Politische Stimmen

"Ein Albtraum aus Angst, Blut und Tod"

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Foto: dpa / dpa/DPA

Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg hat das mutmaßliche Doppelattentat als "nationale Tragödie" bezeichnet.

"Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg ist unser Land von einem Verbrechen dieses Ausmaßes getroffen worden", sagte Ministerpräsident Stoltenberg bei einer Pressekonferenz. Es sei allerdings noch „zu früh, um die Motive und Gründe hinter den Angriffen zu kommentieren“. Der norwegische Justizminister Knut Storberget sagte bei der Pressekonferenz, es gebe derzeit keinen Grund, die Bedrohungslage für Norwegen neu einzustufen.

Stoltenberg verwies auf „die Angst, das Blut und den Tod“, mit denen die jugendlichen Teilnehmer des Sommercamps auf Utöya konfrontiert gewesen seien . „Das ist ein Albtraum“, sagte der Regierungschef. Ihn schmerze der Angriff umso mehr, als er Utöya seit 1974 jedes Jahr besucht habe. „Ich habe dort Freude, Engagement und Sicherheit erfahren“, sagte Stoltenberg. Nun habe sich in dem Sommerlager „eine brutale Gewalt ereignet und ein Paradies der Jugend wurde in wenigen Stunden zur Hölle“. Die Flaggen im Land würden nun auf Halbmast gesetzt.

Der Regierungschef will nach eigenen Worten weiter auf die freiheitlichen Werte seines Landes setzen. Norwegen sei „eine offene Gesellschaft, es ist eine sichere Gesellschaft, wo man eine politische Debatte führen kann, ohne bedroht zu werden“. Die Regierung werde nun reagieren, damit diese Werte nicht ihn Gefahr gerieten.

Reaktionen aus Berlin

Mit Bestürzung haben Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff auf die beiden Anschläge in Norwegen mit mehr als 90 von Toten reagiert. Merkel versicherte noch am Freitagabend den Familien der Opfer und Verletzten ihre Anteilnahme. Zugleich verurteilte die CDU-Vorsitzende die Anschläge scharf. Ähnlich äußerten sich auch Bundespräsident Christian Wulff und Außenminister Guido Westerwelle.

Merkel erklärte noch am Freitagabend, sie habe mit Entsetzen von der menschenverachtenden Tat im Regierungsviertel Oslos erfahren. „Klar ist, dass wir alle, die an Demokratie und friedliches Zusammenleben glauben, solchen Terrorismus, womit auch immer er begründet wird, scharf verurteilen müssen.“ Deutschland stehe solidarisch an der Seite Norwegens.

Wulff drückte König Harald von Norwegen in einem Telegramm seine Anteilnahme aus. Mit Entsetzen und Bestürzung habe er von den verheerenden Anschlägen erfahren, bei denen so viele Menschen ums Leben gekommen sind oder verletzt wurden, hieß es in dem Schreiben. „Ich möchte Ihnen, auch im Namen meiner Landsleute, meine tief empfundene Anteilnahme aussprechen. Deutschland und die Deutschen stehen in dieser schweren Stunde fest an Ihrer Seite.“

Bei der Explosion einer Autobombe im Regierungsviertel Oslos waren am Freitagnachmittag sieben Menschen ums Leben gekommen. Wenige Stunden später eröffnete ein Bewaffneter das Feuer auf ein Jugendlager auf der Insel Utoya bei Oslo. Dabei wurden den Angaben zufolge mindestens 90 Menschen getötet. Die Polizei geht davon aus, dass es zwischen beiden Taten einen Zusammenhang gibt und nahm einen 32-jährigen Norweger in Polizeiuniform fest, der ersten Erkenntnissen zufolge einen rechtsextremen Hintergrund haben soll.

Sollte sich dies bestätigen, zeige sich einmal mehr, „dass unsere freie Gesellschaft entschieden gegen diese menschenverachtende Ideologie vorgehen und sie bekämpfen muss“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. „Das gilt für Norwegen genauso wie für Deutschland“, fügte er hinzu. Er hoffe, dass die norwegischen Behörden die Hintergründe rasch aufklären könnten, „damit aus den Erkenntnissen die Lehren gezogen werden können, dass sich solch eine Tat nie mehr wiederholt“.

