Grüne und SPD zweifeln nach der ersten öffentlichen Sitzung an der Ethikkommission. Entschieden werde im Kanzleramt, und da “tobt grade ein Machtkampf“.
Nach der ersten öffentlichen Sitzung der Ethikkommission zur Atomkraft wächst die Kritik in der Opposition. Die Arbeit des Gremiums sei eine "Alibiveranstaltung", kritisierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Donnerstagabend im Fernsehsender Phoenix.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte dem "Hamburger Abendblatt", über den Atomausstieg werde nicht in der Ethikkommission, sondern im Kanzleramt entschieden. "Da tobt hinter den Kulissen gerade ein Machtkampf zwischen alten Atomfreunden und neuen Ausstiegsbefürwortern."
Chancen und Risiken eines schnellen Atomausstiegs
In einer kontroversen öffentlichen Sitzung hatte die von der Bundesregierung eingerichtete Ethikkommission zur Energiepolitik am Donnerstag die Chancen und Risiken eines schnellen Atomausstiegs abgewogen. Nahles kritisierte, die Beratungen unterstellten, dass der gesellschaftliche Dialog über die Energiepolitik jetzt neu beginnen müsse.
Dabei habe das Land "bereits einen Konsens gefunden". Nahles betonte die Bereitschaft der SPD, bei einem möglichen verkürzten Gesetzgebungsprozess zum Ende des dreimonatigen Moratoriums zur Aussetzung der Laufzeitverlängerung die Hand zu reichen. Die Debatte über die Energiepolitik müsse aber im Bundestag stattfinden.
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), sagte dem "Hamburger Abendblatt", er sei sich sicher, dass die Kommission unter Leitung von Klaus Töpfer sehr engagiert ihre Arbeit mache.
Aber es sei offenkundig, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Kommission vor allem eingesetzt habe, um Zeit zu gewinnen und um nicht selbst "ihre 180-Grad-Wende in der Atompolitik" begründen zu müssen.
Merkel hatte nach der Atomkatastrophe in Fukushima die von ihrer Koalition erst im vergangenen Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ausgesetzt, sieben der ältesten Atommeiler wurden deshalb vom Netz genommen. Das Moratorium läuft im Juni aus.
AFP/jm