"Tal der Wölfe"

Proteste gegen türkischen Propaganda-Film

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Miriam Hollstein

Foto: AFP

"Tal der Wölfe – Palästina" thematisiert die Erstürmung der Gaza-Hilfsflotille. Der Film mit antiisraelischen Tendenzen startet an einem heiklen Datum.

Ein neuer Actionfilm aus der Türkei sorgt in Deutschland bereits vor seinem Filmstart für Empörung. „Tal der Wölfe – Palästina“ nimmt die Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010 durch die israelische Armee zum Ausgangspunkt seiner Handlung. Dabei waren damals neun türkische Aktivisten ums Leben gekommen. Die teils mit Islamisten, aber auch deutschen und anderen ausländischen Politikern besetzte Flotte hatte versucht, die israelische Seeblockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen.

Im Film beschließt die Hauptfigur, eine Art türkischer James Bond, die israelischen Verantwortlichen des Einsatzes zur Strecke zu bringen. Sein Gegenspieler ist ein grausamer israelischer Offizier, der auch vor Mord an palästinensischen Kindern nicht zurückschreckt. Offizieller Kinostart in Deutschland ist der 27. Januar – dem nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.

„Einen solchen Film ausgerechnet an diesem wichtigen Gedenktag in Deutschland zu starten, ist an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten“, kritisiert Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU im Bundestag. Dies sei besonders rücksichtslos gegenüber den Gefühlen der Opfer.

„Der Film ist ohnehin problematisch, weil er gewaltverherrlichend ist und antiisraelische sowie antisemitische Emotionen schürt“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese. „Ihn am 27. Januar starten zu lassen, ist geschichtslos und unverantwortlich“.

„Wenn dieser Film eine eindeutige antiisraelische Tendenz hat, wovon man ausgehen muss, ist es eine Instinktlosigkeit ersten Ranges “, sagt auch Jerzy Montag, Grünen-Abgeordneter und Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariegruppe im Bundestag über den Starttermin. Vom Ruf nach einem Verbot hält Montag allerdings nichts: „Solange keine strafbaren Inhalte zu sehen sind, ist es in Deutschland erlaubt, auch Widerliches zu zeigen.“

Starten wird „Tal der Wölfe – Palästina“ bundesweit mit rund 100 Kopien, einer für einen im europäischen Ausland produzierten Film recht beachtlichen Zahl. Vertrieben wird er in Deutschland von der 2008 gegründeten Gesellschaft „Pera Film“, die ihren Hauptsitz in Köln hat. Dort war man sich des heiklen Datums offenbar nicht bewusst. Ursprünglich hätte der Film schon im November starten sollen, sagt eine Sprecherin. Dies habe aber aus „produktionstechnischen Gründen“ nicht geklappt. Der 27. Januar sei der „nächstmögliche Termin“ gewesen. In der Türkei startet er erst einen Tag später.

Vorgängerfilm "Tal der Wölfe - Irak"

Bereits ein gleichnamiger Vorgängerfilm („Tal der Wölfe – Irak“) hatte vor vier Jahren in Deutschland für heftige Reaktionen gesorgt. Er nahm die Folterungen im Irak durch amerikanische Soldaten zum Aufhänger für eine ähnlich krude propagandistische Actionstory. Nur dass im ersten Teil der Geheimagent in den Irak reist, um einen amerikanischen Überfall auf eine türkische Einheit im kurdischen Nordirak zu rächen. Der damalige CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hatte die Kinobetreiber damals aufgefordert, den Film abzusetzen.

Der Kinobetreiber CinemaxX nahm den Film aus seinem Programm. Hochrangige türkische Politiker lobten den Film ausdrücklich, während ihn Filmkritiker eher gemischt aufnahmen. Beim türkischen Publikum war der aufwendig produzierte erste Teil äußerst erfolgreich; auch in Deutschland sahen ihn über 300.000 Kinobesucher.

Eine der teuersten türkischen Produktionen

Die Serie „Tal der Wölfe", Vorlage zu den Filmen, hat bereits im letzten Jahr die Spannungen zwischen Israel und der Türkei verschärft. Im Januar 2010 hatte das israelische Außenministerium den türkischen Botschafter einbestellt, um mit ihm über die Filme zu sprechen. Als dieser vor laufender Kamera nicht nur auf einer niedrigeren Couch Platz nehmen musste, sondern auch vom israelischen Vize-Außenminister demonstrativ nicht per Handschlag begrüßt wurde, löste dies massive Proteste in der Türkei aus. Die türkische Regierung drohte damit, ihren Botschafter abzuziehen. Schließlich entschuldigte sich Premierminister Benjamin Netanjahu offiziell für die herablassende Behandlung des türkischen Botschafters. „Tal der Wölfe – Palästina“ ist einer der teuersten türkischen Produktionen.