Westerwelle: "Keine Rechtfertigung für solche Taten"

Auch Außenminister Westerwelle verwies darauf, „dass auch wir in Europa wachsam sein müssen gegenüber Terrorismus und terroristischen Anschlägen“. Die genauen Hintergründe seien zwar noch unklar, dennoch gebe es keinerlei „Rechtfertigung für solche barbarischen Taten“, sagte er. Der FDP-Politiker fügte hinzu: „Wir trauern um die Opfer und wir stehen auf der Seite des norwegischen Volkes.“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) rief in der „Passauer Neuen Presse“ daher auch in Deutschland zu erhöhter Wachsamkeit auf, betonte aber zugleich: „Dennoch ergibt sich daraus für Deutschland derzeit keine neue Lage“.

Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), mahnte zur Besonnenheit. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Bosbach: „Der Anschlag von Oslo ist kein Anlass für eine grundlegende Neubewertung der Sicherheitslage in Deutschland.“ Es wäre verfrüht, jetzt von einer erhöhten Terrorgefahr zu sprechen.

Medwedjew: "Ungeheueres Verbrechen"

Kremlchef Dmitri Medwedjew verurteilt den Doppelanschlag als ungeheures Verbrechen. „Die Organisatoren dieser sinnlosen Tat müssen zur Verantwortung gezogen werden“, schreibt er in einem Telegramm an die Regierung in Oslo. Für die Ermordung friedlicher Bürger gebe es keine Rechtfertigung. Russland stehe in dieser schwierigen Stunde an der Seite Norwegens. „Wir fühlen mit den Angehörigen der Opfer."

Obama ermahnt zur Zusammenarbeit

Nach dem Anschlag von Oslo hat US-Präsident Barack Obama zu stärkerer Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror aufgerufen. „Es ist eine Mahnung, dass die gesamte internationale Gemeinschaft dazu beitragen muss, dass solch ein Terrorakt nicht passiert“, sagte Obama am Freitag in Washington. Er bot der norwegischen Regierung „jede Unterstützung“ bei den Ermittlungen an. Dem Land drückte er sein Beileid aus.

Rösler entsetzt über Anschläge

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hat entsetzt auf die Anschläge in Norwegen reagiert. „Es ist ein barbarischer Akt, wie in einem Camp Jugendliche aus ihrem Frieden herausgerissen wurden“, sagte Rösler und fügte hinzu: „Unsere Trauer und unser Mitgefühl gilt den Opfern, ihren Angehörigen und dem gesamten norwegischen Volk.“ Er äußerte die Hoffnung, „dass die sympathische Offenheit Norwegens wegen dieser Anschläge keinen dauerhaften Schaden nimmt“.

Özdemir betroffen über Anschläge in Norwegen

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat sich betroffen über die beiden Anschläge in Norwegen geäußert. „Es ist unfassbar, dass offenbar ein Einzelner solch einen grausamen Doppelanschlag geplant und durchgeführt hat“, sagte Özdemir. Er hoffe, dass die norwegischen Behörden die Hintergründe rasch aufklären könnten, „damit aus den Erkenntnissen die Lehren gezogen werden können, dass sich solch eine Tat nie mehr wiederholt“.

Sollte sich bestätigen, dass der Mann Anhänger der rechter Szene ist, zeige dies einmal mehr, „dass unsere freie Gesellschaft entschieden gegen diese menschenverachtende Ideologie vorgehen und sie bekämpfen muss“, sagte Özdemir. Das gilt für Norwegen genauso wie für Deutschland.„

SPD-Chef Gabriel tief erschüttert

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat tief erschüttert auf die doppelte Terrorattacke mit vielen Toten und Verletzten in Norwegen reagiert. „Mit Entsetzen und tief erschüttert verfolgen wir in diesen Stunden die Nachrichten von der abscheulichen Gewalttat in Oslo und auf ein sozialdemokratisches Jugendlager. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen“, erklärte Gabriel am Freitagabend.

„Auch wenn die genauen Hintergründe der Tat zu dieser Stunde noch unklar ist, verurteilen wir den kaltblütigen Anschlag auf junge Menschen, die sich in und mit der sozialdemokratischen Jugendorganisation Norwegens auf den Weg gemacht haben, sich in der norwegischen Gesellschaft für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit zu engagieren. Wir trauern mit den Menschen in Norwegen. Unsere Gedanken sind bei unseren sozialdemokratischen Freundinnen und Freunden in Norwegen.“

( dapd/dpa/AFP/woz )