Berlin. Schon wieder ist die Inflation in Deutschland gestiegen, im August auf 7,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Die Verbraucherpreise belasten jeden, am härtesten jedoch die Menschen, denen ein finanzieller Puffer fehlt: Geringverdiener, Hilfsempfänger. Die Sozialverbände werden unruhig.
Zum einen hält der Regelsatz bei Hartz IV nicht mit dem Anstieg der Verbraucherpreise Schritt. Wenn Sozialminister Hubertus Heil (SPD) nicht eingreift, steigt der Satz zum 1. Januar 2023 um 4,6 Prozent. Das würde zu einer Gesamtsumme von 470 Euro führen. Die Folge wäre: Kaufkraftverlust.
Hartz IV und Inflation: Weiterer Preisanstieg befürchtet
Zum anderen deutet nichts auf eine Trendwende hin. Tankrabatt und 9-Euro-Ticket laufen aus. Zusätzlich dürften die baldige Erhöhung des Mindestlohns, die geplante Gasumlage und die Abwertung des Euro zu einem anhaltenden Auftrieb der Preise führen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs stiegen insbesondere die Preise für Energie merklich an. Im August waren sie 35,6 Prozent höher als im Vorjahresmonat.
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Alle schauen auf Heil: Die SPD-Fraktion fordert gezielte Hilfen für Ärmere und Familien; der Paritätische Wohlfahrtsverband eine neue zeitgemäße Berechnung der Hartz-IV-Sätze. Und der Sozialverband Deutschland macht Druck.
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"Die Menschen brauchen Geld, damit am Ende des Monats der Einkaufskorb nicht leer und die Wohnung nicht kalt bleibt", sagte Verbandspräsident Adolf Bauer unterer Redaktion. Sie bräuchten die Sicherheit, dass Ihnen wegen Lieferengpässen oder fehlender Zahlungsmöglichkeiten "nicht der Strom oder das Gas abgedreht wird.“ Bauer warnt "es kann nicht sein, dass in der Krise arme Menschen immer ärmer und reiche Menschen immer reicher werden."
Bürgergeld: Zeitplan mit Fragezeichen
Heil hält sich bedeckt. Die Regelsätze würden jährlich zum 1. Januar angepasst. Die entsprechende Verordnung "bleibt für das Jahr 2023 abzuwarten“, sagte eine Ministeriumssprecherin unsere Redaktion.
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SPD, FDP und Grüne haben vereinbart, Hartz IV durch ein Bürgergeld zu ersetzen. Heils Plan ist, im Zuge der Umstellung zu einer angemessenen Erhöhung der Regelsätze bereits zum 1. Januar 2023 zu kommen.
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Allerdings kämpft der SPD-Minister mit mehreren Probleme. Das herkömmliche Verfahren zur Anpassung der Regelsätze wirkt verzögert; ein Dilemma, wenn die Preise sprunghaft ansteigen. Je länger sich eine Einigung in der Koalition und damit das Gesetzgebungsverfahren sich hinzieht, desto mehr gerät der Minister mit dem Bürgergeld in Verzug.
Die Bundesagentur für Arbeit warnte zuletzt, "ohne ausreichende Vorlaufzeit kann eine reibungsarme Umstellung zugunsten der Bürgerinnen und Bürger nicht sichergestellt werden.“ Zum jetzigen Zeitpunkt ließen sich nicht mehr sämtliche Inhalte, IT-Verfahren und Bescheide zum 1. Januar 2023 anpassen.
Am meisten aber befürchtet der Paritätische Wohlverband wohl, dass sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der Ampel-Koalition mit der Position durchsetzt, dass sich an der Berechnungsformel der Regelsätze nichts ändern dürfe. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem sei "eine klare Absage zu erteilen“.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.