staatsanwaltschaft kritisiert. Es geht dabei um eine delikate Angelegenheit. Die Justiz ermittelt gegen zwei amtierende und ein ehemaliges Regierungsmitglied in Zusammenhang mit der Finanzierung des Tempodroms. Politische Verfahren sind immer heikel, da die Staatsanwaltschaft sich zwar gern als unabhängigste Behörde der Welt bezeichnet, auf der anderen Seite aber der politisch geführten Justizverwaltung unterworfen ist. Vorsicht und Zurückhaltung sind daher angesagt. Doch in Berlin ist das Gegenteil der Fall. Seit sechs Monaten erheben sich Spitzenpolitiker bis hin zum Regierenden Bürgermeister dreist über die Justiz und führen sich als oberste Richter auf. Es liege kein Fehlverhalten vor, bekunden sie ebenso unisono wie kenntnislos, denn keiner der politischen Meinungsführer hat Einblick in die Ermittlungsakten. Der Rechtstaat sieht eine eindeutige Gewaltenteilung zwischen Justiz, Politik und Polizei vor. Nichts ist schlimmer als der Eindruck, die Politik mache sich die anderen beiden Gewalten untertan. Genau diesen Vorwurf hat der Generalstaatsanwalt gestern jedoch erhoben. Das ist bedenklich. Besonnene Mitglieder der Regierungskoalition wissen das, finden aber offenbar in den eigenen Reihen kein Gehör.