Berlin. In diesen Tagen hat Rudi Friedrich viel zu tun. Russinnen und Russen in Deutschland rufen bei ihm an, machen sich Sorgen, haben Brüder und Cousins in Russland. „Viele verunsichert die Nachricht über die Teilmobilmachung stark. Es herrscht Unklarheit, wer nun eingezogen werden soll und wer nicht, oder noch nicht“, sagt Friedrich.
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Er sitzt in Offenbach und ist Geschäftsführer beim Verein „Connection e.V.“, der sich international für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure einsetzt. Friedrich sagt: „Für uns ist klar: Niemand zwischen 18 und 60 Jahren kann sich mehr sicher sein in Russland, dass er nicht eingezogen wird.“
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die „Teilmobilmachung“ ausgerufen. Doch viele Menschen, das zeigen Videos von russischen Flughäfen, wollen nicht in die Armee – und den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine führen. Nun werden Stimmen laut, Deutschland müsse russischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren mehr helfen und sie besser schützen.
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Ukraine-Krieg: Asylzahlen aus Russland steigen nicht an
Bereits im April änderte das Bundesamt für Migration (Bamf) nach Informationen unserer Redaktion die Leitsätze zu Russland: Menschen, die glaubhaft in Opposition zum Krieg in der Ukraine stehen, sollen Asyl bekommen. In einem Schreiben an den Innenausschuss des Bundestags bekräftigt die Regierung diese Haltung.
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Doch die Asylzahlen aus Russland steigen nicht an – liegen auf dem niedrigen Wert bei rund 2000 Anträgen pro Jahr, wie vor dem Krieg. Das hat vor allem mehrere Gründe: Viele, die raus aus Russland wollen, kommen nicht nach Deutschland, weil es keine Direktflüge mehr gibt.
Zudem brauchen russische Staatsangehörige für Deutschland ein Visum. Das ist aufwendig – und riskant, weil russische Sicherheitsbehörden möglicherweise registrieren, wer die ausländischen Botschaften besucht. Viele junge Russen sind ausgewandert nach Georgien, Armenien und in die Türkei. Eine Reise dorthin geht ohne Visum.
Noch ein Haken: Stellen Russen in Deutschland einen Asylantrag, können sie nicht arbeiten, solange ihr Verfahren beim Bamf läuft. Sie stecken möglicherweise in Asylunterkünften fest. Der Linke-Parteichef Martin Schirdewan fordert: „Hier müssen stattdessen alle Mittel ausgeschöpft werden.“
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Schirdewan verwies auf das Aufenthaltsgesetz, wonach die Bundesinnenministerin gemeinsam mit den Innenministern der Länder für bestimmte Gruppen eine Aufenthalts- wie auch eine Arbeitserlaubnis zusagen könne. „Es ist überfällig, dass die Ampel-Koalition hier voran geht und ihrer Rede von Solidarität endlich Taten folgen lässt“, so der Parteichef.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.